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Kommentar Bad Bank für AKWZu verstrahlt, um wahr zu sein

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Die Atomindustrie will die Ausstiegskosten verstaatlichen. Aber kein Politiker wird den Lobbyisten noch einmal eine Menge Geld hinterherwerfen.

Kühlturm-Idyll auf dem Weg der Vergesellschaftung? Bild: imago/Peter Widmann

D ie erste Reaktion ist ein Aufschrei: Das könnte den Stromkonzernen so passen! Über Jahrzehnte haben sie staatliche Subventionen bekommen, um die Atomenergie in Deutschland aufzubauen. Dann haben ihre privaten (und auch öffentlichen) Eigentümer sehr lange sehr gutes Geld verdient. Und jetzt, wo das dreckige und teure Ende dieser Energieform absehbar wird, wollen sie den Betrieb der ungeliebten Meiler, den Abriss der strahlenden Blöcke und das politische und ökonomische Risiko einer Endlagerung mit allen Folgekosten dem Staat überlassen.

Nach Marktwirtschaft schreien Konzerne gern, solange sie Geld machen. In schlechten Zeiten kann es ihnen gar nicht sozialistisch genug zugehen.

Andererseits: Ein „VEB Atomkraft“ hätte auch Vorteile. Der Staat als Eigentümer könnte die AKWs früher abschalten, wenn er wollte, oder besser in seine Energiepläne einbauen. Die Klagen gegen Atomausstieg und Brennelementesteuer wären relativ schnell vom Tisch. Und wenn wirklich ein Konzern pleitegehen sollte, zahlt die Zeche ohnehin der Steuerzahler, wie es der finanzielle Super-GAU des japanischen Energiekonzerns Tepco nach der Katastrophe von Fukushima gezeigt hat. Warum sollte man da nicht schon vorher Einfluss nehmen?

Allerdings sind diese Debatten wohl überflüssig. Denn selbst wenn es gute Gründe für die staatseigene Nuklearindustrie gäbe, wird sich kein deutscher Amtsträger diesen Vorschlag zu eigen machen.

Es wäre politischer Selbstmord, offensiv zu vertreten, man solle der unbeliebten Atomlobby noch einmal eine Menge Geld schenken und die Produzentenhaftung umgehen. Dafür ist das Atom-Thema zum Glück viel zu verstrahlt.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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13 Kommentare

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  • Ich weiß nicht... Es gibt ja schon Altlasten, um die sich still und heimlich die Allgemeinheit kümmern soll, wie dieser Cartoon in Erinnerungs bringt: http://wp.me/p14g2B-tj

  • Wer die Schwächen der Demokraitie ausnutzt ( in diesem Fall , die AKW Betreiber ) der sollte sich warm anzieh' n müssen . All die Jahre kassiert und kaum investiert für den Atomausstieg . Subventionen vom Staat und stetige Strompreiser-

    höhung für Privatkunden -, wo sind die alternativen Enegien und wo ist das Geld geblieben ? Ich denke , dass dieses Geld nur für die Reinigung der befurzten Sessel ausgegeben wurde.

    Ein Staranwalt , sollte eine Sammelklage einreichen und das verschwendete Geld , zum Wohle der verarschten Kunden zurückfordern .

    "Die Goldenen Nasen abhacken" !

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Die Atomindustrie will die Ausstiegskosten verstaatlichen."

     

    Klingt doch logisch, wenn man bedenkt wer den Ausstieg wollte!? :-)

  • Wieviel Rückstellungen haben eigentlich Solarfirmen für das Recycling des PV-Giftmülls auf deutschen Dächern gebildet? Und wer übernimmt das Recycling für die vielen Firmen, die pleite sind oder noch pleite gehen werden? Auch für Windkraftanlagen sind Rückbauverpflichtungen zu finanzieren.

  • @Maulauf

    Was hat "Idealismus" mit dem Alter zu tun? Nischt!

     

    Zu Helmut Kohl, einst belächelt und verharmlosend "Birne" genannt.

    Dann der 99 %ige Politiker (Selbstbekenntnis) hat sehr schnell Akten im Bundeskanzleramt Bonn vernichten lassen, selbst irgendwohin vereinnahmt und, obwohl 99 %iger Politiker, 0 % Privatmann, hat tatsächlich durchgesetzt, daß seine Stasi-Akte nicht für die Öffentlichkeit (Wissenschaftler, Forscher) freigegeben wird. Was da wohl alles drin gestanden hat und noch drin steht?

     

    Aber Amis und Russis wissen bestimmt Bescheid und selbstverständlich über Helmut Kohl (CDU). Die NSA und sowjetischer Geheimdienst arbeiten doch nicht erst akribisch sammelnd seit und im digitalen Zeitalter. Die sind schon immer "neugierig" gewesen. Das ist ihre Aufgabe - ihr "Job" - und ihre "Natur".

     

    Ansonsten volle Zustimmung, das mit dem Rechnen, Einkalkulieren und Hochziehen. Danke für diese Denkrichtung.

  • @Fritz2

    Der Mensch bzw. die Menschheit ist nicht zu "doof" und wird sicherlich Lösungen finden. Bis dahin trägt der Mensch bzw. die Menschheit etliche "Scheuklappen", denkt gerne kurzfristig, manchmal mittelfristig, aber selten langfristig. Es gibt inzwischen wenige Menschen (Fachleute), die blicken ganz, ganz weit in die Zukunft.

     

    Beispiel "Onkolo" in Finnland.

     

    Oder Beispiel "Sand - Die neue Umweltzeitbombe".

    Für alle Betonbauten, also auch und gerade für AKW's braucht der Mensch Sand, Meeressand nämlich. Wüstensand ist zur Zeit zum Bauen nicht geeignet.

  • (Fukishima 2011/Tepco) "Warum sollte man da nicht schon vorher Einfluß nehmen?" (jetzt in Deutschland), zumal es die GroKo mit Zweidrittelmehrheit gibt mit winziger Opposition.

     

    Da werden noch etliche Vorstöße gegen mißliebige Regularien/Standards stattfinden. Siehe u. a. das verfaßte Streikrecht als Beispiel.

  • @Rainer B.

    Klagen gegen Stilllegungen, Entschädigungszahlungen wg. entgangenen Gewinns und dann auch noch die Verantwortung für die Sicherheit auf den Staat abwälzen, genau das ist doch der geheimnisvoll, fein juristisch ausformulierte Investitionsschutz im TTIP!

     

    Dazu gehören doch auch die vier großen deutschen Stromkonzerne mit Filialen in Europa und USA! Nicht nur die Lebensmittelindustrie, Gentechnikindustrie etc.

     

    TTIP ist klar ein bilaterales Abkommen!

    • @Gerda Fürch :

      Sie meinen also, dass die vier großen deutschen Stromkonzerne in Wirklichkeit gar nicht die Regierung sind, die mit sich selbst Verträge abschließt und dann auf Kosten der Steuerzahler wieder umwandelt? Das Ganze soll bilateral sein? So hab ich das noch nie gesehen.

  • Die Erpressungsversuche der Atomlobby kommen nun wirklich nicht überraschend. Damit verbunden sind aber zwei Eingeständnisse, die es in dieser Offenheit vorher noch nicht gab:

     

    1. Die Kalkulationen des angeblich so "billigen Atomstroms" stimmten vorne und hinten nicht und beruhten im wesentlichen auf der Annahme, dass man die Folgekosten nicht selbst tragen muss.

    2. Die Betreiber sind und waren weder willens noch in der Lage, die Verantwortung für den Betrieb und die Sicherheit ihrer Atomanlagen selbst zu übernehmen. Die Verantwortung für die Gewinne trauten sie sich gleichwohl selbstverständlich zu.

     

    Fazit: Die Betriebsgenehmigungen wurden von Anfang an nur unter falschen Voraussetzungen erteilt. Wenn es Klagen gegen Stilllegungen gibt, dann wird man wohl auch die unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinne zurückfordern und die Anlagen einziehen müssen - mit allen Konsequenzen.

  • Ihr sehr das zu sehr aus der Freund/Feind-Perspektive. Das Atomrecht ist Wirtschaftsverwaltungsrecht, das Gewinnstreben ist nur ein Mittel staatlicher Wirtschaftspolitik. Dann ist es nur konsequent, die Chose, wenn der Staat entgegen seiner frueheren Politik ohne vernuenftigen Grund ploetzlich aussteigt, an den Staat zurueckzugeben. Man muss ja zugeben, dass Atomkraftwerke abgesehen von der Frage der Endlagerung eine optimale Umsweltbilanz haben und warum der Mensch zu doof sein soll, das Endlagerproblem zu loesen, ist beinerseits nicht einzusehen zund andererseit ohnehin ein Problem, an dem sich durch eine laengere Laufzeit nichts aendert. Hinzu kommt, dass die Energiepolitik auch im Bereich des Baurechtes und des EEG nur Neoloberalismus allerschlimmster Sorte ist, es eben ueberhaupt ein grosses Regulierungsdefizit gibt, und der Staat es auch aus diesem Grund dann bitteschoen selbst machen mag. Der Problem ist viel groesser als die Probleme der Schmetterlinge.

  • sowas sage ich eigentlich nie, aber....Du wirkst doch etwas jung und idealistisch (najagut, so ein wenig). Was für ein Kommentar, Angie freut sich. Genauso wie sie sich bestimmt total freuen würde die Scheiße selber zu managen, dann wären wir sicher noch lange in A-Haft, denn die regiert (reagiert...) sicher noch lange. Du zeigst offen, dass anscheinend keiner mehr weiß was die CDU ausmacht, es merkt keiner mehr, sie ist so bürgernah und sozial und öko für viele geworden (anscheinend). Wenn Du mal genau guckst ist unter Merkels Regime noch viel schlimmer gepfuscht und unserer Chaoten- Elite noch viel mehr in´s Täschchen gesteckt worden als unter unserem viel- und langbelächelten Helmut (der ohne Nikotinsucht). Alle Leute die etwas Ahnung hatten (ich meine vor allem Wissenschaftler), wußten damals, am Anfang der Atomgeschichte schon sehr genau was laufen wird, sie haben es lange genug wiederholt, und jetzt sind alle erstaunt, hihi...Du glaubst doch wohl nicht das die das alles hochgezogen hätten wenn sie damit gerechnet hätten, auch die Folgekosten zu tragen, das ist für mich naiv.

  • Apropos "AKW-Vergesellschaftung" oder "AKW-Privatisierung":

     

    Wem gehören eigentlich Grund und Boden sowie die AKW-Ruinen "Tschernobyl 1986", wenn die Ukraine EU-Mitglied werden soll?

     

    Rußland, Weißrußland, Ukraine oder "feindliche Übernahme" durch die EU einschließlich Uran-Vorkommen in der Nordukraine?