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Kommentar BND-SpionageSchnüffeln richtet Schaden an

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Der Bundesnachrichtendienst ist kein Opfer der NSA. Im Gegenteil: Er versucht dem US-Geheimdienst nachzueifern. Das wird Konsequenzen haben.

BND-Abhöranlage in Bad Aibling bei München. Bild: ap

D ie Empörung in der Öffentlichkeit war groß, als im vergangenen Herbst die Überwachung des Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannt wurde. Markante Worte („Geht gar nicht!“) wurden gewechselt. Die Spähaffäre war letztlich der Anlass, dass im Bundestag der NSA-Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde.

Hellsichtige CDU-Abgeordnete befürchteten schon damals, dass in diesem Ausschuss am Ende vor allem die deutschen Geheimdienste am Pranger stehen würden. Wenn Whistleblower Edward Snowden nicht komme und die Amerikaner nichts sagten, dann werde sich die Opposition eben an die halten, die Auskunft geben müssen: an Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz.

Nun wird es wohl so kommen, aber mit anderem Schwerpunkt. In den nächsten Wochen wird es weniger um die Kontakte der deutschen Dienste zur NSA gehen. Vielmehr wird die eigene Spionagetätigkeit des BND im Mittelpunkt stehen. Wer sind die „Freunde“ Deutschlands, und wer wird wie ausspioniert? Der vollmundige Satz Merkels fällt ihr nun auf die Füße. Vermutlich wird es neben dem Nato-Land Türkei noch mehr Staaten geben, die sich über die intensive BND-Ausspähung wundern. Allerdings, daran ist immer wieder zu erinnern, hat Ed Snowden seine Enthüllungen nicht gemacht, um Spionage zwischen den Staaten anzuprangern. Die hält er für normal. Was ihn empört, ist die Datensammlung über alle und jeden, über die Massenüberwachung ganzer Bevölkerungen.

Und hier ist der deutsche Bundesnachrichtendienst leider kein Gegenmodell zur NSA, sondern er versucht, dem US-Dienst immer mehr nachzueifern. Der Telefon- und der Mailverkehr in Afghanistan und Nahost werden mit deutscher Technik wohl flächendeckend überwacht. Kein Wunder, dass dann ab und zu auch umherreisende US-Politiker erwischt werden. Die Erfassung der Außenminister Hillary Clinton und John Kerry ist also nicht das eigentliche Problem, sondern nur ein Symptom der globalen Schnüffeltätigkeit des deutschen Geheimdienstes.

Die NSA-Affäre hat gezeigt, wie man mit überzogener Schnüffelei außenpolitischen Schaden anrichtet, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Deutschland sollte daraus nun dringend Lehren ziehen. Die bequeme Rolle des NSA-Opfers gehört der Vergangenheit an.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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14 Kommentare

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  • Wir sehen nun endlich, wie massiv sich Geheimdienste einer demokratischen Kontrolle entziehen. Und wie willfärhig die Merkel-Regierung sich dem Geheimdienst-Regime unterworfen hat. Man erkennt nun langsam das große Bild und sieht: Merkel hat nie eine andere Chance gehabt als die hanebüchende Profalla-Verteidigung im NSA-Skandal, weil die deutschen Dienste und damit die Kanzlerin selber zu sehr in Massenüberwachung und Datenhandel verstrickt sind.

    Die Forderung der schwachen Opposition nach Aufklärung müssen ins Leere laufen, da die Geheimdienste in ihrer Lügen-Verteidigung voll von der Kanzlerin gedeckt werden. Das beharren von LINKEN und GRÜNEN auf den Mechanismus der parlamentarischen Kontrollgremien ist bereits ein politischer Offenbarungseid. Und ganz nebenbei - die deutsche Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland werden von den Geheimdiensten noch immer vollbelauscht.

     

    Was also tun? WIDERSTAND LEISTEN.

     

    Wenn nicht jetzt, wann dann. Es sind noch wenige Tage bis zur Demo 'Freiheit statt Angst' am 30.08. am Brandenburger Tor.

     

    GEHT DA HIN!

     

    Und bis dahin - wartet das Kanzleramt auf Eure Post. Werft die Briefe mit den Datenträger ein und macht deutlich:

     

    WIR WOLLEN KEINE LÜGENREGIERUNG!

     

    datenflut.net

  • Wer sind denn „die Opfer der DDR“? Wie viele?

    Die Opfer des Weltkriege, die für imperiale Finanzinteressengeführt worden sind, kennen wir viele.

    Wer sind Opfer von DDR? Nennen Sie ernsthaft „ein Opfer“ denjenigen, der seine Haare etwas schneiden musste?

    • @Ich Bin's:

      Auf so eine Diskusion lass ich mich nicht ernsthaft ein. Jeder konnte ja frei entscheiden, ob er an der Grenze erschossen werden möchte, in einzelhaft vergammeln möchte, aber halt, Jahre lange Einzelhaft ist keine Bedingung um Opfer zu werden, weil man ja noch lebt.

      Komm, fang nicht mit mir aus heitern Himmel die Imperiale vs. DDR Regim Diskusion an.

  • Die meisten Hartz IV werden sich wohl dort einen Job wuenschen und jetzt nochmal was ist der Unterschied zur DDR jetzt schnell?

    • @Erwin Wolfram:

      Der unterschied zu DDR ist, dass man sich auch an Wandertagen beteidigen darfst, selbst wenn man lange Haare hat. Der Unterschied ist, dass ich frei studieren kann, was ich möchte und nicht in eine für mich erniedrigende Berufswahl gezwungen werde, weil ich mit 16 mich nicht auf Stasi Verhöhre mit an drohung von Einzelhaft eingelassen haben.

      Ich bin in der DDR gebohren und kenne mich etwas mit den Politischen Widerstand in der DDR aus. Solche Sätze wie, was ist der Unterschied zur DDR ?, wirken den Opfern des DDR Regiems gegenüber äusserst Respektlos.

  • Daher die 'Freiheit statt Angst'-Demo am 30. 8. in Berlin.

    Daher die Protestaktion 'Du bist die Datenflut' http://datenflut.net

     

    Und das ist alles nicht genug Protest. Wir rutschen in einen Technofaschismus, wir brauchen dringend mehr Widerstand.

    • @ingox:

      absolut

    • @ingox:

      Goa gegen Technofaschismus!

  • wer intensiv schnüffelt, hat optimale voraussetzungen, um andere zu manipulieren weil er weiß was andere denken

  • Der BND versucht nicht den "US-Diensten" nachzueifern, der BND arbeitet seit vielen Jahren auf Augenhöhe mit den "US-Diensten" zusammen! Und die Merkel-Regierung wusste das die ganze Zeit - vor allem Dank Steinmeier, der das alles mit in die Wege geleitet hat. Belogen wird wie üblich der deutsche Bürger!

    Deshalb hat sich Steinmeier auch nie zur Spähaffaire gegen den Bürger geäussert! Er hat das mit Schröder und Fischer erst so richtig zum laufen gebracht!

    • @antares56:

      Inwiefern wird denn bitte der "deutsche Bürger" hier belogen?

      • @WorldExplorer:

        Ich glaube er meint z.B., dass es schon Ende 80er Leute gab die sich mit Bad Aibling, der Abhörstation in Donauwörth beschäftigten etc. (alles Verschwörer :-)), dann später mit NSA (gab in der ct 1999 schon Berichte über einen NSA-Code in Windows). Aber die Politiker und Medien so taten die Überwachung der Bürger in Europa sei alles Erfindung vom Spinnern und Verschwörern bzw. nur zu Geheimdienstzecken im Speziellen oder der Abwehr des Kommunismus. Bis dann Snowden kam und Politiker und Medien nichts anderes machen konnten, als darüber zu berichten. Sonst wären immer noch alle Spinner und Verschwörer.

    • @antares56:

      Der Schaden sei größer als der Nutzen der "Schnüffellei", behauptet der Autor. Wir kommt er zu dieser Erkenntnis? Kennt er die Ermittlungsergebnisse? Wenn ja, wäre spannend zu wissen, wie er sie bewertet. Wenn nein, wie kein er dann ein Urteil fällen?

  • Die Narichten Affäre ist ganz neu und man muss erstmal Hintergründe abwarten, bevor man sich eine wirkliche Meinung bildet. Geht es in der Affäre um teroristische Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes auserhalb der Türkei (z.B. ISIS und Naher Osten) oder geht es um die massenhafte Überwachung Innerlands?

    An und für sich ist es nicht verkehrt wenn sich Staaten gegenseitig auf die Finger gucken und gerade ein Land wie die Türkei oder auch Parkistan oder generell Länder bei denen es massive Indizien für teroristische Aktivitäten Außerlandes gibt, gehöhren überwacht. Die Frage ist nur die Art der Überwachung. Wird den Geheimdiensten auf die Finger geguckt um Waffenlieferungen an teroristische Organisationen zu stoppen, oder werden vertrauchliche Daten abgefangen um bei Wirtschaftsverhandlung einen möglist guten Standpunkt zu haben. Oder wird sogar die gesammte Bevölkerung massiv ausgespäht um erste Verdachtsmomente zu bekommen.

    Noch sind mir aber zu wenig Hintergrund Informationen bekannt um bei einer Abhörung der Türkei von einem wahren Skandal zu sprechen, dass wird sich aber anhand der Methotdig und Zielsetzung der Abhöhr Aktion zeigen.