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Kommentar Aus für den US-KlimaplanTrump stiehlt uns die Zeit

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Die US-Regierung plant ein schädliches Revival der Kohle – und bremst mal wieder die Debatte aus. Dabei muss Klimaschutz schneller werden.

Das Plant Scherer ist das größte reine Kohlekraftwerk der USA Foto: ap

E s war kein Zufall, wo und wie der Chef der US-Umweltbehörde EPA das Ende der Klimapolitik aus Washington ankündigte: vor Bergleuten, in einer Stadt mit dem programmatischen Namen „Hazard“ – Gefahr. Der „Krieg gegen die Kohle“ sei vorbei, ­Klimaschutz gefährde den Wohlstand, so die Trump-Regierung. Und deshalb will sie jetzt das Herzstück von Barack Obamas Klimapolitik verschrotten, den „Clean Power Plan“.

Das ist und bleibt ein Skandal. Der größte CO2-Sünder der Geschichte stiehlt sich aus der Verantwortung. Allerdings wird das nicht mit einfacher Basta-Politik gehen. Selbst Scott Pruitts EPA ist per Gesetz gezwungen, irgendwie das Klimagas CO2zu regulieren. Da drohen langwierige Prozesse. Dazu kommt der breite Widerstand von Unternehmen, US-Staaten und Städten, Umweltgruppen und Politikern, die sich mit Trumps klimapolitischer Geisterfahrt nicht abfinden wollen. Erst recht nicht, wenn ein Hurrikan nach dem anderen ihre Städte verwüstet.

Der Angriff auf den Clean Power Plan ist also nicht das endgültige Ende der amerikanischen Klimapolitik. Aber er richtet trotzdem großen Schaden an. Denn es wirft die Debatte zurück, wenn Trump und seine Kumpel die Wissenschaft des Klimawandels in Frage stellen. Sie säen Zweifel und Misstrauen unter den Ländern, die sich in vier Wochen zur nächsten Klimakonferenz treffen. Sie streichen den Opfern des Klimawandels dringend benötigte Hilfsgelder. Und vor allem stehlen sie uns dringend benötigte Zeit. Denn angesichts von Hitzerekorden, Eisschmelze und Monsterstürmen müsste Klimaschutz schneller, nicht langsamer werden.

Das Pariser Abkommen zum Klima muss bis 2020 dringend mit Leben gefüllt werden. Diese Arbeit steht jetzt an, nicht eine irrsinnige Debatte mit einem ignoranten Präsidenten über ein teures und schädliches Revival der Kohle. Wir müssten stattdessen die Ärmel hochkrempeln und die Bergwerke zuschütten, weil sie eine Gefahr für die Zukunft sind. In Hazard und überall.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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7 Kommentare

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  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Ein Revival der Kohle waere nicht teuer und schaedlich, sondern billig und nuetzlich, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa.

  • Und Deutschland müsste die Anzahl der PKW und LKW reduzieren, tun sie auch nicht! Aber immer schön ablenken.

  • Ist doch nicht zielführend, immer noch über die Wahlergebnisse zu streiten. Und angesichts des Klimawandels erscheint es mir ebenso unsinnig, die Jobs der Kohlearbeiter so hochzuhalten, so böse das klingen mag. Dann müssen eben neue Jobs geschaffen werden - z.B. mit Erneuerbaren. Viel gravierender sind da ohnehin die Jobsverluste im amerikanischen Einzelhandel aufgrund der Digitalisierung. Trump missbraucht die Kohlearbeiter lediglich politisch für seine Zwecke. Nicht anstecken lassen.

  • "Das ist und bleibt ein Skandal. Der größte CO2-Sünder der Geschichte..."

     

    Wohl nicht mehr (auch per capita) lange: http://folk.uio.no/roberan/img/GCP2014/PNG/fig_08_Top_FF_emitters_abs_300.png

     

    Redet überhaupt jemand von China?

  • Trotzdem hat dieser "Geisterfahrer " die Wahlen demokratisch gewonnen. Denn genau dafür wurde ja Trump unter anderem gewählt. Die Jobs in die Regionen zurückzubringen, die durch die Schließung des Kohlebergbaus soziale Brennpunkte wurden. Auch der Linken ist aufgefallen, wenn der Bergbau in der Lausitz zu macht, sieht es da sehr dunkel aus. Klimaschutz ist nur möglich, wenn den Leuten aktuell eine wirtschaftliche Alternative geboten wird. Denn der Lohn am Ende des Monats, wird einer Merheit immer wichtiger sein, als die Umwelt in 10, 50 oder 100 Jahren.

    • @Sven Günther:

      Und immer wieder werden diese Ammenmärchen verbreitet. Trump wurde eben nicht von einer Mehrheit von US-Bürgern gewählt, sondern von einer Mehrheit von Wahlmännern.

      Wieviel von dieser Mehrheit wohl den verlorenen Arbeitsplätzen geschuldet sind? Wir wissen es nicht. Aber mit dem Bergbau in der Lausitz wird es auch bald zu Ende sein, ohne dass dort die Lichter ausgehn und die Steinzeit ausbricht.

      http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/tagebau-in-der-lausitz-raus-aus-der-kohle-rein-ins-wasser/12106214.html

      • @Ute Krakowski:

        Ich habe geschrieben demokratisch, nicht jedes Wahlsystem bestimmt die Person oder Partei mit den meisten Stimmen zum Sieger, das ist aber auch schon vorher bekannt. Syriza hätte laut Ergebnis 99 Sitze bei der letzten Wahl 2015 erhalten, die stärkste Partei erhält laut Gesetz 50 Abgeordnete extra. Und die Krisen im Rust Belt haben nichts damit zu tun, warum Clinton Michigan, Iowa und Wisconsin verloren hat. In Wisconsin ist der letzte republikanische Sieger Reagan gewesen...