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Kommentar Aufregung um das BamfWohlfeile Empörung

Malene Gürgen
Kommentar von Malene Gürgen

Merkel weiß seit 2017 von den Missständen im Bamf. Die Zahlen sind schon länger bekannt – nur hat es bisher niemanden interessiert.

Wann sagte Weise der Kanzlerin was? Die Empörung darüber ist kalkuliert Foto: dpa

G egen fast die Hälfte der Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde 2017 geklagt, in über 40 Prozent der Fälle bekamen die KlägerInnen Recht – die Bescheide waren fehlerhaft. Eigentlich braucht es nur diese Zahlen, um deutlich zu machen, dass es alles andere als eine neue Erkenntnis ist, dass es in dieser Behörde Missstände gibt. Dass das Bamf spätestens ab Sommer 2015 völlig überlastet war, ist ziemlich genauso lange, also seit fast drei Jahren, öffentlich bekannt.

Man kann es also kaum anders bezeichnen als als Kampagne, wenn jetzt Entrüstung darüber losbricht, dass die Kanzlerin schon 2017 von den Zuständen im Bamf gewusst haben müsse. Selbstverständlich tat sie das. Der frühere Bamf-Chef, Frank-Jürgen Weise, der jetzt diese Vorwürfe erhebt, wurde im September 2015 überhaupt erst in diese Position geholt, weil die Behörde schon damals aufgrund schleppender und fehlerhafter Bearbeitung von Asylanträgen in der Kritik stand.

Nur haben die Missstände im Bamf offenbar deutlich weniger Menschen interessiert, als sie vor allem zulasten, statt wie im Fall der Bremer Außenstelle zugunsten von Flüchtlingen gingen – die ganz große Kritik an der Behörde gibt es erst jetzt.

Das ist wohlfeil und falsch. Und sie bringt linke KritikerInnen der merkelschen Flüchtlingspolitik erneut in eine schwierige Position. Denn während sich spätestens seit 2015 landauf, landab über die angeblich zu laxe Asylpolitik der Bundesregierung beschwert wird – eine Diskussion, die mit der aktuellen Bamf-Empörung einen neuen Höhepunkt erreicht – hat diese eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen verabschiedet.

Diese Verschärfungen zu kritisieren oder auch nur wahrzunehmen, kommt in der öffentlichen Diskussion fast überhaupt nicht vor – stattdessen ist sie so weit nach rechts gerückt, dass es scheint, als würde die Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung erst verschwinden, wenn kein einziger Flüchtling mehr Deutschland betreten kann. Das ist der eigentliche politische Skandal.

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Malene Gürgen
Reportage und Recherche
Redakteurin im Ressort Reportage&Recherche | Jahrgang 1990 | Seit 2014 Redakteurin der taz, zunächst im Berlinressort | 2016-2020 schwerpunktmäßig Recherchen zur extremen Rechten, dazu 2019 "Angriff auf Europa" im Ch. Links Verlag erschienen (mit C. Jakob, P. Hecht, N. Horaczek, S. am Orde) | 2020-2022 als Produktentwicklerin verantwortlich für die Konzeption der wochentaz | 2022-2023 Redakteurin im Ressort Zukunft – Klima Wissen Utopien | Seit 2023 im Investigativteam der taz.
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7 Kommentare

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  • 40% KlägerInnen bekamen recht !

    Das BAMF hat 2017 603428 Entscheidungen getroffen, dagegen haben 49,8% geklagt = 300507 Klagen.

    Davon 40% gewonnene Klagen = 120202.

    Diese Zahl im Verhältnis zur Gesamtzahl macht unter 20% aus.

    Aber jeder liest Zahlen halt anders.

  • Ja, genau so ist es doch: Was da jetzt aufgeregt als Skandal postuliert wird, war doch stets bekannt, 2015/16 sah sich eine ohnehin schlecht arbeitende Asylbürokratie plötzlich einer Verhundertfachung der Anträge entgegen und dass das zu immensen Problemen und Unsauberkeiten führte, war doch offensichtlich !

    Daraus jetzt einen Aufreger zu machen, ist so unfassbar tumb, dass man nicht glauben möchte, dass die gesamte Medienlandschaft Deutschlands da mitmacht - haben die Damen und Herren Journalisten denn alle vergessen, was die letzten Jahre los war, oder fallen die alle auf AfDs und Seehofers Getue herein ? Nur die Ausländer-/Asylantenfeindlichkeit irgendwie am Köcheln halten bis zur Bayrischen Landtagswahl oder was ? Ein Skandal ist nur, wie das immer weiter skandalisiert wird ....

  • Auch die Medien wussten doch seit Unzieten von unerträglichen Missständen. Oder wie war das noch einmal mit massenhaft weder als Beamte noch als Juristen vorgebildeten Sachbeargitern für die Anerkennung oder Ablehnung von Flüchtlingen?

     

    Wie war es denn mit de Maiziere, der genau diesen Unfug in die Wege leitete? Soll es jetzt damit getan sein, dass ein Versager aus der Union den anderen im Bundesinnenministerium ablöst?

     

    Und mal so nebenbei: Die Innenninister von Bund und Ländern hinterlassen doch noch andere schlimme Baustellen: Weiviele gefährliche Rechtsextremisten können sich inzwischen ihrer Haftstrafe entziehen? 600? Was ist mit tausenden Rechtsextremisten und Nazis, die ihre Waffen noch behalten dürfen? Was ist mit all den Nazis, die sich mal mit Hitlergruß oder auch mit Ku Klux Klan-Kopfbedeckungen in der Öffentlichkeit sehen lassen? Alles in Ordnung, so lange Sündenböcke für Sozialabbau bei den Armen und Steuersenkungen für die Reichen herhalten? In einem Land, das auch in all den Jahren, in denen Flüchtlinge kamen ein Vermögenswachstum von 5 % hatte. Und die Menschen lassen sich so einfach mit Sündenböcken verarschen, die an dem angeblich schuld sind, was diese Leute an Sozialabbau udn Steuersenkungen schon seit Jahrzehnten wollen.

  • Wenn die CDU Mist baut oder schwarze Kassen unterhält und dunkle Geschäfte betreibt, interessiert das niemand. Aber wehe die SPD hustet, dann rauscht der Blätterwald

  • Geb mal den ollen Cato

     

    ”O tempora o mores

     

    Zur Erinnerung - wie sich wieder mal

    Geschichte wiederholt - klar als Farce.

     

    Remember 1993 - nach Mölln Solingen &

    Angesichts von „durchgepißte Hose“ Rostock-Lichtenhagen & Hoyerswerda.

    Ja. Da war der Kohl-Deal CDU CSU FDP SPD - in Wahrheit längst gelaufen

    Hatte sich das Parlament glatt selbst kastriert!

    (Doch. Doch. Die Expertenanhörungen eine Farce ”Die hören überhaupt nicht zu. Die Ohren auf Durchzug - die Augen auf Null gestellt! Das ist alles längst gelaufen!“ - Ja der - Wutausbruch meines geschätzten Kollegen Präsidenten - unvergessen!)

     

    Genau da. Da brachte der Verfassungsrichter Jürgen Kühling im Spiegelinterview nüchtern die durchgängige Meinung der Insider & Kenner der Szene auf den Punkt:

    ”Wir schaffen Asyl - eines der für diese Republik konstituierenden Grund&Menschenrechte ab!

    Nur - weil wir schlecht organisiert sind!“

     

    Ja & Dennoch hat sich bis heute an Letzterem nichts geändert!

    Wohl wahr.

     

    So geht das.

     

    unterm———>

    ”Asylkompromiss nennt man die von CDU/CSU und SPD am 6. Dezember 1992 vereinbarte und am 26. Mai 1993 durch den Deutschen Bundestag beschlossene Neuregelung des Asylrechts unter der Regierung des vierten Kabinetts Helmut Kohl durch die Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP mit Zustimmung der (für die verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Bundestag erforderlichen) SPD-Opposition.…

    Dem Asylkompromiss ging mit der Asyldebatte eine der schärfsten, polemischsten und folgenreichsten Auseinandersetzungen der deutschen Nachkriegsgeschichte voraus.…” Wiki

     

    kurz - Asyl in! der Bundesrepublik Deutschland nach dem Grundgesetz iS dessen Mütter & Väter war - endgültig Geschichte. ~>

     

    Frontex - ante portas !

    Ebenso - Kinderleichen an den Stränden des Mittelmeers usw. usf! “

     

    ff 2.Teil

    • @Lowandorder:

      2. Teil - hück - angähn!

       

      ”Na Servus

       

      Unser aller ObergrenzenHeimatVollhorst

       

      „Der Vorgang in Bremen ist ein handfester, schlimmer Skandal“, sagte er.

       

      Wie sät de Kölsch - ”Ma waaset nich!“

      Aber er gibt schon mal von Pontius zu Pilates -

      Dess. Hände in Unschuld waschen!

      &

      Weilmer scho mal dabei sind.

      Sattelt jeder irgendwas grad so rumliegt!

      &

      18.000 - haste Worte - Achtzehntausend!

      Mal so durchleiern - Statt - Weg mit Schaden!

      &

      Gut is. Nö. Hornberger Schießen - reloaded! VXXL.

      Bis zur nächsten LÜGT-Sau durchs Dorf!

       

      kurz - Klar - Doof! Aber - So Sinse!;)

       

      Ende des Vorstehenden “

       

      Paschd schon!

      Normal.

  • Danke mal eine andere Sicht der Dinge