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Kommentar ArafatKein Mord ohne Motiv

Kommentar von Susanne Knaul

Scharon und Abbas hätten Grund gehabt, Arafat töten zu lassen. Viel spricht aber nicht für sie. Erst die Hamas zog Profit aus dessen Tod.

W er einen Mord vermutet, wie manche Palästinenser im Fall Jassir Arafat, muss sich auf die Suche nach möglichen Tätern und Motiven begeben. Und da finden sich nicht allzu viele Indizien, die für einen unnatürlichen Tod des Palästinenserpräsidenten im Jahr 2004 sprechen.

Ein Jahr zuvor sah es gerade mal wieder günstig aus für den Friedensprozess im Nahen Osten. Die beiden Ministerpräsidenten Ariel Scharon und Mahmud Abbas einigten sich auf die „Roadmap“, den Fahrplan zum Frieden. Bis 2005 sollte der Palästinenserstaat gegründet werden. Dann kam Arafat und trat auf die Bremse. Abbas musste zurücktreten.

Beide, Scharon wie Abbas, hätten damals guten Grund gehabt, Arafat ermorden zu wollen, vorausgesetzt, es lag ihnen wirklich so viel an der „Roadmap“. Tatsache ist, dass es auch dann nicht zur Umsetzung des Friedensfahrplans kam, als es nach Arafats Tod beiden möglich gewesen wäre.

Bild: privat
Susanne Knaul

ist Israel-Korrespondentin der taz.

Scharon begann mit der Planung seines Abzugs aus Gaza ohne palästinensischen Partner. Daran hätte ihn auch Arafat nicht hindern können. Abbas, nun selbst Präsident, nutzte seine neue Macht weder für den Frieden noch für die Demokratie. Stattdessen kam die Anarchie vor allem im Gazastreifen zu neuer Blüte. Aus Angst vor der innerpalästinensischen Opposition ließ Abbas nicht einmal die Hintermänner eines Anschlags verfolgen, der sich gegen ihn selbst richtete. Für den Mord an Arafat hätte er noch viel weniger den Mut aufgebracht.

Politischen Profit aus dem Tod des legendären PLO-Chefs schlug erst die Hamas, als sie ein Jahr später die Wahlen für sich entschied. Aber der Sieg kam für niemanden überraschender als für die Islamisten selbst. Die Hamas kann es auch nicht gewesen sein.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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9 Kommentare

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  • P
    pascht

    Wer einen Mord aufklären will muss in erster Linie einen objektiven Tathergang klären. Vorher ist jede subjektive Suche nach Motiven und Verdächtigen gegenstandsloses Getraschte, das ins Reich der Phantasie gehört!

  • A
    Adolar

    Liebe TAZ,

     

    meint Ihr wirklich, daß Frau Knaul die richtige Person ist, die bei Euch für die Leser die Untersuchungen zum Tode Y.Arafats einordnen sollte? Mal 'nen Blick ins Archiv werfen hilft eventuell - gab es da von ihr, vor fast einer Dekade, nicht mal ein beeindruckendes Statement auf Seite 1 (?) das sich (im Vorfeld der Geschehnisse) mit dem Thema befasste?

    Sry, aber Glaubwürdigkeit von Frau Knaul hier = NULL.

  • I
    I.Q

    Wenn Frau Knaul mal einen fundierten Rückblick auf die Jahre 2002 bis 2004 unternähme,

    dürfte ihr auffallen, Scharon hat nie der Roadmap zugestimmt, stets hat er seinen Änderungskatalog dazu im Mund geführt,

    er hatte auch nie den dabei „Israel“ auferlegten Schritten entsprochen,

    und Abbas hat sich nicht gegen Arafat gestellt, um dessen Kaltstellung es Bush und Scharon dabei ging.

     

    Vielleicht fällt ihr dann auch noch auf, dass der Raubzaun damals im Westjordanland errichtet wurde und man von israelischer Seite mit einem Mord nach dem anderen, bis hin zu Jassin und Rantisi, jegliche Entspannung torpedierte.

     

    So viel Arbeit aber muss sein, wenn hier zu kommentieren ist liebe Frau Knaul.

  • H
    Harald

    Gemeinsam habe alle 'großen' politischen Mörder der Weltgeschichte, daß sie ihren ersten Mord weit vor dem 20. Lebensjahr begingen. "Du musst mehr als 10 getötet haben, um später von den Massen verehrt zu werden" (Henri IV. / Heinrich Mann).

     

    Was diesen Widerwart und Hundsfott Arafat anbetrifft, so sollten die weiteren Untersuchungen abgewartet werden, bevor hier die Tadellosen, die "es auch nicht gewesen sein" können, naiverweise freigesprochen werden.

     

    Vermutlich steckt aber bei diesem Freispruch Knauls keine Naivität dahinter. Vielmehr soll dem Leser fein indirekt vermittelt werden, wer es, wenn überhaupt, war: Dreimal raten - na? Richtig, wer denn sonst!

     

    Aberwitzig dieses, einzig zu diesem Behuf andauernde, spekulative Geraune Knauls zum Thema.

  • T
    T.V.

    Es kann arg ins Irre führen, wenn man das Motiv mit einem Ereignis verknüpft, was ein Jahr später stattfand.

  • KA
    KEIN ARTIKEL OHNE MOTIV

    Wie sehen denn bei sowas die gesamten Provisionsleistungen aus und die Provisionsgeber, Frau Knaul?

  • P
    Provo

    was wollen Sie uns sagen Frau Knaul?

    Es war kein kein Mord oder jemand hat ihn ermordert dessen Plan nicht aufging?

    jedenfalls sind wir nach der Lektüre Ihres Artikels keinesfalls klüger als zuvor.

    so long

  • DG
    dafür gibts wieder ein 4 sterne hotel ;)

    sicher sicher, widerstand "profitiert" immer vom unrecht, nein er ist dadurch sogar bedingt, und weil wir so intellektuell sind und in israel gern urlauben und zu kongressen eingelasen werden, genau deshalb sagen wir großlateiner: "Cui Bono? Die Palästinenser verkleiden sich als Israelis und klauen selbst ihr Land".

     

    applaus frau knaul

  • M
    Mike

    Liebe Frau Knaul,

     

    Arafat war ein Symbol, ein Held der Befreiungsbewegung, ein III-Welt-Charismatiker und ein Mann mit extrem guten Verbindungen zu zahlreichen Staaten. Er symbolisierte Palästina. Und das ist schon Motiv genug, denn so brüchig, wie der Friedensprozess damals wurde, als Arafat starb, war es für Israel ein sechser im Lotto sich dieses Mannes zu entledigen.

     

    Und ja, die Hamas hat davon profitier und ja, die Hamas wurde in den israelischen Gefängnisssen immer sehr gut behandelt, die Leute kamen zum Teil sehr schnell frei. Auch das war ein Kalkül: Die PLO, die Fattah, Arafat schwächen, die Palästinenser spalten, die Hamas (im Gaza-Streifen) aufwerten und anschließend isolieren. Das ist Nichts NEUEs!

    Es ist in Sachen Palästina vs Israel alles schon mal vorgekommen und es wird auch alles wieder passieren, weil Israel keinen Druck (mehr) von Außen fürchten muss.

     

    Wer mal dort war, der kann es erleben, Palästina ist am Ende und es gibt dort keinen massiven Aufstand, keine Bewegung, weil die Palästinenser x-mal gespalten und aufgerieben wurden. Das ist ihnen nicht nur dort, sondern auch anderenorts (Libanon, Syrien, Jordanien) passiert.

     

    Wahrscheinlich passiert es gerade in Damaskus in den palästinensischen Wohnvierteln. Deswegen hat es mit Verschwörung auch nicht viel zu tun, sondern entspricht der brutalen Realität israelischer Politik - sie hatten jeden Grund der Welt und zynischerweise hat ihnen das Ergebnis auch Recht gegeben = Für einen Teil Israels war es eine Supersache, kurzfristig freilich, weil es dabei natürlich nicht bleiben wird.