Todesursache Yassir Arafats: Israel will es nicht gewesen sein
Nach den Gerüchten um die Todesursache Yassir Arafats soll sein Grab geöffnet werden. Israels Medien spekulieren derweil, ob der PLO-Chef an Aids starb.
JERUSALEM taz | Als Geschichten aus Tausendundeiner Nacht bezeichnet Mosche Jaalon, Israels Minister für Strategische Angelegenheiten, den Verdacht, Israel stecke hinter dem Tod des legendären PLO-Chefs Jassir Arafat. Vor acht Jahren starb der damalige Palästinenserpräsident an bis heute ungeklärten Ursachen. Dass seine Witwe Suha nun eine Untersuchung fordert, ginge Israel nichts an, meinte Yaalon, Mittwoch früh gegenüber der „Stimme Israels“. Die geplante Obduktion sei eine „strikt palästinensische Angelegenheit“. Noch gibt es keinen Termin für die Öffnung des Grabes.
Im Westjordanland lösten die Enthüllungen des TV-Senders Al-Dschasira, der im Juli über „erhebliche Konzentrationen“ des radioaktiven Giftstoffes Polonium an Arafats Kleidung berichtete, keine Überraschung aus. Unter den Palästinensern machte sich von Anfang an das Gerücht breit, Israel habe Arafat ermordet.
Trotzdem blieb der Verdacht gegen den ein oder anderen Kopf innerhalb der palästinensischen Führung, dem bisweilen schwer leidlichen Chef auf seinem Weg ins Paradies unter die Arme gegriffen zu haben. Fatah-Generalsekretär Faruk Kaddoumi beschuldigte offen Palästinenserpräsident Machmud Abbas, er habe Hand in Hand mit dem zionistischen Feind den Tod seines Vorgängers herbeigeführt.
Israelische Medien wiederum berichteten wiederholt über die Möglichkeit, Arafat sei an Aids gestorben. Darauf ließen die Symptome schließen, soweit sie in seinen letzten Lebenstagen bekannt wurden. Auch Achmad Djibril, Chef der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) sprach in einem Interview mit dem Hisbollah-Fernsehsender Al Manar von Aids. Unklar bliebe, wie sich Arafat infiziert hat, selbst wenn der HI-Virus gefunden wird. Genauso wenig gäbe allein der Nachweis einer Poloniumvergiftung Aufschluss über die Täter.
Arafat sei für Israel einer der gefährlichsten Gegner gewesen, gibt Dov Weissglass zu, Bürochef in der Loge des Ministerpräsidenten zur Regierungszeit von Ariel Scharon. „Er hat Terror gefördert und finanziert, uns war klar, dass es keine Lösung geben würde, solange er die politischen Geschäfte diktiert.“
Trotzdem habe Israel zu dem Zeitpunkt von Arafats Erkrankung, im Herbst 2004, keinen Grund mehr gehabt, ihn zu töten. Der Palästinenserpräsident saß seit 2002 in der Muqataa fest, seinem Sitz in Ramallah, und verlor zunehmend an Einfluss. „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass Israel nichts mit seinem Tod zu tun hatte.“
Auf den nahöstlichen Friedensprozess werden die Untersuchungen unmittelbar wenig Einfluss haben, egal, zu welchem Ergebnis sie führen. Die politischen Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern könnten ohnehin kaum schlechter sein. Sollte sich jedoch der Verdacht verdichten, dass Abbas oder einer seiner Mitarbeiter die Finger mit im Spiel hatten, dann wird er kaum länger in seinem Amt bleiben können.
„Auch wenn ich keine Beweise habe“, kommentierte Saeb Erikat, Chefunterhändler der Friedensverhandlungen, „in meinem Herzen weiß ich doch, dass Arafat nicht eines natürlichen Todes gestorben ist“.
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