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Kommentar Aigners EnergiepläneGescheit gescheitert

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Mit ihrem Vorstoß, die Kosten der Energiewende zu strecken, kam Bayerns Wirtschaftsministerin Aigner nicht durch. Das ist schade.

Hat Krach mit ihrem CSU-Chef Seehofer: Bayerns Wirtschaftsministerin Aigner. Bild: reuters

M achtpolitisch war die Sache für Ilse Aigner kein Erfolg. Mit ihrem Vorstoß, die Kosten der Energiewende mit einem Fonds über einen längeren Zeitraum zu strecken, ist die bayerische Wirtschaftsministerin an ihrem Partei- und Landeschef Horst Seehofer gescheitert. Der schätzt eigenständiges Denken in seiner CSU bekanntlich nicht sonderlich und stutzte die Frau, die er einst als seine potenzielle Nachfolgerin nach München gelockt hatte, öffentlich zurecht.

Eine wirkliche inhaltliche Diskussion fand im Rahmen dieses Machtkampfes nicht statt. Das ist bedauerlich, denn in der Sache ist Aigners Vorschlag durchaus gescheit und hätte eine echte Debatte verdient. Völlig zu recht hat sie darauf hingewiesen, dass es nicht gerecht ist, die Kosten der Energiewende komplett der derzeitigen Generation aufzubürden.

Ein großer Teil der heutigen Zahlungen geht nämlich für Ökostrom-Anlagen aus der Vergangenheit drauf, die zu deutlich höheren Kosten Strom produzieren als moderne Wind- oder Solarkraftwerke. Diese Ausgaben waren nötig, um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen; sie haben eine Massenproduktion ausgelöst und die Preise vor allem bei Solarzellen massiv fallen lassen. Weil von dieser Entwicklung alle künftigen Stromkunden profitieren werden, ist es nur fair, sie auch an den Kosten der Entwicklung zu beteiligen.

Natürlich bleiben noch praktische Fragen offen. So müsste sichergestellt werden, dass eine solche Entlastung bei der EEG-Umlage nicht genutzt würde, um unnötige Privilegien der Industrie beizubehalten, weil es weniger Handlungsdruck durch steigenden Strompreise gäbe. Zudem ist fraglich, ob für die historischen Ökostromkosten nicht eine langfristige Finanzierung durch Steuern sinnvoller wäre, wie sie der frühere Umweltminister Klaus Töpfer vorgeschlagen hat.

Wenn Aigners Vorstoß eine solche Debatte über eine gerechtere Finanzierung der Energiewende auslöst, dann hat sich ihr Machkampf mit Seehofer am Ende doch noch gelohnt.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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10 Kommentare

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  • UF
    Ulrich Frank

    Die Annahme, daß zukünftige Generationen in den Genuß prinzipiell fallender Stromerzeugungskosten kommen könnten (da die Investitionskosten dann kompensiert sein werden)und ihnen insofern einen Bezahlung der gegenwärtien Energiewende zuzumuten sei, ist bei der nachhaltigen Korruption des gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Systems doch sehr blauäugig. Insofern ist die von Aigner vorgesehene Verschiebung bzw. Streckung nur Augenwischerei. Auf einem anderen Blatt steht natürlich die Unterdrückung jeglicher Diskussion durch Alphatier-Politiker. Diese haben sich die Wähler allerdings auch selber aufgehalst.

  • In Bayern muss man nichts mehr verstehen. Als Norbert Röttgen eine moderate Laufzeitverlängerung forderte, geriet die CSU in Panik, traf sich flugs in Wildbad Kreuth, und forderte, dass die Kernkraftwerke in Bayern unbegrenzt länger laufen sollen. Nun gibt es Debatten, wo die 26 Castoren zwischengelagert werden sollen, die noch aus Sellafield zurückgenommen werden müssen. Und da stellt sich der selbe Horschti hin, man habe sich doch darauf verständigt, dass die Castoren nur in Grün oder SPD regierten Ländern gelagert werden sollen. Da rechne ich es Ilse zumindest hoch an, dass sie mal darauf verwiesen hat. dass immer nur " Nein" sagen, auch nicht weiter hilft.

    • G
      gast
      @Rohloffbiker:

      Aber ein Nein will Horschti nicht akzeptieren.

       

      Es ist wie bei meiner letzten Firma, selber denken nicht erlaubt, selbst handeln schon gar nicht, weil die bestens bezahlten Machtgeilen das übernommen haben, ein Nein, gar Kritik kann und darf es niemals geben. Wer selber denkt, wer eine eigene Meinung hat, fliegt.

       

      Horsti sagt sich wohl, jeder kann eine Meinung haben, aber nur meine Meinung gilt.

  • T
    Thorsten

    Warum sollen kommende und heute jüngere Generationen die Kosten für die Energiewende zahlen. Die BabyBoomer hat massiv die Schäden verursacht und lebt dadurch schon heute auf unsere kosten. Jetzt sollen die Jüngeren Generationen den Müll beseitigen, den die Babyboomer hinterlassen haben und auch noch die Rechnung bezahlen.

     

    Forget It!

    • G
      gast
      @Thorsten:

      Wenn es einen Bygybomm gab schreien SIE ? Aber die BAbys sind die Rentenzahler vom morgen.

       

      Gibt es keine Babys wird auch geschrieen, denn dann gibt es keine Rentenzahler.

       

      Wir Alten haben sehr viel sparsamer gelebt auch beim Strom, weil wir nicht tausend Maschinen im Haushalt hatten, weil nicht permanent gewaschen wurde, weil nicht permanent gekocht wurde, weil nicht permanent Party gemacht wurde, weil man nicht permanent Handys laden mußte, usw.

       

      Die im Luxus leben wollen, die auf nichts verzichten wollen, das sind doch eher die Jungen. Schon mal nachgedacht bevor man die Alten, die Deutschland dahingebracht haben wo es heute ist verdammt und an allem was heute ist haftbar macht. Wendet euch an die Politiker, die machen das mit unseren Steuergeldern, nicht die Alten.

       

      Wir ALTEN sind weitaus mehr in der Lage auf vieles zu verzichten, auch auf Festbeleuchtung in der Wohnung, wir sparen wo nur möglich, während die Industrie den Strom verpraßt und den Staat damit erpreßt ihre Firmen außerhalb D. zu verlagern, wenn sie nicht vor den Stromzahlungen geschütz werden.

  • G
    gast

    Das nenne ich doch mal Lobbyismus, wenn man nochmals weit mehr Industrielle vor Kosten schützt dafür dem einfachen Bürger aufdrückt.

     

    Ist es für die bayerische Regierung billiger, wenn immer mehr Leute um Sozialhilfe betteln ?

     

    Wer Strom verbraucht muss auch zahlen, wer viel Strom verbraucht sowieso.

    Man erbost sich darüber, wenn Asylsuchende vom Staat Aufnahme einfordern. Aber wenn die Industriebosse sagen, dann wandern wir aus, wenn wir von den Stromkosten nicht befreit werden, ist dann keine Erpressung ?????? Reich werden auf dem Rücken der normalen Bürger, na das nennt sich wohl Solidarität. Nein, es zählt für die nur ein fettes Bankkonto.

    • D
      Desillusionist
      @gast:

      "Reich werden auf dem Rücken der normalen Bürger, na das nennt sich wohl Solidarität." - Finanziell profitieren von der jetzigen EEG-Regelung vor allem Häuserbauer durch die garantierte Einspeisevergütung für ihre Anlagen. Nein, der normalverdienende und zur Miete wohnende Bürger wurde nicht gefragt, ob er willens und bereit ist, durch erhöhte Strompreise solcherart Solidarität mit dem besserverdienenden Teil der Bevölkerung zu praktizieren.

  • G
    GreenHU

    Aigners Logik, dass zukünftige Jahrgänge die EEG Politik zahlen sollen, da sie auch ihnen nützt, ist eine Milchmädchenrechnung. Es hat noch keine Politik gegeben, die positive Effekte in der Vergangenheit haben sollte (abgesehen von der Mütterrente vll). Mit ihrer Logik kann man also alles über Pump finanzieren. Daran ist nichts interessant oder gerecht.

    Ich meine: Wer Dreck macht, soll ihn auch weg machen. Ich schmeiße meinen Müll ja auch nicht über den Gartenzaun und erwarte dann, dass der Nachbar es weg macht, weil er davon profitiert.

  • AI
    Arsenic issivev

    "Völlig zu recht hat sie darauf hingewiesen, dass es nicht gerecht ist, die Kosten der Energiewende komplett der derzeitigen Generation aufzubürden." - Das ist ja eine ganz tolle neue Idee, Schuldenmachen wegen des Energiewende-Chaos zu Lasten der nachfolgenden Generationen zu rechtfertigen. Revolutionär!

     

    Nach diesem Prinzip agieren Politik und Wirtschaft schon jetzt ganz ungehemmt. Oder wer wird für die durch die laxe Geldpolitik der EZB mit dem Ziel der Euro-Rettung entstehenden Verpflichtungen einstehen dürfen?

     

    Man muß den Seehofer nicht mögen um zu erkennen, daß er in diesem Fall seine Ministerin völlig zu Recht zusammengefaltet hat.

    • G
      gast
      @Arsenic issivev:

      Genauso ist es