Kommentar Afghanistan: Krieg ist Frieden
Ein bisschen Krieg gibt es nicht. Die bundesdeutsche Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, was wirklich in Afghanistan passiert.
I n Friedenszeiten ist der Verteidigungsminister oberster Kriegsherr. Und da der Bundestag bekanntermaßen keinen Krieg genehmigt hat, ist Franz Josef Jung auch im Nichtkriegsgebiet Afghanistan oberster Befehlshaber. Damit trägt der CDU-Politiker die Verantwortung für jeden, der durch einen Einsatz der Bundeswehr ums Leben kommt.
Am Wochenende bekräftigte Jung sein Weltbild. Von Krieg könne man noch immer nicht sprechen. "Das ist die völlig falsche Wortwahl, da Krieg Zerstörung bedeutet." Wie, Herr Jung, sieht für Sie Zerstörung aus? Reichen die Bilder der verbrannten Tanklastzüge nicht, um auch Ihnen eine Ahnung davon zu geben, mit welcher Feuerwucht menschliches Leben im Umkreis der Fahrzeuge vernichtet wurde?
Diese Feuergewalt ist genau eines der Probleme. Denn es reicht nicht, frisch aufgeworfene Gräber zu zählen, um gesicherte Angaben über die Zahl der Opfer zu bekommen. Von Kinderleichen, die komplett verbrannt sind, zeugen nun mal keine Erdhügel. Zynisch ist die Debatte ohnehin, mit der die Bundesregierung ihre Verantwortung von sich weist.
Ines Pohl ist Chefredakteurin der taz.
Für die Einordnung des Luftangriffes ist es gleichgültig, ob fünf oder fünfzig Zivilisten getötet wurden. Ein bisschen Krieg gibt es nicht - und es spielt auch keine Rolle, zu welchem politischen Lager die getöteten Zivilisten gehörten. Jung und sein gesamter Stab haben einmal mehr bewiesen, dass sie aus der Zeit gefallen sind.
Die Bundeswehr darf die Bevölkerung nicht weiter für dumm verkaufen und sich auf Geheimhaltungspflicht berufen. Es ist ja richtig, dass die Situation kompliziert ist und dass die Zahl der Opfer vielleicht nie geklärt werden kann. Völlig falsch und in einer Demokratie nicht zu dulden ist es indes, wenn ein Verteidigungsminister sich wenige Stunden nach einem Luftangriff vor der Kamera aufbaut und sagt, es habe keine zivilen Opfer gegeben und sogar drei Tage später und um viele Fakten klüger noch einmal verkündet, mehr habe er nicht zu sagen.
Während die Bundeswehr noch versucht, mit technischen Schwierigkeiten bei der Informationsübermittlung zu argumentieren, ist im Internet schon lange zu lesen, was ein Journalist der Washington Post vor Ort erlebt haben will. Wenn deutsche Soldaten in einen Krieg verwickelt sind, hat die Bevölkerung ein Recht darauf, von den Verantwortlichen informiert zu werden, was in ihrem Namen passiert.
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