Kommentar Abgeordnetenbezüge: Fette Diäten fürs Gemeinwohl
Das Gesetz gegen Parlamentarierbestechung wird angepasst, die Abgeordnetendiäten steigen um 10 Prozent. Beides ist sinnvoll, aber nicht genug.
D ie Bundestagsabgeordneten sorgen mal wieder dafür, dass sie mehr verdienen. Gut 9.000 Euro im Monat, also zehn Prozent mehr werden sich Union und SPD genehmigen. Ist das Grund zur Aufregung? Keineswegs. Fast jedes Mal, wenn die Volksvertreter ihre Diäten erhöhen, sorgt das für Empörungswellen.
Die speisen sich aber aus trüben populistischen Quellen. Dass die da oben machen, was sie wollen und sich nach Belieben aus der Staatskasse bedienen – das ist die hilflose, zum Ressentiment geronnene Sicht von Untertanen auf ihre Obrigkeit.
Als Staatsbürger und Teil des Souveräns sollten wir besser fragen: Wie viel Geld brauchen unsere Volksvertreter, um ihren Job gut zu machen? Welches Verfahren ist klug, um festzulegen, was genug, was zu viel ist?
Die neue Regelung ist ein Fortschritt: Ab 2016 soll das Einkommen der Volksvertreter automatisch den Löhnen folgen. Das ist in doppelter Hinsicht gut. Denn dies beendet die missliche Situation, dass die Parlamentarier selbst über ihr Einkommen befinden. Das war die ideale Projektionsfläche für Volkszorninszenierung. Hübsch ist die Idee, dass die Parlamentarier nur mehr bekommen, wenn die Bruttolöhne steigen. Dies könnte ein Anreizsystem sein, um die Begeisterung des Bundestags für Lohnverzicht zu dämpfen.
Kurzum: Wir sollten uns unabhängige Abgeordnete etwas kosten lassen. Dafür allerdings können wir auch etwas verlangen: dass sie sich nur ums Gemeinwohl sorgen, nicht um Lobbyisten. Es ist gut (wenn auch zehn Jahre zu spät), dass das Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung endlich internationalen Standards angepasst wird.
Was fehlt, ist, dass die Parlamentarier auf Euro und Cent ihre Nebenjobs offenlegen. Und – noch wichtiger – ein verbindliches Lobbyregister, damit klar ist, wer in Berlin wessen Interessen vertritt. Gute Diäten gegen mehr Kontrolle – das wäre ein fairer Deal.
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