Kommentar Abgang von Olaf Scholz: Der Monarch macht Platz
Hamburgs scheidender Bürgermeister Olaf Scholz hat die Hamburger Regierungspolitik in dominanter Art geprägt. Sein Nachfolger wird weniger Machtfülle bekommen.
N un wird er also doch nicht Hamburgs dienstältester Bürgermeister. Wenn Olaf Scholz nach gut sieben Jahren als Regierungschef des Stadtstaates an der Elbe nun zurück in die Bundeshauptstadt an der Spree wechselt, endet gleichwohl eine Ära. Eindrücklich und nachhaltig hat der Sozialdemokrat aus Altona die Hamburger Politik und die Hamburger SPD in diesem Jahrtausend geprägt.
Scholz hat vor einem Jahrzehnt die heillos zerstrittenen Hamburger Genossen geeint und seitdem an der kurzen Leine geführt. Er hat die Hamburger Regierungspolitik geprägt in einer dominanten Art, die bisweilen monarchische Züge annahm. In seiner Partei, die er nach zehn Jahren Daueropposition 2011 dorthin zurückführte, wo sie nach eigenem Verständnis hingehört – an die Macht – ist er dennoch und weiterhin unumstritten.
Aber selbstredend ist auch Scholz nicht unersetzlich. Sein Kronprinz Andreas Dressel weiß seit Jahren, dass dieser Tag auf ihn zukommen wird, dass er die erste Wahl ist für den Chefsessel im Rathaus. Und er, der Generalist, der sich schon lange in der Rolle des mitregierenden Fraktionsvorsitzenden gefällt, ist eine gute Lösung aus Sicht der SPD und auch des grünen Koalitionspartners.
Mit Dressel als Bürgermeister würden die Grundsätze der rot-grünen Hamburger Politik bruchlos fortgeführt: den Haushalt sanieren und handwerklich ordentlich regieren ist auch sein Anspruch, seit er vor sieben Jahren SPD-Fraktionsvorsitzender wurde. Dass das in Hamburg nicht immer klappte, siehe Olympia und G20, ist schmerzhaft vor allem für Scholz, nachhaltig geschadet hat es ihm nicht.
Die Machtfülle eines Olaf Scholz jedoch wird Dressel nicht bekommen. Scholz war der erste, der Bürgermeister und Parteichef sein durfte. Viel spricht dafür, dass diese Personalunion wieder aufgelöst wird. Die SPD dürfte zum althergebrachten Führungsprinzip des „eisernen Dreiecks“ zurückkehren: Drei Personen werden künftig als Parteichef, Bürgermeister und Fraktionsvorsitzender die SPD-Politik in Hamburg bestimmen.
Welche Chancen ein Spitzenkandidat Dressel bei der nächsten Hamburg-Wahl in zwei Jahren haben wird, ist offen. Er hat genug Zeit, Fehler zu machen, genug Zeit aber auch, sich zu profilieren. Dressel, übernehmen Sie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“