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Kolumne The Final CountdownNoch 7 Tage bis zur Griechen-Pleite

Eric Bonse
Kolumne
von Eric Bonse

Am 5. Juni ist Athen bankrott. Finanzminister Wolfgang Schäuble bleibt hart und will Athen zeigen, wo in Europa der Hammer hängt.

Bleibt hart: Finanzminister Schäuble zählt die Tage bis zur Griechenpleite. Foto: dpa

W enn man beim Pokern schlechte Karten hat, kann man entweder bluffen – oder eine Auszeit nehmen. Für Letzteres hat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beim G7-Treffen in Dresden entschieden. Statt endlich eine Lösung im Schuldenstreit mit Griechenland zu suchen, besuchte der CDU-Mann einen Gottesdienst. In der Dreikönigskirche ging es zwar auch um Schulden, geladen hatte die kirchliche Initiative „erlassjahr.de“. Doch lieber singen und beten als handeln oder gar Schulden erlassen, muss sich Schäuble gesagt haben.

Und so geht der Countdown für Griechenland und seine Gläubiger ungebremst weiter. Obwohl schon Anfang Juni der Offenbarungseid droht - wenn Athen die nächste Tranche an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen muss -, ignorierte Schäuble in Dresden das Problem. Nicht einmal der amerikanische Finanzminister Jack Lew konnte die harte deutsche Haltung ein wenig lockern. Schon vor der Reise nach Deutschland hatte Lew mehr Flexibilität gefordert und eine schnelle Lösung angemahnt - vergebens.

Dahinter stehen völlig unterschiedliche Konzeptionen in der Wirtschafts- und der Außenpolitik. Die USA sorgen sich davor, dass eine neue Eurokrise die Weltwirtschaft erschüttern und den großen Rivalen Russland stärken könnte. Deutschland hingegen nutzt den Streit mit Griechenland (und den aktuellen G7-Vorsitz), um zu zeigen, wo in EUropa der Hammer hängt. Je länger der Countdown anhält, desto größer wird der Druck auf die störrische Linksregierung in Athen, so das offensichtliche Kalkül der Regierung in Berlin.

Allerdings hat sich Schäuble schon mehrmals verrechnet. Unvergessen ist ein Treffen mit dem früheren US-Finanzminister Tim Geithner im Juli 2012 auf Sylt. Schon damals forderten die Amerikaner mehr Nachsicht mit den Griechen, und schon damals blieb Schäuble beinhart. Doch Geithner sollte sich durchsetzen. Weil Berlin keine Konzessionen machen wollte, schritt am Ende die Europäische Zentralbank ein - und sicherte Griechenland und der Eurozone jede nötige Hilfe zu.

Ein anderes Ende

Drei, zwei, eins, pleite

Wann ist Griechenland pleite? Als mögliches Datum wird momentan der 5. Juni gehandelt, weil dann eine neue Kreditrate fällig wird. Allerdings gab es solche Termine schon häufiger. Möglich wäre daher auch der 28. April 2054, der Tag, an dem Athen die letzte Zahlung aus dem aktuellen Rettungsprogramm zurückzahlen muss.

Was steckt also wirklich hinter all diesen Countdowns? taz-Brüssel-Korrespondent Eric Bonse nutzt die wer weiß wievielte bevorstehende Griechenlandpleite und klärt über die Hintergründe der aktuellen Verhandlungen auf. Bis der Zähler auf Null steht.

Teil 1: Noch 8 Tage bis zur Griechen-Pleite

Teil 2: Noch 7 Tage bis zur Griechen-Pleite

Griechen-Pleite hat Wochenende

Teil 3: Noch 4 Tage bis zur Griechen-Pleite

Das war die Wende zum Besseren in der Eurokrise. Eine weitere Wende - diesmal zum Negativen - kam Ende 2014, als Schäuble den damaligen griechischen Premier Antonis Samaras nötigte, das laufende EU-Hilfsprogramm zu verlängern. Gegen den erklärten Willen Samaras‘, der das Sparen satthatte. Damit war das Ende des konservativen Regierungschefs besiegelt. Kurz danach wurde der Linkspolitiker Alexis Tsipras zum neuen Premier gewählt. Wenn Schäuble nicht so stur gewesen wäre, hätte die Geschichte vielleicht anders ausgehen können.

Und wie wird es diesmal, in der dritten Runde des Spiels „Schäuble gegen den Rest der Welt“ ausgehen? Das hängt vom Rest der Welt ab, genauer: von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Wenn die angeblich mächtigste Frau der Welt wie immer handelt und sich der Meinung der USA anschließt, wird Schäuble klein beigeben müssen. Dann wird man sich doch noch irgendwie mit Griechenland arrangieren. Das G7-Treffen der Finanzminister wird dann längst vergessen sein.

Viel wichtiger ist ohnehin der G7-Gipfel der Chefs am 7. Juni in den bayrischen Alpen in Elmau. Und da will Merkel keine Probleme haben. Vieles spricht daher dafür, dass das Griechenland-Problem bis dahin vom Tisch ist. Unser Countdown endet übrigens am 5. Juni - zwei Tage vor dem Merkel-Gipfel.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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10 Kommentare

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  • Ich hab die Lage so verstanden, dass die Institute, die den griechischen Regierungen in der Vergangenheit Kredite angedreht haben, schon längst nicht mehr für ihre Fehlentscheidungen haften müssen.

     

    Das passt zur Haltung Schäubles, Kapitalbesitzern Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit zu sichern. So habe ich auch die Forderungen gesehen, die man gegenüber der jetzigen Regierung Griechenlands machte.

    • @Lindenstock:

      Die griechischen Schulden sind inzwischen zum weitaus grössten Teil bei EU und IWF.

      Es geht darum, dass diese Schulden zurueckgezahlt werden: der deutsche Staat hält den grössten Anteil der griechischen Schulden.

      Private Kapitalbestzer spielen nur noch eine sehr geringe Rolle.

  • Leben wir doch einfach weiter alle auf Pump! Ihr werdet es nie kapieren: Man schaut in seinen Geldbeutel, ist Geld drin kann man es ausgeben, ist keins drin spart man bis wieder was drin ist.

     

    Das Prinzip das die Griechen derzeit an den Tag legen basiert immer auf "Wachstum", da die Zinsen bedient werden müssen. Manchmal muss man sich auch einfach nur "Gesund-schrumpfen".

     

    Was ihr alle wollt ist denen noch mehr Geld in den Arsch schiessen, und hofft auf "Wachstum". Wenn das nicht kommt wirds noch schlimmer. Oder das Geld haben irgendwelche Oligiarchen/Banken.

     

    Kapitalismus in reinst-form. Geld ausgeben und auf Wachstum hoffen.

     

    Langsam werden auch Linke zu Kapitalisten :)

     

    Wenn die ihren Haushalt nicht sanieren (gesundschrumpfen) wollen, dann müssen sie eben wieder zurück zum Drachme, dann regelt der Markt das von allein.

     

    Ist nur fair den anderen 19 Euro-Staaten gegenüber! Denn die kümmern sich drum das es zumindest einigermaßen passt.

  • Es ist nicht Aufgabe von Herrn Schaeuble Griechenlands Probleme zu loesen: Was soll diese Behauptung?

    Bisher hat Tsipras die Klientelpolitik der griechischen Eliten kontinuierlich fortgesetzt (eg: Steueramnestie fuer Reiche, griechisches Fernsehen)

    Von seinen Wahlversprechen einer anderen Politik kam bisher NICHTS.

    Da braucht er sich nicht zu wundern, wenn Griechenland dann "ploetzlich" doch pleite ist.

    • @naemberch:

      Mir sind keine Forderungen der Bundesregierung, Griechenland möge Maßnahmen zur Belastung der "Eliten" durchführen bekannt.

       

      Es ging doch bislang weitgehend um zweifelhafte Privatisierungen und Streichungen bei den Ärmsten.

      • @Lindenstock:

        Welche deutsche Forderungen, wovon reden Sie ?

        Es geht im Gegenteil um die Tsipras Politik zur Steueramnestie fuer Reiche.

  • Leider wie so oft beim Kommentar Eric Bonse:

    Man stellt eine Behauptung auf (Motivation Schäuble: Sturheit und zeigen wo der Hammer häng) und die dazu passenden Beweise und Schnappschüsse werden entsprechend aufgelistet.

     

    Kein Wort zu den bislang funktionierenden Alternativen, vom Staatsbankrott Argentinien bis der aktuell guten Entwicklung in Irland oder zunehmend Portugal.

     

    Stimmt Finnland und die lettischen Staaten oder NL zu, würde der Bundestag zustimmen. Wie macht man den anderen südlichen Staaten und deren Rentner klar, dass sie jetzt leider auch anteilig noch mehr Risiken tragen sollen. Kleinigkeiten, ich weiß!

    Es wäre schön anzuerkennen, dass es nicht um D gegen GR bzw. Schäuble gegen Syriza geht sondern um uns alle.

    • @Tom Farmer:

      Ich hatte den griechischen Regierungen kein Geld geliehen, auch habe ich keine Bürgschaft unterschrieben.

  • Die Amis sind Seelenverwandte der Griechen in Sachen Staatsverschuldung. Die geben auch schon seit Jahren mehr Geld aus als sie haben.

     

    Und amerikanische Beratungsunternehmen haben viel Gedl damit verdient, den Griechen zu helfen die Schulden so in die Zukunft zu verlagern, dass die in den EURO kamen.

     

    Viel Eigennutz der Amerikaner also. Mit solider Finanzpolitik hat das nichts zu tun.

    • @Martin74:

      Nur als Randnotiz:

      Wenn man die US Verschuldungsquote nicht nur auf die Bundesschulden (wie ueblich), sondern auf die Gesamtstaatsschulden (Bund/Staaten/Kommunen) berechnet, wie bei anderen Laendern auch, ist die US Schuldenquote mit ueber 400% weit hoeher als die von Griechenland.