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Kolumne So nichtPunkt ohne Wiederkehr

Das Komma wird zunehmend vom Punkt ersetzt. Dabei ist das Komma viel serviceorientierter. Aber auch diese Kolumne muss mal einen Punkt machen.

Vor lauter Punkten keinen Punkt mehr sehen Foto: Paul Bence/unsplash

D er Punkt ist ein treuer Geselle. Man kann sich auf ihn verlassen. Irgendwann kommt er immer, mitunter schneller, als man denken kann. Vor allem der erzählende Journalismus hierzulande ist auf den Punkt gekommen. Der Punkt. Ein Trend. Sicher. Neu ist er nicht. Es gibt ihn. Lange schon. Seit Satzzeichengedenken.

Der Punkt lässt alles mit sich machen. Das Komma ist da viel strenger. Es lässt sich nicht so einfach hin und her schubsen und setzt sich auch nicht da hin, wo es ihm gerade passt. Es heischt nicht um Aufmerksamkeit. Es macht sich nicht unnötig wichtig.

Das Komma ist eine zuvorkommende Servicekraft, eine Kellnerin, bei der man sich gerne mit einem hohen Trinkgeld bedankt. Der Punkt hingegen würde sich auch bei „Deutschland sucht den Superstar“ bewerben. Ihm geht es nur um Aufmerksamkeit.

Punktierte Texte

Die erzählenden Texte jedenfalls werden immer punktierter. Wahllos ausgewähltes Beispiel:

„Zweites Date. Restaurant. Wein. Fisch. Lachen. Kerzen. Eigentlich ein schöner Abend. Bis etwas aufleuchtet. Erst einmal. Dann noch einmal.“

Warum bloß stehen hier lauter Punkte, wo auch Kommas stehen könnten?

Das Mittel, mit dem hier offenbar Spannung erzeugt werden soll, ist nicht das von Raymond Chandler, nicht mal das von „Homeland“. Die Spannung, die erzeugt wird, erinnert an die Spannung, die Deutschland seit Jahrzehnten Sonntagabend zwischen 20.15 und 21.54 Uhr in Schockstarre versetzt. Schnelle Schnitte und sprunghaftes Erzählen sollen für Thrill sorgen.

Jetzt stehen also absatzweise einzelne Wörter in verwüsteten Textgegenden. Einwortsätze. Defekte Sätze. Es sind Sätze, die so aussehen, als würde ihnen etwas fehlen, und die man immer fragen will, ob alles okay ist oder sie Hilfe brauchen.

Ein paar schnelle Schnitte aber machen noch keine gute Story. Und oft scheint die maximale Anzahl von Punkten, dieser so aufdringlich ausgestellte Formwille, häufig nur den Mangel an zu Erzählendem zu kaschieren.

Punktabzug

Punktabzug gibt es hingegen in den sozialen Medien. Hier ist der Punkt vom Aussterben bedroht und es findet sich trotzdem keine Lobbygruppe, Spendenaktion oder Fanpage für ihn.

Der Punkt gilt in sozialen Medien als „ein Akt psychologischer Kriegführung gegen die eigenen Freunde“, sagt eine Studie. Der Punkt wird als Beleidigung aufgefasst, weil seine Eigenschaft als abweisend empfunden wird.

Das mag daran liegen, dass man in diesem Diskursraum nicht so gern einen Punkt macht. Die Abwesenheit des Schlusspunkts suggeriert, dass es weitergeht, dass hier Platz für Diskussion, noch längst nicht alles gesagt ist.

Diese Kolumne ist an einen Punkt gekommen, wo sie einen Punkt machen muss. Es ist ein Point of no Return. Ich bedanke mich für vier Jahre punktuelle Aufmerksamkeit mit einem dreifach donnernden: .

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Who the fuck is Wolf Schneider?



    Doris Akrap hat das sehr gut auf den Punkt gebracht.

  • Na, da hat wohl Wolf Schneider mitgeschrieben. Danke für den Beitrag. Wasser auf meine Mühlen.

  • Fehlt nur noch das Semikolon zwecks optimaler Differenzierung, ;...

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Punkt, Punkt, Komma, Strich-,



      fertig ist das Mondge d icht

  • Als Freund und Gönner des exzessiven Schachtelsatzes, bin ich erschüttert und verstört, über den Imageverlust meines kleinen hakigen Freundes!

  • Zitat: „Es sind Sätze, die so aussehen, als würde ihnen etwas fehlen, und die man immer fragen will, ob alles okay ist oder sie Hilfe brauchen.“

    Nein, er braucht keine Hilfe, der Punkt. Wenn er schreit, dann nicht, weil er es muss. Er schreit, weil er es kann.

    Dass vor ihm immer etwas fehlt, weiß der Punkt nicht. Es wäre ihm auch egal, wenn er es wüsste. Der Punkt ist Egoist genug, niemanden nach seinen Wünschen zu fragen. Er ist sich selbst genug.

    Vermutlich fürchtet sich der Punkt ja einfach vor allem, was nicht er ist. Könnte ja sein, er ist dem Anderen schlicht nicht gewachsen. Das ist natürlich traurig aber offenbar nicht leicht zu ändern.

    Was muss, das muss wohl, richtig, Frau Akrap? Nur gut, dass ein Punkt selten allein kommt. Nach dem Punkt ist meistens vor dem Punkt. Hoffe, man liest sich, werte Frau Akrap.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Klar, der Punkt beendet den Satz. Aber das Komma, das erzeugt seine Melodie.