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Kolumne So nichtPariser Sport (ohne Uefa)

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

Gewerkschaften, Linke und andere Bürger demonstrieren am Dienstag in Paris. Es sind nicht sie, die den Frieden gefährden, es ist die französische Polizei.

Kein Fußball, dafür Tennis: Demonstrant schießt eine Gaskartusche der Polizei zurück. Nantes, 2. Juni Foto: reuters

V on den politischen Vorwürfen ist der Missbrauchsvorwurf so ziemlich der dümmste Trendvorwurf der letzten Zeit. Missbrauch ist igitt, kein Widerspruch. Gegen igitt kann man nicht argumentieren, sondern es nur igitt finden.

Es gibt Leute, die meinen, die Linken und die Gewerkschaften und alle die anderen Demonstranten, die am Dienstag zur zentralen Großdemo in Paris aufgerufen haben und am Ende auch noch teilnehmen, missbrauchen das Sportereignis EM für ihre eigenen Zwecke.

Sie seien unverantwortlich, weil sich die französische Polizei und das Militär und all die anderen Sicherheitsbeamten mit den linken Spinnern beschäftigten müssen, anstatt sich darum zu kümmern, schlimmes Terroristisches irgendwo anders im Land zu verhindern.

Der Mord an einem Polizisten und einer Frau Montag nacht? Konnte von der Polizei nicht verhindert werden. Die brutalen Angriffe russischer und britischer Fans in Marseille? Von der Polizei aufs Hilfloseste ignoriert. Eine angemeldete Großdemonstration ist dagegen Peanuts und sollte für die Pariser Polizei eher ein Sonntagspaziergang werden.

Dirk Kurbjuweit setzt bei Spiegel-Online noch einen drauf und unterstellt den Demonstranten quasi Vaterlandsverrat. Die Streikenden würden das sowieso schon zerrissene Frankreich noch mehr zerreißen, anstatt die Chance der EM zu nutzen, um die Nation wieder zu vereinen. Wer so was sagt, findet wahrscheinlich jeden Streik gefährlich und immer ein Argument, warum ein Streik irgendein öffentliches Wohl gefährdet.

„Das ist auch für Europa eine schwere Last“, meint der Kollege natürlich auch noch. Ne, klar! Für Europa ist es eine schwere Last, dass ein paar Bürger für gerechten Lohn demonstrieren. Für Europa ist es offenbar eine wenig schwerere Last, wenn Bürger kein Bock mehr haben auf mies bezahlte Jobs und sich von ihren Arbeitgebern und Regierungsvertretern verraten fühlen.

Den Linken den Vorwurf zu machen, die Bühne nutzen zu wollen, ist Quatsch. Ausgerechnet das Großereignis EM auszuwählen, um mehr Aufmerksamkeit zu kriegen, könnte aus anderen Gründen eher ungünstig sein. In Zeiten des nachrichtlichen Ausnahmezustands wegen eines Fußballereignisses haben es politische Nachrichten außerhalb von Mord und Totschlag einfach wesentlich schwerer.

Es hängt davon ab, wie sich die Polizei bei dieser alternativen Sportveranstaltung ohne Beteiligung der Uefa verhält. Verzichtet sie darauf, die Demonstranten mit Gaskartuschen zu beschießen und mit Knüppeln zu verdreschen, wie sie es in den vergangenen Wochen getan hat, könnte es für die Demo gerade mal zu einer kleinen Meldung mit offiziellen Teilnehmerzahlen reichen.

P.S.: Ich kann leider nicht kommen, weil ich die Fußballzeitung der taz machen muss.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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6 Kommentare

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  • Die Polizisten sollen sich mit grölenden Bierbäuchen prügeln, statt mit politisch engagierten Menschen. Aber nein, diejenigen die ihre demokratische PFLICHT wahrnehmen werden verdroschen. Die Fußball fans dürfen rumlärmen solange sie sich nicht schlagen, warum ist das bei linken Demonstranten niemals der Maßstab?

     

    Ich würde ja denken, die Regierung möchte politische Mienungen, die nicht den Ihren entsprechen, unterdrücken, aber das kann ja unmöglich der Fall sein immerhin haben die "modernen" europaischen Staaten doch Menschenrechte...

    • @HerrvonSinope:

      die "modernen" Staaten ??? Wir sind doch inzwischen Postmodern, schnurstracks auf dem Rückweg ins 19. Jhdt. In Frankreich reden manche (z.B. der Chef der rechten "Radio courtoisie" schon von der Rehabilitierung der Sklaverei!

  • Manchmal ist es auch nicht dumm sich eine Bühne für sein politisches Anliegen zu schaffen/nehmen. Und ich persönlich befürworte es absolut der UEFA einen Teil der Aufmerksamkeit zu stehlen um dafür etwas sinnvolles zu bewirken. Zumindest versuchen sollte man das...

     

    Ich finde auch sehr verwunderlich, wie zögerlich die Berichterstattung hierzulande ist.

     

    Und sehr schade finde ich, das Streiks hier nicht diesen Stellenwert haben. Hier sitzen alle gemütlich auf ihrem Arsch und feiern sich auch noch dafür, dass man sie ausbeutet... Und wenn dann mal ein paar vereinzelt auf die Straße gehen und ein bißchen Alarm machen heißt es: die bösen Krawalltouristen machen hier alles kaputt! Blablabla... Dabei sieht viele nicht, wie kaputt hier vieles ist.

     

    Und zu SpOn: die sind schon lange nicht mehr das Gelbe vom Ei... besonders der olle Fleischauer bringt mich, verirre ich mich doch mal dorthin, regelmäßig zum kotzen. Auf Kritik wird dort übrigens auch nicht reagiert. Versuch macht klug...

  • 16:00 Pariser Platz - Soli-Demo!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Anarchie-Jetzt:

      Wie war's?

    • @Anarchie-Jetzt:

      Dann sag ich nur: viel Erfolg... Berlin ist leider zu weit weg hier...