Kolumne Rollt bei mir: Zeigt her eure Barrierefreiheit!
Gibt's hier Cocktails mit Melonenscheibe? Ist ein Föhn im Bad? Egal. RollstuhlfahrerInnen interessieren bei der Hotelbuchung ganz andere Dinge.
J eder kennt sie, diese schicken Bilder von bunten Cocktails mit Melonenscheibe am Glas und blauem Pool im Hintergrund. Hotels preisen sich so auf den Portalen an, über die der ersehnte Urlaub gebucht werden soll. Die Zimmer blitzeblank, Schwäne aus Handtüchern geformt liegen auf dem Bett – „das perfekte Hotel“, denkt sich die/der gewöhnliche UrlauberIn.
Aus RollstuhlfahrerInnen-Sicht sind diese Fotos nice-to-have. Aber wenn der/die FotografIn vorm Abdrücken nur einen Schritt zurückgegangen wäre, dann wären Schwan, Bett und edler Holzboden immer noch im Bild, zusätzlich aber noch der Türrahmen. Für RollstuhlfahrerInnen ein sehr wichtiges Detail. Denn wenn man nicht in sein Hotelzimmer kommt, kann man sich den Urlaub schenken, es sei denn, man möchte sich ausschließlich in der Lobby aufhalten.
Auch der Haupteingang eines Hotels wäre viel öfter ein Foto wert. Ein Foto von der Front ist zwar für Fans von großen leuchtenden Lettern interessant, eines vom Eingang würde aber Aufschluss darüber geben, ob das Gästehaus stufenlos betreten werden kann.
Beim Check-in kommt zwangsläufig der Besuch an der Rezeption. Diese ist häufig so hoch, dass das Hotelpersonal einen rollstuhlfahrenden Menschen nicht sieht. Das ist nicht nur in Hotels so. Als sitzende Person steht (haha) man vor so manchen hohen Mauern; beim Flughafen, am Tresen in der Kneipe, beim Bäcker, bei der Anmeldung in der Arztpraxis oder im Kino am Ticketschalter.
Ebenerdige Duschen, Wannen mit Halterung
Hotels sind auch öfter Veranstaltungsorte, und als solche sollten sie die besondere Ausstattung, die sie haben, stolz preisgeben und damit nicht hinter dem Berg halten. Ebenerdige Duschen, Wannen mit Halterung. Aber auch gluten- oder laktosefreies Essen sind für manche das wichtigste Argument. Bei den Buchungsportalen gibt es für fast alles Häkchen: zusätzliches Handtuch, Föhn, Wellness. Wie wäre es mit dem Häkchen „veganes Essen?“ oder „barrierearm aufgebautes Buffet“?
Das Buffet ist eine zweigeteilte Veranstaltung. Alles was vorne liegt, kann man sich als RollstuhlfahrerIn auf den Teller laden, alles aus der zweiten Reihe nicht. Ist etwas aus dieser gewollt, muss man sich durchfragen. So muss man zwangsläufig andere zur Hilfe bitten. Kontakt mit seinen Mitmenschen – noch vor dem Frühstück.
Zugegeben, „Barrierefreies Hotel“ mag nach Senioren und Reha klingen. Barrierefreiheit hat ein Imageproblem. Das Wort ist ein Monstrum und es klingt sperrig. So vielleicht auch die Vorstellung von Normen, die die maximale Steigung von Rampen vorgeben, und noch allerlei andere Maße, die eingehalten werden müssen. Aber alles fängt mit kleinen Schritten an, das weiß jedes Kind. Ein stufenloser Eingang zum Hotel, breite Türen oder mobile Rampen sind ein Anfang.
Hotels und Eventlocations, zeigt her eure Barrierefreiheit, wenn ihr sie habt, prahlt damit auf den Buchungsportalen mit den kleinen Dingen, die für manche Leute einen großen Unterschied machen. Make Barrierefreiheit great (again).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen