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Kolumne PsychoAngst in homöopathischen Dosen

Ein Arzt empfiehlt bei psychischen Erkrankungen Globuli. Dabei gibt es kostenlose Tipps, die im Gegensatz zu Zuckerkügelchen wirklich helfen.

Bei Durchfall helfen Bananen, bei Durchfall wegen Angst gebackene Bananen mit Honig Foto: margie / photocase.de

Homöopathie kann auch deine Psyche heilen“, twitterte kürzlich ein Online-Gesundheitsportal und postete einen Artikel, in dem ein Arzt Globuli gegen Angststörungen empfiehlt. Dabei gibt es durchaus Tipps, die nichts kosten – und im Gegensatz zu den Zuckerkügelchen auch helfen. Hier eine Alternativversion.

Unruhe lässt Sie nicht schlafen, Ihr Herz rast vor Angst: Wenn Ihr Herz wieder ruhiger schlägt, suchen Sie ein paar Nummern von Therapeuten raus und sprechen ihnen auf den Anrufbeantworter. Das geht auch nachts. Mit etwas Glück haben Sie am nächsten Tag schon einen Termin.

Sie sind überdreht, etwa so, als hätten Sie zu viel Kaffee getrunken: Setzen Sie sich an Ihre Steuererklärung. Sie werden binnen Sekunden sehr müde werden. Sehr, sehr müde.

Obwohl Sie erschöpft sind, können Sie nur schwer einschlafen und wachen dann immer wieder auf: Malen Sie sich alles aus, was Sie immer schon mal erledigen wollten, aber nie dazu kommen. Vom Ausmisten des Schranks über das Saubermachen des Backofens bis hin zum Anlegen von Fotoalben. Ab 1990. Wenn das nicht hilft, fangen Sie in echt damit an.

Ich bin dauermüde

Sie fühlen sich schwach, leer und kraftlos: Gönnen Sie sich das, was Sie Ihrem Smartphone jeden Tag zugestehen. Laden Sie Ihren Akku auf. Wie das geht, wissen Sie selbst am besten.

Wenn der Stress lähmt, Sie erschöpft, zittrig und so müde sind, dass Sie kaum die Augen offen halten können, aber nachts nicht zur Ruhe kommen: Schlafen Sie eine Nacht gar nicht und erledigen stattdessen alles, was auf Ihrer To-Do-Liste steht (und sich nachts erledigen lässt). Ziehen Sie den nächsten Tag durch. Spätestens um 9 können Sie sich nichts besseres vorstellen als sich ins Bett zu legen. Tun Sie es!

Sie verausgaben sich ständig, sind stark erschöpft und überarbeitet: Stellen Sie sich vor, was Heidi Klum sagen würde. Scheißen Sie auf Heidi Klum. Geben Sie eine Woche lang konsequent nur 70 Prozent. Realisieren Sie, dass Sie noch leben und sich nichts verändert hat – außer, dass Sie nicht mehr so erschöpft sind.

Ich bin ängstlich und mache mir pausenlos Sorgen

Angst und Unruhe sind Ihre ständigen Begleiter. Wird der Druck zu groß, reagiert Ihr Köper mit erhöhtem Harndrang oder Durchfall: Essen Sie eine Banane. Besser: Essen Sie gebackene Banane mit Honig. Spüren Sie, wie warm es in Ihrem Bauch ist? Gut. Und morgen gibt es Hühnerfrikassee.

Sie sind innerlich unruhig und sehen alles schwarz, reden viel und hektisch und neigen zu Kopfschmerzen: Gehen Sie in den Wald. Danach sehen Sie alles grün.

Als allzu sensibler, mitfühlender Mensch ertragen Sie Ungerechtigkeiten nicht? Schauen Sie eine Woche keine Nachrichten und blockieren bei Facebook endlich den Typen, der ständig grausame Bilder von misshandelten Tieren postet. Wenn das nicht hilft, engagieren Sie sich gegen die Ungerechtigkeiten und schaffen sie aus der Welt.

Ein traumatisches Erlebnis macht mich völlig fertig

Jemand ist gestorben, oder eine Trennung liegt hinter Ihnen. In Ihrem Hals sitzt ein Kloß, alles scheint hoffnungslos: Es gibt zwei Richtungen, in die sich der Kloß auflösen kann. Nach oben – dafür müssen Sie weinen, kotzen oder schreien. Oder nach unten – dafür müssen Sie trinken und essen. Sie können auch alles gleichzeitig machen, Hauptsache, es tut Ihnen gut.

Sie können eine Kränkung nicht verzeihen und möchten am liebsten allein sein: Verbringen Sie einen Abend allein. Wenn das nicht reicht, fahren Sie für eine Woche an die Ostsee. Oder für ein Jahr. Spätestens dann ist die Kränkung vergessen.

Ihre Laune wechselt ständig, Sie mögen nicht allein sein und weinen schnell: Verbringen Sie Zeit mit jemandem, den Sie mögen und der Sie mag. Weinen Sie. Lassen Sie zu, wie die Launen Ihren Körper durchfließen, genauso stoisch, wie die Natur Ebbe und Flut zulässt.

Melancholie und Zukunftsängste machen Ihnen zu schaffen: Wem nicht?

Ich möchte vor Wut am liebsten explodieren

Sie werden schnell laut und ungerecht: Wenn Sie wieder ruhig und leise sind, suchen Sie das Gespräch und entschuldigen sich. Da Ihnen jetzt jemand zuhört, können Sie davon erzählen, was Sie wirklich beschäftigt.

Alles nervt Sie derart, dass Sie am liebsten abhauen würden und sofort an die frische Luft müssen: Gehen Sie an die frische Luft. Schreien Sie. Rennen Sie. Legen Sie sich danach ins Moos, auf die Wiese oder notfalls auf den Asphalt. Aber bitte nicht auf die Straße.

Sie reagieren sehr emotional und werden leicht eifersüchtig: Lernen Sie, sich selbst zu lieben. Währenddessen haben Sie keine Zeit für Eifersucht. Und danach keinen Grund mehr.

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taz am wochenende
Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).
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1 Kommentar

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  • Einsame Spitze! Hier schreibt offenbar jemand, der etwas davon versteht.