piwik no script img

Kolumne Luft und LiebeFicken mit Ökostrom

Man gibt ihm einen Namen und entwickelt eine Beziehung zu ihm: Ein Vibrator ist wie ein Haustier. Nur anders. Wenn er zerbricht, geht viel mehr kaputt als ein Stück Plastik.

Voll gewollter Öko-Dildo. Bild: Maccaroni / photocase.com

D as ist mir jetzt ein bisschen peinlich, aber ich habe meinen Vibrator zerbrochen. Ja, genau, beim Benutzen. Blöde Sache. Es hat einfach knack gemacht. Von außen sah er eigentlich noch genau aus wie vorher, schön pink und glatt, aber man konnte ihn plötzlich ganz durchbiegen und dabei gab es so ein klappriges Geräusch, wie wenn lose Plastikteile aneinanderstoßen. So etwas darf eigentlich nicht passieren.

Es war gar kein besonders billiges Modell oder so, sondern von einer guten Marke. Er hatte um die 60 Euro gekostet und war sogar mal mit einem Designpreis ausgezeichnet worden. Und vor allem: Er war wieder aufladbar. Ein Vibrator, den man mit Ökostrom aufladen kann, das fand ich ziemlich sexy.

Als ich in meine neue Wohnung gezogen bin und den Stromanbieter gewechselt hab, habe ich dafür Aufkleber bekommen: „Prima fürs Klima“, „Ökostrombezieher“, „Wir arbeiten mit Ökostrom“. Fand ich bisschen klugscheißermäßig, deswegen liegen die seit zwei Jahren in meiner Schreibtischschublade und kommen irgendwann in den Müll. „Wir ficken mit Ökostrom“ hätte ich garantiert irgendwohin geklebt. An die Haustür am besten. Falls die Zeugen mal wieder vorbei kommen. „Kennen Sie Jesus?“ – „Nein, aber ich ficke mit Ökostrom.“

Bild: privat
Margarete Stokowski

ist Autorin der taz.

Jedenfalls war Poseidon – so nannte ich ihn, weil er nämlich wasserdicht war – kaputt gegangen. Ich war traurig. Man baut zu seinen Elektrokleingeräten ja mit der Zeit doch eine gewisse Beziehung auf. Ich erzählte einer Freundin von der Tragödie, sie lachte nur: „Was, du hast nur einen einzigen Vibrator gehabt? Selber schuld!“ Stefan dagegen, mein Freund, war froh, dass nur der Vibrator gebrochen war und sonst nichts.

Vorhin hab ich „Poseidon“ gegoogelt, weil ich mir nicht sicher war, wie man das schreibt. Dabei hab ich gelernt, dass er nicht nur der Gott des Meeres ist, sondern auch der „Auslöser von Erdbeben“. Wie passend. Nur halt tot jetzt. Ich hab mir also zwei neue Vibratoren gekauft. Bisschen andere Formen als vorher, zum Ausprobieren. Einer heißt von Hause aus „Paul“, ich glaube, den Namen lasse ich so. Es ist ein bisschen blöd, weil ich eigentlich später meinen Sohn so nennen wollte, und ich kann ja wohl beim besten Willen mein Kind nicht nach meinem Vibrator benennen. Na ja, Pech. Guter Sex geht erst mal vor.

Paul sieht aus wie ein Wurm und der Kopf ist für den G-Punkt gedacht. Stefan nennt das „er geht auch um die Ecke“. Und dann hab noch einen zweiten gekauft, der aber noch mit der Post kommen muss, weil ich ihn im Internet bestellt hab. Auf den bin ich schon sehr gespannt. Er hat irgendeinen bekloppten Namen, aber weil er auch wasserdicht ist, nenne ich ihn: Amphitrite. Also eine Sie. Ich bin schon ganz aufgeregt.

„Nächste Woche hab ich mein erstes Date mit Amphitrite“, hab ich zu Stefan gesagt. „Ich hoffe, sie ist geil“, sagte er. „Hoffe auch“, sagte ich. „Immerhin hast du sie bezahlt“, sagte er. „Sie ist ja quasi dein Callgirl.“ „Sag das doch nicht so“, sagte ich, „immerhin bleibt sie ja länger als für eine Nacht.“ „Stimmt“, sagte Stefan, „bestimmt verliebt sie sich in dich.“ Davon gehe ich aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff
Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • S
    steffen
  • DM
    Daniel Mak

    Frau Stokowski, einfach krass, was Sie über sich veröffentlichen. Der Artikel bleibt doch voraussichtlich auf ewige Zeiten online. Wenn das alles stimmt, was Sie da schreiben, müssen Sie ein enormes Selbstbewusstsein und eine sehr stabile Beziehung haben.

     

    Als Leser gefallen mir solche Themen; klar, praktisch, dass ich erfahre, wie die Intimsphäre bei anderen aussieht. Das kann mir helfen, besser mit meiner umzugehen. Als Mitmensch von Ihnen wünsche ich mir aber, dass Sie sich, welcher Auflage und welchen Einkommens auch immer, keinen psychischen Schaden zufügen (lassen). Sie können ja lesen, was andere Leser in den Kommentaren für Kritik abgeben. Die ist nicht unbedingt konstruktiv. Passen Sie besser auf sich auf!

  • DW
    Die Wahrheit

    Nun ist es raus: Stefan bringt's nicht.

  • C
    cayno

    Sehr erfrischend

  • B
    B.G.

    Ich finde es nett,wie man doch so frei mit dem Thema in der heutigen Zeit anscheinend umgeht und wie aufgeregt schonwieder die Stimmung in den Kommentaren ist,wenn eine schlüpfrige Geschichte kommt.

     

    Mission completed,Frau Stokowski, ich habe mir ihre Geschichte durchgelesen und sie hat mir gefallen.

    Offen über etwas geschrieben,was sich nicht jeder traut zuzugeben.

  • B
    Branko

    :-)))))) astreiner Beitrag "Ficken mit Ökostrom" - sehr gut!

     

    ----------------------------------------------

    Wikipedia:

    "

    Das Kölner ECO-Umweltinstitut untersuchte im Auftrag der Zeitschrift Stern (Heft 31/2001) verschiedene Dildos aus Kunststoff.[9] Danach enthielten die Dildos erhebliche Konzentrationen des Weichmachers Phthalat und Lösungsmittel wie beispielsweise Toluol. Schleimhäute nehmen diese flüchtigen Substanzen besonders gut auf, so dass gesundheitliche Schäden drohen.[9] Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Zeitschrift Ökotest.[10] Elf von 22 getesteten Vibratoren, von der Konstruktion Dildos mit Vibrationsmotor, wurden wegen phenolischen und zinnorganischen Verbindungen (z. B. Bisphenol A und Tributylzinn) negativ bewertet.

     

    Folgende Materialien gelten bei Befolgung der Hygieneempfehlungen als unbedenklich: Acrylglas, Aluminium, Edelstahl, Glas, Granit, Ahornholz, Naturlatex (sofern keine Latexallergie besteht) und echtes Silikon. Bei anderen Materialien ist entweder die Verträglichkeit noch nicht geprüft, oder sie sind auf lange Sicht und bei häufiger Anwendung als bedenklich einzustufen. Daher wird, auch aus hygienischen Gründen, die regelmäßige Reinigung des Dildos vor und nach der Benutzung und die Verwendung zusammen mit einem Kondom empfohlen.

    "

    -------------------------------------------

     

    hmmmm... entweder zu weich oder zu kalt (oder gibt's für die Teile aus Metall oder Stein Warmhalteöfchen? - natürlich auch mit Ökostrom betrieben)

     

    Ich würde spontan mal Nylon als Material empfehlen.

    Da werden Angelschnüre draus gemacht.

    Das sollte sich warm anfühlen, wie Kunstoff - und vor allem dem härtesten Einsatz standhalten!

     

    Die Auftragserteilung an eine kunststoffverarbeitende Fachwerkstatt müsst Ihr dann schon selbst in die Hand nehmen, die das Teil dann Euren Wünschen formen soll.

  • P
    polyphem

    Papa Po Po Poseidon hat gelacht. Erschütternd fand er die Sache nicht.

  • K
    kowolsky

    Danke, danke, danke,

    die wichtigen Sachen im Leben sind manchmal so einfach zu beschreiben

    und so lustvoll.

    Aber Paul ist doch wohl nicht ernst gemeint? oder etwa doch? dann könnt man ihn ja auch gleich Horst nennen oder gar Karl-Heinz.

    Und Karl-Heinz find ich geht gar nicht.

  • F
    Fritz

    Ein Artikel, rebellisch wie ein schwarz-grau gemusterte Krawatte - aber hauptsache, mal was Wort "Ficken" in der Überschrift verwendet. Nur noch zum Gähnen, wie langweilig und spießig die taz geworden ist. Neuigkeitswert des Artikels? Null. Witzig, charmant oder irgendetwas anderes Positives ist er also auch nicht - ein sinnloser Lückenfüller-Artikel, der sich allerdings nahtlos in das auch ansonsten sehr schlichte Niveau der taz einreiht. Zum Gähnen.

  • H
    Helga

    ??? - in New York werden Vibratoren auf offener Straße verschenkt, Beate Uhse macht neun mal so viel Umsatz mit Sexspielzeug für Frauen wie mit Pornos - und die taz tut so, als es irgendwie wild, wenn eine Frau einen Vibrator hat? Die Anzahl der Vibratoren in Deutschland dürfte ungefähr der Anzahl der Smartphones entsprechen, frau ist also nichts Besonderes, wenn sie fünf Mal am Tag das Teil nutzt.

    Die taz scheint irgendwie in den Siebzigern stehengeblieben zu sein -

  • T
    Thorben

    Sie soll froh sein, keinen Stromschlag bekommen zu haben.

    ( Man muss das Sommerloch nicht wortwörtlich nehmen.)

  • JO
    J o e

    Ich hab gelacht.

     

    Weil es nämlich witzig geschrieben ist.

     

    Wusste gar nicht, dass so viele Taz-Leserbriefschreiber so verkorkst sind, dass sie nicht mehr lachen können wenn es um Sex geht.

     

     

     

    So, das musste ich loswerden. Zur Spamvermeidung gebe ich noch das Wort "hupe" ein und dann schick ich's ab.

  • S
    Seke

    Und wie wäre die Reaktion wenn ein Mann so seine Wichsgeschichten erzählt hätte?

     

    Wir werden es wohl nie erfahren da die taz so emanzipiert dann doch nicht ist.

  • EP
    Ein paar Tage Hitze und da ist das Sommerloch

    Erstmal vorab, ich finde diese Art von Wortwitz irgendwie lustig.

    Es gibt zwar deutlich wichtigere Themen, aber ab und zu mal was Kurzweil ist auch nicht verkehrt.

     

    Hier noch ein Vorschlag für die nächste Schlagzeile: "Blasen mit Windenergie" oder "Dildostromsteuer und die Tabaksteuer danach, mit Genuss das Haushaltsloch stopfen"

     

    Viel Spaß.

  • CS
    Claudia Sommer

    Einfach herrlich, einmal ein Stück sexuellen Alltag so frei weg von der Leber zu erleben.

    Man fühlt sich gleich nicht mehr so "pervers", mit einer ähnlich Einstellung gegenüber Sexspielsachen.

    Danke,

    L.G. Claudia Sommer

  • J
    Jajo

    Kinners,enspannt doch mal.

    So ein Motorpeter kann sowohl für Frauen

    als auch für Männer durchaus hilfreich sein.

  • F
    Fangio

    1x im Jahr schau’ ich bei der taz rein, das geht schon seit den 90ern so, ob sie inzwischen mal irgendwas sinnvolles beizutragen hat zur Medienlandschaft allgemein oder zu meinem persönlichen Medienmix im besonderen.

     

    Nach der Lektüre dieses Artikels dürfte wohl wieder mindestens ein Jahr vergehen.

  • K
    Klickhure

    Huch, Sie böses Mädchen! Wenn das der Papst wüsste! Hier noch ein Tipp für besseren Sex: Seien Sie mutig, stellen Sie sich beim Vibratoreinsatz und nicht nur beim Schreiben ihrer launigen Texte für Postpubertäre doch mal vor, sie hätten eine Webcam-Livesex-Kolumne in der TAZ. Vielleicht hilft's. Viel Glück!

  • T
    towelie

    Was fürn Beitrag. Schreibst du auch für Vice? Toll, taz...

  • D
    Driz`D`Urden

    WTF?

     

     

    ...achso...

     

    ...sex sells...

     

    schon klar.

     

    Vielleicht jeden Tag eine kleine Sexgeschichte eurer Redakteurinnen zum aufgeilen? Das schmeckt dem Publikum bestimmt besser als ausgewogene, gut recherchierte politische Nachrichten.

     

    [Zynismus: Ende]

  • B
    bedrückend

    Êin phallusförmiges Sextoy mit einem weiblichen Namen, da ist depremierend.

  • DB
    Die bösen Migranten

    Seit dem "Bestseller" mit ihren feuchten Gebieten, deren Name ich allahseidank gar nicht mehr weiß, meint offenbar jede/r, sie/er müsse es doch auch mit Vaginalpenisstorys zu Ruhm, Ehre und Geld bringen.

    Und schreibt dann entsprechenden Gähn darnieder.

     

    (Oh unkoschere Sch****e, jetzt ist mir der Name der d**fen Charlotte Rosche oder so wieder eingefallen ... bjäch ... hätte ich mal bloß nicht diesen hohlen Quatsch gelesen ...)

     

    Ich sag nur: Das wird nix. Exibitionismus kann man höchstens aufm Ramschtisch oder bei BILD gegen Geld verkaufen. Ein Journalistenpreis ist da Fehlanzeige.

  • L
    Lobo

    Frisch, fröhlich und frei, wenn Dildo dabei! Turnvater Jahn hätte sicherlich davon abgeraten.