Kolumne Leuchten der Menschheit: Überwachung im Medienhaus
Beim britischen „Daily Telegraph“ wurden Arbeitsplätze mit Bewegungsmeldern versehen. Sie sollten die Anwesenheit der Mitarbeiter überprüfen.
D ie MitarbeiterInnen des britischen Daily Telegraph staunten nicht schlecht, als sie am Montag der vergangenen Woche ihre Arbeitsplätze aufsuchten. Unter den Schreibtischen waren über Nacht schwarze Schachteln in der Größe von Zigarettenschachteln angebracht worden.
Als Hersteller war auf ihnen „OccupEye“ vermerkt. Die JournalistInnen googelten den Namen, stellten fest, dass es sich bei den Geräten um kabellose Bewegungsmelder handelte. Das berichtete das Internetportal Buzzfeed unter Berufung auf eine interne Mail, in der die Überwachungsmaßnahme bestätigt wird.
Wann und wie lange der Bürostuhl der Angestellten besetzt ist, lässt sich mittels OccupEye gut verfolgen. Über eine WLAN-Verbindung senden die Geräte Signale an einen Netzwerkempfänger, der die gesammelten Daten bündelt. Im späteren Verlauf kann die Datenbank für Analysen genutzt werden. Ausgelöst wird der Sensor von OccupEye von einer bestimmten Temperatur oder bei Bewegung.
Kaum hatte das Medienportal bei der Führung des Blatts um einen Kommentar angefragt, erreichte die Belegschaft des Telegraph eine E-Mail. Darin schrieben die Verantwortlichen, die Aktion diene der Steigerung der Energieeffizienz. Die Maßnahme solle lediglich vier Wochen dauern und unter anderem deutlich machen, wo und wann die Heizungen heruntergeregelt oder die Beleuchtung abgeschaltet werden können –alles im Rahmen des Engagements der Zeitung für die Förderung erneuerbarer Energien, denen sich der Verlag verpflichtet fühle.
OccupEye sieht das ähnlich. Auf der Seite der Firma findet sich eine Mitteilung, in der es heißt, die „grüne Initiative“ des Telegraph sollte unterstützt und als fortschrittliche Lösung bei der Gebäudebewirtschaftung angesehen werden. Fragt sich nur, warum die schicken Sensoren dann nach ihrem Bekanntwerden umgehend deinstalliert wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen