piwik no script img

Kolumne Leipziger VielerleiLeipzig ist kein gallisches Dorf

Kolumne
von Nadja Mitzkat

Durch die Woche in Leipzig mit standhaften Linken, denen, die stolz darauf sind und unangebrachtem „Othering“.

Leipzig – wie Asterix und Obelix von AfDlern umzingelt? Foto: Ferran Cornellà

W ir befinden uns im Jahre 2017 nach Christus. Ganz Sachsen ist von AfD-Sympathisanten besetzt … Ganz Sachsen? Nein! Der von unbeugsamen Linken bevölkerte Süden Leipzigs hört nicht auf, den Rechtspopulisten Widerstand zu leisten. So oder so ähnlich geht sie, die Erzählung, die seit dem Bekanntwerden der Wahlergebnisse durch die sozialen Medien geistert.

„Halte Stand rotes Connewitz!“, „Leuchte rotes Herz Dunkeldeutschlands!“, „Leipzig ist rot!“, tönt es durch die Echokammern des Netzes. In seltener Einigkeit klopfen sich Autonome aus Connewitz, Lindenauer Hipster und Muttis und Papis aus Schleußig gegenseitig auf die Schulter.

Dem Linken Sören Pellmann ist das Husarenstück gelungen, im Wahlkreis Leipzig II die Mehrheit der Zweitstimmen und das Direktmandat zu holen. Übrigens das einzige Linken-Direktmandat außerhalb Berlins und in Sachsen ein historischer Präzedenzfall.

Aber der Blick auf die Wahlkarte täuscht. Man muss nur näher heranzoomen, dann zeigt sich, dass auch hier Gegenden fest in blauer Hand sind. Die Linke holte in 14 der 63 Leipziger Ortsteilen die meisten Stimmen – die AfD in 15. Und bei den Erststimmen gewann die Partei in immerhin sechs Regionen.

Die taz im Neuland

Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.

Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de

Das sonst von linker Seite beklagte Othering zu betreiben und zwischen „denen“ und „uns“ zu unterscheiden, hilft auch nicht. Dass die AfD-Wähler sich nicht im Süden, sondern in anderen Stadtteilen konzentrieren, ist kein Grund zur Freude, sondern Teil des Problems.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Der von unbeugsamen Linken bevölkerte Süden Leipzigs hört nicht auf, den Rechtspopulisten Widerstand zu leisten."

     

    Geht es im Artikel um Leipzig oder den Süden Leipzigs. Das widerspricht sich völlig.

    Geht es hauptsächlich um den Süden und Connewitz, dann sind die rechten

    Stadtteile gar nicht gemeint und der Vorwurf mit dem Othering geht ins Leere.

    Geht es um ganz Leipzig ist das definitiv unwahr, Leipzig sei rot.

     

    Aber das sind zwei verschiedene Geschichten, die hier bequemerweise "for the sake of the argument" zusammengemengt werden, um einen pauschalen Vorwurf machen zu können gegen "die sozialen Medien", "die Echokammern des Netzes", "Autonome" und "Hipster", "Muttis und Papis".

    "Othern" tun immer Andere, klar.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Sorry, dass ich so viel dazu schreibe, aber so etwas könnte auch in der LVZ stehen und die Pauschalisierung der Gemengelage im Artikel steht mit dem Vorwurf des "Othering" im Gegensatz. Der mag zwar punktuell zutreffen, aber so pauschal könnte man den Vorwurf auch der feministischen Szene machen, dass sie Männer othert. Dabei othert mensch selbst aber auch kräftig mit und ein ordentliches Bashing gegen links ist einfacher als eine differenzierte Analyse. Ist das wirklich so leicht als Journalist*in?

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ich glaub, als "Othering" kann mensch auch den letzten Satz verstehen.

     

    Hab ich das richtig verstanden, dass es ein Problem ist, wenn Linke da wo sie leben erfolgreiche politische Arbeit leisten?

    Häh? Leistet das jetzt was für die Identität der Verfasserin, sich anders zu fühlen, als jemand, der nicht "othert" wie "die sozialen Medien", "die Echokammern des Netzes", "Autonome" und "Hipster", "Muttis und Papis".

     

    Ich meine, "Hipster" ist doch Othering. Das Wort sollte den Unterschied zwischen den "authentischen" und den "nicht-authentischen" deutlich machen, wobei man selbst (natürlich!) sich zu den "authentischen" zählt.

     

    Vielleicht sollte die Verfasserin selbst mal nach Grünau ziehen und dort versuchen, linke Politik zu machen. Ich hatte zur Jahrtausendwende genug davon, mich wie in meiner Jugend immer wieder irgendwo verstecken zu müssen, wenn der selbst ernannte "Nationale Widerstand" durchs Viertel marschiert.

     

    Sorry, dass ich da nicht mehr wohne, da hab ich mich wohl "geothert". Naja, ist vielleicht auch das Glück der späten Geburt, das sich da im Artikel äußert.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Ein "gallisches Dorf" ist keine Lösung des Problems, aber ein guter Ort zum L e b e n. Großen Respekt an alle, die trotz sächsischer Zustände in ihren Dörfern und Kleinstädten bleiben und dort den Verhältnissen ein politisiertes Leben abtrotzen. Aber ich kann auch niemandem einen Vorwurf machen, der (die) irgendwann mal genug davon hatte und nach Leipzig gezogen ist und dort den Süden oder die inner-westlichen Stadtteile gewählt hat und nicht Grünau oder Paunsdorf.

       

      Aber es gilt auch: Wäre die gesellschaftliche Linke in Leipzig überall gleich verteilt, gäbe es gar kein Mandat für Sören Pellmann, der m.E. weder die orthodoxe Linke, noch die Lafontaine-Linke vertritt.

  • *Gähn*

     

    Statt sich darüber zu freuen, dass die Linken es offensichtlich geschafft haben in Teilen der Stadt die Bürger gegen die Rechten zu mobilisieren und vielleicht zu fragen wie man das gemacht hat und ob man dieses auf andere rechte Hochburgen irgendwie übertragen kann, kommt nur das übliche Linken-Bashing. Ich wiederhole mich *GÄHN*

  • Es ist wirklich unglaublich, wie ernst viele Leute Comics nehmen und wie sehr sie sich mit Trickfilmfiguren identifizieren können, werte Nadja Mitzkat!

     

    Humor ist eben nicht nur, wenn man trotzdem lacht. Humor ist vor allem, wenn es was zu lachen gibt. Und zwar nicht nur für die, die einen Witz gezeichnet oder verfilmt und jedenfalls gemacht haben, sondern auch für die, die ihn sich ansehen oder anhören. Er ist sonst nämlich gar nicht zu verstehen, der Witz an einer Sache.

     

    Sehr traurig, das, wenn ich's genau bedenke. Und ja, Sie haben sehr wahrscheinlich recht: er Traum vom kleinen gallischen Dorf ist eher ein Problem als eine Lösung.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Die Verfasserin hat den Zusammenhang mit den Comicfiguren hergestellt. Das ist erst einmal ihre Weise, eine Geschichte zu erzählen.

       

      "Geothert" wird Connewitz zu allererst aus der Mitte der Gesellschaft.

       

      De Maiziere: "So etwas, was es in Connewitz in Leipzig gibt, kann man nicht hinnehmen. Wenn das einmal eingerissen ist, ist das nicht so leicht wieder zu lösen."

      „Es ist jetzt Aufgabe von Stadt, Polizei und Bürgern, Konzepte zu entwickeln, um konsequenter gegen diese Umtriebe vorzugehen. Dabei muss man sich überlegen, wie gewisse Bündelungen und Konzentrationen zerschlagen werden können.“

       

      "Unterstützung erhielt de Maizière von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), der zuletzt unter anderem städtebauliche Maßnahmen gefordert hatte, „um ein Abschotten eines Stadtteils wie Connewitz zu beenden und zu verhindern“."

      http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/De-Maiziere-will-Treffs-der-linken-Szene-in-Leipzig-Connewitz-schliessen

       

      Es gibt noch nicht einmal besetzte Häuser in Connewitz, wovon redet de Maiziere eigentlich? Von der Alternativen Wohnungsgenossenschaft Connewitz eG?

      Dem Roten Stern?

      Will er die politische Auseinandersetzung über das Ordnungsamt führen?

       

      Ulbig will anscheinend die Gentrifizierung einsetzen, um mittels hoher Mieten die Sozialstruktur radikal zu verändern. Die SPD und die CDU bekommen die meisten Spendengelder von der Immobilienbranche. Wohn-Genossenschaften machen auch dabei mit. Sie bauen hier keinerlei sozialadäquaten Wohnraum, nur für gehobene Einkommensverhältnisse.

       

      Wie Othering richtig aussieht:

      "Leipzigs Polizeichef über Connewitz: „Die Zeit des Redens muss vorbei sein“

       

      Die Zeit des Redens ist vorbei – jetzt muss endlich gehandelt werden. Das fordert Bernd Merbitz (61), der Chef des sächsischen Operativen Abwehrzentrums und Leipziger Polizeipräsident" http://www.lvz.de/Leipzig/Polizeiticker/Polizeiticker-Leipzig/Leipzigs-Polizeichef-ueber-Connewitz-Die-Zeit-des-Redens-muss-vorbei-sein

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        Das selbe, was Merbitz gesagt hat, dachten sich auch die mehr als 215 Neofaschisten, die im Januar 2016 während eines gleichzitigen LEGIDA-Aufmarsches in SA-Manier einen Connewitzer Straßenzug verwüsteten und sich dann beinahe widerstandslos von der Polizei festnehmen ließen.

         

        Dass es auch Connewitzer Idioten gab, die sich daraufhin noch mit der Polizei anlegen mussten, will ich nicht verschweigen, aber um dieses Problem zu lösen, muss mensch auch reden und dabei nicht die Sprache Merbitz' benutzen, der, wenn mensch ihn erst nimmt. nur noch vermittels des Knüppels zu kommunizieren gedenkt, ebenso wie die braunen Horden.

         

        Letztens erst habe ich wieder mit Angst zuhause gesesessen, weil nur wenige Meter entfernt Nazis durchs Viertel gefahren sind und selbstgebaute Explosivkörper rumgeworfen haben, einen auch auf die Straße, in der ich wohne. Die Sprengkörper wurden von der Polizei noch nicht mal als Beweismittel gesichert.

         

        Als die Crystal-Welle losging kamn ständig Abhängige nach Connewitz und auch ich wurde ständig danach gefragt, wo es C gibt. Das war für viele so und es wurde richtig nervttötend.

         

        Die Abhängigen kamen besonders gern in die "Stö" (Stockartstraße). Da hat dann die Polizei auch ein Meth-Labor hinprophezeit und ist mit 2 Hundertschaften angerückt. Ein bißchen Gras war der Erfolg.

        Dabei sind sie mit voller Kampfmontur und Maschinenpistolen mitten durch einen Kindergarten im Betrieb gestürmt. Hinterher haben die kleinen Kinder Verhaftung gespielt und sich mit erhobenen Händen und gespreizten Beinen an die Hauswand gestellt. Mit der Polizei haben die sich nicht identifiziert.

         

        Als Connewitzer*in wird mensch zu allererst von anderen "geothert". Ich hatte nie besondere Gefühle meinen Wohnort betreffend, aber je mehr gebasht wird, umso mehr fühle ich mich doch als Connewitzer.

        Die Verachtung, die sogar meiner Mutter (Lehrerin i.R. und Schrebergartenvorstand) entgegenschlägt, wenn sie sagt sie wohne in Connewitz - das sind sächsische Verhältnisse.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @85198 (Profil gelöscht):

          Wenn mich ein silbrig-blauer Mannschaftwagen 100 Meter zum Supermarkt im Schritttempo begleitet, nimmt mir das die Angst vor den Grafittis und dem Marijuana völlig.