Kolumne Leipziger Vielerlei: Zocken mit hohen Einsätzen

Durch die Woche mit drei unschönen Spieleklassikern: Leipziger Monopoly, afghanisches Roulette und mein rechter, rechter Platz ist frei.

Gefängnisfeld bei Monopoly

Nachdem die Wasserwerke Monopoly mit der örtlichen Infrastruktur spielten, wanderte deren Chef ins Gefängis Foto: ccPixs.com

Da hat Leipzig noch mal Glück gehabt. Beim Prozess um den wohl größten Finanzskandal in Leipzigs Geschichte hat die Stadt am Montag vor Gericht auch in der zweiten Instanz Recht bekommen und muss keine halbe Milliarde Euro an die Großbank UBS zahlen.

Es ist eine irre Geschichte: Der Chef der Leipziger Wasserwerke hatte sich vor mehr als zehn Jahren am sogenannten Cross-Border-Leasing beteiligt. Dabei wurden Klärwerke und das Trinkwassernetz der Stadt unter anderem an die USA und verkauft und dann zurückgeleast. Die Stadt sollte an den entstehenden Steuereinsparungen der US- Investoren beteiligt werden und ihre Infrastruktur Jahrzehnte später zurückkaufen – wiederum mit amerikanischen Krediten.

Stadtrat und Kommunalaufsicht segneten das internationale Monopoly ab, Wasserwerke-Chef Klaus Heininger zockte weiter. Dann kam die Finanzkrise und mit ihr die Kreditausfälle, und Heininger versuchte zu verschleiern, was er angerichtet hatte. Ohne Erfolg: Er kam für mehr als drei Jahre ins Gefängnis. Die Stadt musste sich nun beinahe genauso lang wie er mit den Folgen herumschlagen, denn die Bank forderte ihr Geld zurück, plus Zinsausfälle. Und es steht eine dritte Runde an: UBS will wieder in Berufung gehen.

Während Geld eher selten Grenzen kennt, gelten diese für Menschen umso härter: Der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan vom Flughafen Leipzig-Halle soll am kommenden Dienstag stattfinden. Zuletzt war ein solches Flugzeug vor vier Wochen vom Leipziger Abschiebe-Drehkreuz nach Kabul gestartet.

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Noch am Dienstag sind dort wieder bei Anschlägen der Taliban 71 Menschen ums Leben gekommen, die Abschiebungen dorthin könnte man also auch afghanisches Roulette nennen. Die Leipziger Linke plant Proteste gegen die Abschiebung. Zustimmung kann die Sammelabschiebung dafür aber von dem erwarten, der als Sachsens neuer Ministerpräsident gehandelt wird. Nach dem Rücktritt von Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) heißt es jetzt „Mein rechter, rechter Platz ist frei“.

Übernehmen soll Parteikollege Michael Kretschmer. Der hat zwar gerade seinen Wahlkreis Görlitz bei der Bundestagswahl an die AfD verloren – aber sicher nicht, weil er als besonders flüchtlingsfreundlich gilt. Kretschmer würde nämlich auch am liebsten minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge abschieben, sagte er der Welt – wegen der hohen Kosten, die sie verursachen.

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Helke Ellersiek, Jahrgang 1994, studiert Politikwissenschaft in Leipzig und schreibt seit 2015 für die taz, zunächst als NRW-Korrespondentin und später im Team der taz.Leipzig. Seit 2017 berichtet sie für verschiedene Medien aus Ostdeutschland.

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