Kolumne Leipziger Vielerlei: Kitawahnsinn und Sachsenstolz
Durch die Woche in Leipzig mit verzweifelten Eltern, stolzen Sachsen und einer geglückten Terrorübung am Hauptbahnhof.
S achsen hat deutschlandweit die zweitbeste Kleinkindbetreuung – nur 5,6 Prozent der Kinder unter drei Jahren, deren Eltern eine Krippenplatz wollten, standen 2016 mit leeren Händen da. Das sind etwas über 6.000 Kinder – hat das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ausgerechnet.
Leipzig scheint damit aber nichts am Hut zu haben. Mitte Mai standen etwa 450 Menschen in der Südvorstadt an, um ihre Kinder für eine Kita anzumelden, die es noch gar nicht gibt. Noch wird gebaut und erst im August soll sie öffnen. Vierhundertfünfzig Menschen. Schlimmer als eine Berliner Wohnungsbesichtigung. Die Polizei musste kommen, damit der Verkehr normal weiterlaufen konnte. Aber super, dass Sachsen so eine gute Kleinkindbetreuung hat.
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de
Meistens hält Leipzig ja als Positivbeispiel für das schlimme Sachsen her – da kann es auch mal Buhmann sein. Schlimm sieht es für Sachsen nämlich auch in einer neuen Studie aus. Es geht um Rechtsextremismus und dabei kommt Sachsen bekanntlich nie gut weg; auch in diesem Fall nicht. Vor allem die Politik wird von den Wissenschaftlern harsch kritisiert – insbesondere CDU-Politiker würden Probleme „mit Sachsenstolz übertünchen“.
Ob Leipzig so stolz darauf ist, in letzter Zeit immer wieder Unterschlupfort von Terrorverdächtigen gewesen zu sein? Angefangen hat es im Oktober vergangenen Jahres, als sich Jaber al-Bakr in seiner Zelle in der Leipziger Justizvollzugsanstalt erhängt hat. Weiter ging es mit Festnahmen zweier mutmaßlicher Terroristen und der bundesweiten Anti-Terror-Razzia am 10. Mai, bei der auch Leipziger Wohnungen durchsucht wurden.
Und war da nicht letztens noch ein Großeinsatz am Hauptbahnhof? So viel Polizei und Feuerwehr, bestimmt an die 500 Menschen? Beamte aus ganz Deutschland spielten das Geschehen nach einem Selbstmordattentat durch. Die Bilanz war positiv: Wenigstens etwas, worauf wir hier stolz sein können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung