Kolumne Leipziger Vielerlei: Was für ein Heimspiel
Über ein neueröffnetes Museum, ein Abwehrzentrum, die schönste Innenstadt Deutschlands und eine heimatsuchende AfD-Chefin.
W arum eigentlich, das wird man ja wohl noch fragen dürfen, wohnt die AfD-Vorsitzende Frauke Petry in Leipzig? Und damit ausgerechnet in der Stadt, die nach Berlin und Hamburg die wohl stärkste linke Szene im Land beherbergt. Die gerade neue Gast- und Patenschaftsfamilien für Geflüchtete sucht und nach mehrmonatigem Umbau das Museum Zum Arabischen Coffee Baum in der Kleinen Fleischergasse wiedereröffnet hat. All das können ja keine Gründe für Frauke Petry sein, in der Stadt bleiben zu wollen.
Nun gut, schön ist Leipzig allemal, das wird auch Petry aufgefallen sein. Sogar zur schönsten in ganz Deutschland wurde die Innenstadt nun in einer Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung gekürt. Wunderschön, mag sein. Aber, wenn nicht gerade Weihnachtsmarkt ist, auch ziemlich menschenleer, weil sich eben vieles im hippen urbanen Untergrund abspielt. Vielleicht macht gerade diese Nichtanwesenheit von Leuten die Stadt so ansehnlich. Doch die erklärte Menschenfreundin Frauke Petry dürfte ja auch das kaum überzeugen.
Zu allem Überfluss will die sächsische Landesregierung jetzt auch noch das geplante Abwehrzentrum für Terrorismus und Extremismus in Leipzig aufbauen. Offiziell sei das Zentrum eine Konsequenz aus den Pannen bei dem Einsatz gegen den mutmaßlichen IS-Terroristen Jaber Al-Bakr. Jaja, wer’s glaubt. Die Luft für Frauke Petry in Leipzig wird eindeutig dünner; soll sie sich doch endlich mit ihrem Göttergatten Marcus Pretzell ins biedere Bielefeld zurückziehen. Wäre ja, wie man hört, ohnehin keine so schlechte Idee, sollten beide weiterhin politische Ambitionen verfolgen.
Und Frauke Petry hat genau die ja jüngst bestärkt, sie führt die Landesliste der AfD für die Bundestagswahl im September an. Für ein Direktmandat kandidiert sie allerdings nicht in Leipzig, sondern für den Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Ideologisch dürfte das natürlich das wahre Heimspiel werden.
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