Kolumne Laufen: Der kleine Dicke ist zurück
Ein paar gute Tipps für Ailtons Rückkehr in die 6. Fußball-Liga. Erstens: Langsam gehen!
L etzte Woche gab es eine echte Sensationsmeldung aus dem Läuferlager. "Ailton kehrt zurück." Erinnern sie sich noch? Ailton Josè Almeida, der kleine, dicke Stürmer. Tolle Sprüche, lauffaul, aber Torschützenkönig in der Bundesliga. Es ist natürlich keine Sensation, dass dieser Ailton im kommenden Jahr wieder in Deutschland kicken soll. Im Transferdschungel des globalen Fußballs wurde er eben mal wieder nach Deutschland verscherbelt. Auch keine Sensation ist es, dass es bei ihm nicht für die Bundesliga gereicht hat. Er wird für den KFC Uerdingen spielen, in der 6. Liga.
Stolze 150.000 Euro soll Ailton pro Jahr bekommen. Wäre er ein Leichtathlet, ja dann, wäre allein ein solches Jahressalär eine Sensation, aber im Fußball? Deutsche Leichtathleten mit internationaler Perspektive auf Medaillen, kann man schon für 6.000 Euro im Jahr verpflichten. Aber das nur am Rande. Die Sensation für mich ist die Aussage der Neuverpflichtung von Uerdingen. "Bis Januar werde ich ein wenig laufen." Was? Der vollschlanke Brasilianer? Laufen?
Als tazzwei-Laufexperte muss ich den Stürmer warnen. Der beste Einstieg für Untrainierte, wieder mit dem Sport zu beginnen ist zunächst: das Gehen. Dann, nach einigen Wochen der Gewöhnung, und um eine Art Ganzkörpertraining zu gewährleisten, kommt Nordic Walking. Und erst dann, nach weiteren mühsamen Wochen des täglichen Übens, oder sollte ich bei dir, lieber Ailton, sagen: "der täglichen Überwindung" - erst dann kannst du mit dem Laufen beginnen.
Dieter Baumann (42) ist mehrfacher Olympiasieger in verschiedenen Laufdisziplinen, arbeitet als Motivationstrainer und Autor. Er träumt davon, ein "Lebensläufer" zu sein, für den der Weg immer wichtiger bleibt als das Ziel.
Immer eine Minute laufen, dann Gehpause. Aber das kennst du ja noch vom Fußballplatz. Apropos Fußballplatz: Auch beim VfB Stuttgart gab es eine Rückbesinnung auf die Wurzeln des Sports: laufen. Der jetzt geschasste Trainer Markus Babbel wollte die Gangart im Training verschärfen. Das Auslaufen nach dem Spiel sollte für alle zur Pflicht werden. Gibt es im Fußball noch andere Gangarten außer Laufen? Was haben die Jungs denn vorher gemacht?
Auch Torwart Jens Lehmann sollte zum Auslaufen erscheinen. Zum ersten Mal in dieser Saison. Warum denn erst jetzt, frage ich mich? Mit 40 Jahren? Ein Laufeinstieg in diesem Alter kann dauern, sage ich nur und verweise auf meine erfolgreichen Laufeinsteigerkurse: der richte Laufeinstieg über 40. Sehr wahrscheinlich hängt die Drohung von Babbel, "Lehmann laufen zu lassen", mit seinem Rauswurf zusammen. Jens Lehmann und laufen, das konnte sich der Torwart nicht einmal selbst vorstellen.
Wenn die Spieler schon nicht auf dem Platz zu den Wurzeln des Sports zurückkehren wollen (laufen) - auf der VIP-Tribüne tat man beim Spiel am Samstag gegen Bochum wirklich alles für den Sieg. Ein Sponsor servierte sogar eigens angereicherte "power Spätzle". Der grundsätzliche Fehler war: nicht für die Spieler, sondern für die VIPs.
Es wäre tatsächlich so einfach gewesen: "power Spätzle" mit Soße für die Spieler - und Babbel wäre heute noch Trainer in Stuttgart. Apropos VfB-VIP-Tribüne. Die "power Spätzle" verteilte der deutsche Spitzenläufer Filmon Ghirmai höchst selbst. In der neuen Trainerstruktur bei den Stuttgartern darf ein Laufexperte keinesfalls fehlen. Und wahrscheinlich wäre das Gehalt eines Laufexperten Ghirmai beim Fußball um ein Vielfaches höher als das des deutschen Spitzenathleten Ghirmai (siehe Gehälter 6. Liga)
Ach ja, 6. Liga: Liebe Filmon Ghirmai, schickt doch dem Brasilianer Ailton eine Packung "power Spätzle" nach Uerdingen. Dann kann er unter Umständen die erste Vorstufe zum Laufen - das Gehen - überspringen und darf sofort mit Nordic Walking beginnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ministerpräsident in Thüringen gewählt
Mario Voigt schafft es im ersten Versuch
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“