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Kolumne KonservativLeb wohl, taz!

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Unser Autor mag die taz immer noch sehr. Aber irgendwie anders als früher. Deshalb macht er jetzt Schluss.

Abschied Bild: dpa

L iebe taz,

das Folgende zu schreiben fällt mir nicht leicht. Immerhin sind wir seit fast zehn Jahren zusammen, und in dieser Zeit bist Du sehr wichtig für mich geworden. Aus einer Affäre wurde eine feste Beziehung. Ich habe viel von Dir gelernt. Aber Du ahnst schon, was ich zu sagen versuche. Du bist zu gut für mich.

Niemand ist wie Du, bitte vergiss das nie. Du lässt fast jede Meinung gelten, so lange sie vor Redaktionsschluss verfasst ist. Du streitest gern, aber verzeihst auch. Du engagierst Dich für die Durchsetzung des Grundsatzes, dass Menschen in Rechten und Pflichten gleich sind - und bist selbst einzigartig. Und sicher werde ich auch irgendwann verstehen, warum ich Dich eines Morgens besuchte, und an der Haustür empfingst Du mich mit einem Penistattoo.

Nein, liebe taz, es liegt allein an mir. Ich muss jetzt einfach alleine sein. Dich mag ich noch immer sehr, aber irgendwie anders als früher. Unsere Beziehung ist damit nicht vorbei, im Gegenteil. Sie ist solide. Sogar so solide, dass ich finde, wir sollten auch andere Leute treffen. Man muss es ja nicht übertreiben mit dem Alleinsein.

Es liegt nicht an Dir. Du bist die schönste taz, die es gibt. Ich weiß, Du findest Dich zu laut und zu leise. Zu alt und zu jung. Zu naiv und zu abgebrüht. Zu nett und zu rabiat. Zu arm und zu luxuriös. Zu gleichförmig und zu konfus. Zu vertrauensselig und zu autoritär. Zu dünn und zu dick und gemütlich. Aber ich versichere Dir: Du bist das alles gleichzeitig.

Andere würden Dir deshalb eine dissoziative Identitätsstörung bescheinigen. So etwas, liebe taz, würde ich nie tun. Man weiß ja, wie unberechenbar gespaltene Persönlichkeiten sind.

Wir haben es einander nicht immer leicht gemacht. Ich lag Dir in den Ohren mit Geschichten über alle Parteien, die nicht bei drei auf den Bäumen waren. Nach der Bundestagswahl urteilten mit Dir befreundete Twitterer, ich hätte Grüne und Piraten erfolgreich kaputt geschrieben. Das war natürlich arg verkürzt. Ich berichtete auch über die FDP.

Viereinhalb Jahre lang schrieb ich Dir in dieser Kolumne, was ich über Männer wusste. Falls Du weitere Fragen zu Männern und Frauen hast: Alles Nötige steht in den Büchern „Milde Kerle“ und „Der Film-Verführer“. Sie sind wirklich sehr gut, denn sie stammen von mir. Später behandelte die Kolumne, was heute konservativ ist. Dies, liebe taz, wird meine letzte Glosse sein. Unsere beiden Racker „Männer“ und „Konservativ“ werden mir fehlen. Ich sähe gern, wie sie sich entwickeln. Es gäbe noch so vieles über sie zu schreiben. Gerade jetzt, wo beide ein gemeinsames Hobby gefunden haben. Bitte halte mich deshalb auf dem Laufenden über die AfD.

Liebe taz, Du musst mich jetzt gehen lassen. Wir sind beide in der zweiten Hälfte unserer Dreißiger. Ich möchte wachsen und dazulernen. Ich werde nicht jünger, obwohl ich das häufig höre, wenn auch seit einiger Zeit nur noch von diesem älteren Herrn im Spiegel.

Ich hoffe, wir können Facebook-Freunde bleiben. Ich glaube nicht, dass ich ohne Dich leben kann, aber ab heute versuche ich es einfach mal.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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14 Kommentare

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  • Verstehe ich den Text richtig, Herr Lohre verlässt die taz? Sollte das wirklich so sein, fände ich das sehr schade, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass es nach zehn Jahren Seit' an Seit' Zeit für etwas Neues wird. Meinen Dank für die nachdenklichen Einblicke in das Männer-Universum, verbunden mit dem Wunsch, Herr Lohre möge der taz als Gastautor erhalten bleiben. Cheerio!

  • Konservativ? Verstehe! Irgendwann muss man ja auch mal richtiges Geld verdienen.

    • @Rainer B.:

      Du - sorry - denkst aber auch nur immer

      an das eine;•)

       

      …ok - mit nem Dildo an der Tür

      begann ja alles - wolln mal nich so sein

      kurz - was ein gelungener

      Jahresausklang -

       

      Mitten in den Dreizigern sich schon als

      Alten Herrn wähnen - da schau her -

      Kenn ich sonst nur von Verbindungsstudenten

      - ok, die bleiben heute ja sicherlich auch

      über Fakebook in Kontakt ~> paßt schon

      Man sieht sich - un ich schau mal

      wieder vorbei ~>

      Heißt nich nur op jot kölsch - jarnischt;

      &das - soll das Ganze wohl auch heißen*~*

      • @Lowandorder:

        Was war jetzt nochmal "Thema Nr. 1"?

        Ich hab's schon wieder vergessen.

        • @Rainer B.:

          By by - blackbird

          • @Lowandorder:

            Ahh jahh - genau, ich erinnere mich wieder. "Kisses on the bottom" von Paul McCartney und der letzte Tatort mit Manfred Krug und Charles Brauer. Ray Henderson und John Coltrane waren zu der Zeit ja schon tot. Insofern kann man auch nicht von "Straftaten" im engeren Sinne sprechen.

            • @Rainer B.:

              nö - 1957/58 - war Sitzenbleiben

              inne Quarta -

              auch noch keine Straftat -

              enger/weiter - egal

              (&trumpet - trane - kam was später;

              • @Lowandorder:

                Als Lohre kam, waren beide jedenfalls schon perdu.

                Auch wenn Trane unter Kollegen wegen seiner Vergesslichkeit verhasst war, liebte man sein geniales Saxofonspiel über alles. Trompete mag er auch gespielt haben, aber wohl nur Silvester.

                Nachdem er drogeninduziert mehrfach Auftritte fast vergessen hatte und ihm ein Rausschmiß drohte, legte er sich vor dem ultimativen Auftritt unter der Bühne zum Schlafen, um auch ja pünktlich da zu sein. Die angesäuerte Band, die verzweifelt auf ihren Saxofonisten wartete, hatte schon eine Weile gespielt, als Coltrane plötzlich unter der Bühne hervorgekrabbelt kam und mit einem seiner unerreichten Soli das Publikum in den Bann schlug. Die Meute tobte vor Begeisterung und hielt das Ganze für einen geplanten Gag, was ihm vorerst den Arsch rettete.

                • @Rainer B.:

                  Alder - ohne Zanke - trumpet mit 17ff

                  bis heute (&all that blech&holzffl)

                  Miles - war bei dem gemeinten … blackbird vorne mit Trane;

                  &Vergesslichkeit¿ - Bird! - chlor?!!

                  Es gibt wohl kein alto - connkingselmer -

                  ut denn tid -

                  Das Bird nicht mal irgendwo hat

                  liegen lassen -

                  (Cortázar Der Verfolger -;)

                   

                  Aber -

                  Sorry in jener Sorte Jugendkultur hier ->

                  Rainer B. geb er - da gern denn Lohrer -

                  Gerne - Kisses on the Bottom - et al

                  21.Jhdt..*~*

                  • @Lowandorder:

                    Damit wir uns bloß nich vertüdeln.

                    Bye-Bye-Blackbird-Composer war Ray Henderson 1926.

                    Der Text kam von Mort Dixon und die erste Aufnahme davon kam 1926 mit Gene Austin auf den Markt.

                    Miles und Coltrane haben in den späten 50ern dann erstmals richtige Musik daraus gemacht. Spätere Versionen waren leider nur mehr oder weniger kultivierte Langeweile - aber man weiß ja nie, was noch kommt. Wenn ich mir die jungen Jazzer in Hamburg so anhöre (Anna-Lena Schnabel, Adrian Hanack, Sebastian Gille, Benny Brown, um nur einige Granaten mit Namen zu nennen) bin ich überaus zuversichtlich.

                    • @Rainer B.:

                      ;) nee nee - nix mit Rasseln mitn

                      Dassel annen Kanntsteen*~*

                      &Das ist auch für einen freeplayer

                      fein zu hören;

                      Als der 65/66 inne Kark - 60km querab -

                      W.C.Handy St.James Infirmery Blues

                      spielte - meinte der 1.Posaunist

                      NDR-Bigband -

                      Entweder du hörst sofort auf,

                      oder du gehst nach hause;)

                      Der Grazer Dieter Glawischnik -

                      Fluppe aufm Zahn -

                      in den 90ern dazu in der Bockshaut(DA) -

                      Ja, das war ein ziemlicher Komisskopp!

                      &Jazz konnte mangarfrau damals am Konservatorium noch alllang

                      nich studieren;

                      • @Lowandorder:

                        An Glawischnig kommt man in Hamburg nunmal nicht vorbei. Er hat die Strukturen für eine überaus fruchtbare Zusammenarbeit zwischen NDR-Bigband und Hochschule gelegt. Ich sach nur: "Bloß nich so viel üben!

                        Und die Jungs und Mädels haben das verstanden und spielen, was das Zeug hält, ob im Hafenbahnhof, im Birdland, im Golem, im Brückenstern, im Live Club, in der Cascadas Bar und und und ...es ist eine reine Freude.

          • @Lowandorder:

            …e…e…*~*

  • also dass die piraten kaputt sind wird doch immer nur behauptet.

    die treffen sich zumindest hier in neukölln sehr regelmäßig. ich beobachte das immer beim pool spielen. da sitzen sie dann mit ihren tabletts, ganz schön viel bier und sind am diskutieren.

    2 bis 3 prozent stammwählerschafft reichen doch um regelmäßige einnahmen zu erzielen. das ermöglicht mehr bezahlte, professionell besetzte posten. in der folge vllt eine zunehmend stabile führung?

    was das kaputt schreiben betrifft: gibt es schlechte werbung? ich sage nein. hauptsache die leute reden drüber. über cdu, spd, grüne etc. weis das volk doch auch absolut gar nix positives zu berichten.

    naja. whatever. cya 3pH