Kolumne Knoblauchzone #8: Vom Teufelswerk befreit

Mit der Rückkehr der Inquisition hätte die katholische Kirche in Kroatien wohl weniger Schwierigkeiten als mit dem EU-Beitritt.

Ob er auch bei der Teufelsaustreibung hilft? Bild: photocase

ZAGREB taz | Noch wenige Tage bis Europa, aber die katholische Kirche in Kroatien lässt keine Gelegenheit aus, der Welt und den aufmüpfigen Kroaten zu zeigen, dass sie mit der Renaissance der Inquisition wohl weniger Schwierigkeiten hätte als mit dem EU-Beitritt.

Vor ein paar Tagen erst stürmte Pfarrer Franjo Jurcevic die Kapelle Svete Trojice in der istrischen Stadt Kastav, um sie von Teufelswerk zu befreien. Während des von der Stadt ausgerichteten Kultursommers waren dort Nacktporträts aufgehängt worden. Die Kapelle von Kastav sei nicht die Sixtinische Kapelle und diese kroatischen Künstler seien nicht Michelangelo, wetterte Jurcevic und setzte die Gemälde vor die Tür. „Sollen die doch einen Ort suchen, an dem Bordell dran steht.“

Don Franjo ist eben straight. Das geht so weit, dass er, der kroatische Besenfeger und Blogger, sogar serbischen Hooligans, die die Gay-Pride in Belgrad gewalttätig angreifen, seine Unterstützung ausspricht.

In der Zagreber Kathedrale hat man solche Probleme nicht. Im Gegensatz zur Kapelle von Kastav ist die Kathedrale noch in sakralen Händen. Und die haben da ihre eigene Ausstellung aufgebaut. Im Altarraum liegt der Zagreber Erzbischof Aloizjie Stepinac einbalsamiert. Der selige Bischof hatte seinerzeit die faschistische Ustasa-Regierung darum geben, bei der Anwendung der antijüdischen und antiserbischen Gesetzgebung doch auf die Menschenwürde zu achten.

Um ihn herum, in allen Ecken und an allen Wänden kroatische Wappen und kroatische Fahnen, Gedenksteine für allerlei Markgrafen, Ritter und Militärs, die sich seit dem Mittelalter als „Helden“ für die „Freiheit Kroatiens“ oder die „Unabhängigkeit des kroatischen Staates“ geopfert hätten. „Epitaphien an bedeutende Persönlichkeiten der kroatischen Geschichte“ wird diese Dauerausstellung in der Kathedrale genannt.

„Bordell der Krieger“ heißt ein hervorragender Essay des serbischen Kulturanthropologen Ivan Colovic, in dem es um das terroristische Potenzial nationalistischer Diskurse im Namen der serbischen und kroatischen Kultur geht. Und wie in einem solchen Bordell der Krieger fühlt man sich in der Zagreber Kathedrale auch.

Der bedeutendste kroatische Kirchbau kann damit wohl getrost als so einmalig wie die Sixtinische Kapelle betrachtet werden, aber eben in der kroatischen Variante. Wenn hier die Kirchenglocken klingeln, kann man sich sicher sein, es wird zum Krieg geläutet.

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Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.

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