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Kolumne Immer BereitGlotz nicht so!

Es ist nicht meine Aufgabe, jedermanns Neugier zu befriedigen. Ich bin kein Anschauungsmaterial. Ich bin Lea Streisand, und ich habe einen Gehfehler.​

Füße sind zum Laufen da, oder zum Baumeln, oder für sonst was. Foto: dpa

E inmal habe ich einen Shitstorm ausgelöst. Es war Sommer und warm draußen und ich schrieb in mein Facebook: „Dem nächsten Kind, das mich völlig Fremde auf offener Straße anquatscht: ‚Ey, warum läufst’n du so komisch?’, werde ich antworten: ‚Ja, weißt du, es ist schon viele Jahre her, ich war genauso alt wie du, da hab ich eine Frau, die auch so lief, dasselbe gefragt und ZACK! war es passiert.“

Was dann geschah, war interessant. Ich dachte, ich hätte einen guten Witz gemacht, der mir viele Daumen bei Facebook einbringen würde. Pustekuchen!

Geschimpft wurde: Das kannst du doch nicht machen! Die Neugier eines Kindes sollte nicht bestraft werden! Du hast hier die Möglichkeit, wertvolle Aufklärungsarbeit zu leisten, du solltest sie nutzen, statt mit solchem Verhalten Vorurteile zu schüren. Es sind Kinder, reg dich nicht so auf!

Ich war ehrlich erschüttert. Die einzigen, die auf „Gefällt mir“ klickten, waren Leute, die selbst eine Behinderung haben. Oder echte Freunde.

Das Kind steht da und starrt

Jetzt ist wieder Sommer und ich muss oft daran denken. Ich meine, stellen Sie sich mal vor, es ist Nachmittag. Sie sind auf dem Weg nach Hause. Es ist warm. Sie tragen kurze Hosen oder ein kurzes Kleid. Luft weht um die Beine. Als Sie am Gemüseladen vorbei kommen, beschließen Sie noch ein paar Äpfel einzukaufen. Sie wollen mit dem Obst im Arm in den Laden, da versperrt ihnen ein Kind den Weg, ungefähr zehn Jahre alt. Das Kind steht da und starrt auf Ihre Beine. Unverhohlen. Es kommt überhaupt nicht auf die Idee, Ihnen ins Gesicht zu sehen, was eine Kommunikation zwischen Ihnen und dem Kind möglich machen würde. Für dieses Kind haben Sie kein Gesicht. Sie sind einfach nur ein Bein, das ein bisschen dünner ist als das andere und dessen Fuß in einem Schuh steckt, der einen etwas höheren Absatz hat. Na, wie fühlt sich das an?

Ich fühle mich furchtbar in solchen Momenten. Es verletzt mich. Weil es mich entindividualisiert, weil mich dieses Anstarren reduziert auf meine Andersartigkeit, auf den Fehler, auf das „nicht Normale“.

Ich habe 30 Jahre gebraucht, um mich zu trauen, meine Beine zu zeigen. Ich möchte nicht auf diese Beine reduziert werden, auch nicht von Kindern. Das beste Mittel, um auf Starrattacken zu reagieren, ist, zurückzustarren. Das habe ich in der Grundschule gelernt. Wenn wir mit der Körperbehindertenschule Wandertag hatten, fielen den Leuten fast die Augen aus dem Kopf. Irgendwann entwickelten wir ein Kommando, auf das wir alle zurück starrten. Das funktionierte. Die Starrer fühlten sich ertappt und wandten den Blick ab. Wir wurden in ihren Augen wieder zu Individuen.

Meine Behinderung ist ein Teil von mir. Ich bin nicht stolz auf sie. Ich definiere mich nicht über sie. Und ich möchte nicht über sie definiert werden. Zu dem starrenden Kind habe ich das gesagt, was ich zu allen Starrern sage: „Hey, hör auf zu glotzen! Is unhöflich!“

Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin es gewohnt, dass Leute mich fragen, warum ich so laufe wie ich laufe. Wenn Leute mich kennen lernen, kommt die Frage so sicher wie das „Heißt du wirklich so?“ und ich antworte geduldig: „Ja, ich heiße wirklich so. Ja, wir sind mit Barbra verwandt, aber sie weiß nichts davon. Meine Behinderung heißt Infantile Zerebralparese. Passiert durch Sauerstoffmangel bei der Geburt. Hat nichts mit Genetik zu tun.“

Der springende Punkt ist, dass die Leute mich kennen. Ich habe jahrelang Theaterkurse an einer Grundschule gegeben. Die Frage kam in jeder Klasse. Natürlich habe ich sie geduldig beantwortet. Aber es ist nicht meine Aufgabe, jedermanns Neugier zu befriedigen. Ich bin kein Anschauungsmaterial. Ich bin Lea Streisand, 36, Schriftstellerin, und ich habe einen Gehfehler.

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Lea Streisand
Autorin
Schriftstellerin + NEU Herausgeberin von "Sind Antisemitisten anwesend? - Satiren, Geschichten und Cartoons gegen Judenhass" (Satyr Verlag 2024) => BUCHPREMIERE am 30.9.24 im Pfefferberg Theater Berlin. Kolumnen montags bei Radio Eins.
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35 Kommentare

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  • "...es geht (...) um Dinge, die wirklich auffällig sind" - das ist für mich ein Anlass, umzudenken: Ist es wirklich so? Mir sind vorhin so viele Menschen begegnet, die alle irgendwie als "auffällig" bezeichnet werden könnten. Dann, wenn man sich auf ebenjenes bestimmte Merkmal konzentriert.

     

    Aber kein Mensch hat sich nach im Rolli fahrenden, nicht-sehenden oder die Gebärdensprache benutzenden Passanten umgedreht oder sie auch nur irgendwie als "auffällig" betrachtet.

     

    Der Betroffene jedoch, der sich selbst womöglich schon als "anders" wahrnimmt (vielleicht auch aufgrund schlechter Erfahrungen mit den Mitmenschen, die ich gar nicht leugnen will!), der wird bei einem Blick eher dazu neigen, anzunehmen, dass sich dieser Blick genau auf dieses Merkmal bezieht.

     

    Da ich selbst auch nicht der Norm (was auch immer das sei) entspreche, weiß auch ich, wovon ich rede. Dann ist die Frage, wie man damit umgeht, erstens bestimmt auch mal "angestarrt" zu werden und sich zweitens ohnehin schon besonders verletzlich zu fühlen.

     

    Die Lösung kann m.E. jedoch nicht darin liegen, von Kindern zu erwarten, sie mögen sich - bitte schön - fehlerlos verhalten. Und tun sie dies nicht, wird man pampig und aggressiv und erwartet, dass dies als besonders "witzig" (s.o.) beklatscht wird.

     

    Hilfreicher wäre eher, mal das eigene Verhalten (ändern kann man die Anderen sowieso nicht, selbst wenn man noch so aggressiv ist...) anzuschauen und zu gucken, welche Erwartungen man selbst an den Anderen (vgl. Wiedergutmachung im Sinne von: "Mir geht's nicht gut, also sei gefälligst lieb zu mir") hat und auch zu überlegen, ob man selbst nicht auch schon mal geguckt hat, wo es nichts zu gucken gibt.

     

    In einem anderen Kommentar ist es hier bereits nachzulesen: Wer weiß schon, was in dem betreffenden Kind wirklich vorging? Aber klar, das interessiert nicht.

    • @YvonneD:

      "Blick","betrachtet","umgedreht" ist alles kein Anstarren. Die Sekunde die der Blick länger auf einem 'Behinderten' verweilt, kann schon reichen. Das wiederholt sich dann einige Male und wir landen bei dem Problem was hier wegdiskutiert werden soll, wird nicht funktionieren.

       

      Ich stimme allerdings zu, daß das Kind nicht Teil des Problems ist und noch nicht Erwachsene ein unbedingtes Recht auf Starren haben. Verbale Brutalität ist da nicht hilfreich.

  • "Und erzählen Sie mir bitte nichts über Erziehung. Denn da kenne ich mich besser aus als Sie".

    Das kann ja rein logisch nicht richtig sein, da Sie nicht wissen können, ob Sie sich besser auskennen. Sie können es allenfalls vermuten.

     

    Diese Vermutung lasse ich Ihnen gerne; es beweist allerdings die Unsachlichkeit Ihrer Argumentationsweise.

     

    Daher halte ich es auch nicht für zielführend, auf weitere gesammelte Vorurteile Ihrerseits einzugehen.

     

    In diesem Sinne: Fröhliches Weiterprojizieren! Prost!

  • Like *tumbs up*

  • Gleich vorneweg - wer nicht angestarrt wird, kann es vermutlich einfach nicht nachvollziehen wie es ist, jeden einzelnen Tag unter Beobachtung zu stehen.

    Menschen mit Behinderungen haben auch Tage mit schlechter Laune, und da ist man dann schnell mal genervt.

     

    Mir fehlt ein Arm. Ich trage eine Prothese zum Fahrradfahren, ein hässliches, auffälliges Teil, dennoch bin ich sehr dankbar. Habe auch fast 30 Jahre gebraucht, bis ich in ärmellosen Shirts rumgelaufen bin.

     

    Auf dem Hinweg zur Arbeit nehme ich das Fahrrad ein ganzes Stück in der S-Bahn mit.

    Im Winter, mit Jacke, fällt den meisten erst etwas auf, wenn ich das Fahrrad etwas unbeholfen an den anderen vorbei aus der Bahn heraus bugsiere.

     

    Im Sommer fällt es fast jedem auf. (Ironischerweise nur denen nicht, die ohne Gepäck oder sonstige sperrige Dinge im Fahrradabteil sitzen und nicht im Traum daran denken den Platz zu wechseln. Gleichzeitig mich selbst und das Fahrrad festhalten ist schwierig, da freue ich mich über einen Sitzplatz.)

     

    Im Sommer vergeht kein Tag, ohne angestarrt zu werden. Kinder bekommen von mir ein Lächeln, wenn ich keinen ganz schlechten Tag habe. Aber ansonsten möchte ich bitte einfach mal in Ruhe mein Buch lesen.

    Die Leute starren mit offenem Mund, manche gucken mich mitleidig an.

    Manche Leute raffen nicht, dass ich etwas mehr Platz und etwas mehr Vorlauf brauche, um es an der nächsten Station aus der S-Bahn zu schaffen, andere (selten) reissen mir förmlich das Fahrrad aus der Hand und tragen es mir aus der S-Bahn.

    Ja, mit den unterschiedlichen Reaktionen muss man umgehen; man kann den wenigsten auch einen Vorwurf machen. Ich selbst bin ja uch unsicher, wenn ich Menschen mit anderen Behinderungen begegne.

     

    Aber wenn man jemand ist, der nicht gerne oder zumindest nicht so oft im Mittelpunkt stehen mag, ist das eben eine tägliche Belastung.

     

    Also wenn du, liebe/r LeserIn, demnächst jemanden aus Versehen anstarrst, versuch es einfach mal mit einem Lächeln.

    • @risikofaktor:

      Mir fällt bei Ihrer Beschreibung die gleiche Unlogik auf, die auch die Autorin des Textes abgibt:

       

      Woher wissen Sie eigentlich, ob Sie angestarrt werden, wenn Sie nicht selber starren?

      Ich persönlich würde das wahrscheinlich gar nicht bemerken.

      • @Age Krüger:

        Wie ich eingangs sagte, muss man es wohl selbst öfter erleben. Noch nie aus dem Augenwinkel bemerkt, wie jemand dich fixiert?

         

        Es gibt auch Freunde, die sagen, wenn sie mit mir unterwegs sind, merken sie, wie manche Leute mich anstarren, die ich selbst gar nicht bemerkt habe. Ich bin also sogar schon "abgestumpft".

      • @Age Krüger:

        Am besten lesen Sie den Artikel noch mal. Vielleicht verstehen Sie dann, wie die Autorin das Anstarren mitbekommen hat. "Starren" ist im übrigen kein Synonym für "hinschauen" oder "sehen". Aber so wie Sie nichts verstehen, schauen Sie vermutlich auch nirgendwo hin und sehen auch nichts. Muss ein Mensch Sie erst treten, damit Sie sie ihn bemerken, oder wie?

    • @risikofaktor:

      Mir fällt in dieser Diskussion so eine - wie ich meine - künstliche Zweiteilung auf: dort die starrenden "Gesunden" (=die Bösen) und hier die angestarrten "Auffälligen" (=die Guten). Dass das der Realität entspricht, glaube ich nicht. Viele Menschen leiden z.B. an einer Dysmorphophobie und sind sich sicher, wegen ihrer "zu großen Nase" usw. angestarrt zu werden, oder sie finden sich ansonsten viel zu auffällig: zu klein, zu groß, zu dick und so fort.

       

      Sehr viele Menschen sind unsicher, und die Vor-Annahme, "die Anderen" seien immer die "Normalen" und nur man selbst sei "falsch" oder werde für "falsch" gehalten, kann schon dazu führen, bei einem Blick des Gegenübers gleich ein aggressives "Starren" zu vermuten.

       

      Es gibt das Starren; das erlebe ich auch gelegentlich. Es ist so ein Starren, das den Anderen in seiner vermeintlichen Schwäche fixieren will, von wegen: "Juchu, ich bin stärker als du". Das sind menschliche Schwächen, denen man wohl am besten begegnet mit eigener Stärke.

       

      Wir können doch nicht von allen Anderen erwarten, dass sie sich jederzeit fehlerlos verhalten. Woher kommt dieser Anspruch, der Andere müsse mit seinem Verhalten etwas an uns "wiedergutmachen"?

      • @YvonneD:

        1. Dysmorphophobie: Es geht bei der Autorin und bei mir um Dinge, die wirklich auffällig sind. Daher verstehe ich den Bezug zu meinem Beitrag nicht.

        Und oft ist es sehr klar erkennbar, wohin sich der Blick richtet.

         

        2. Die Unterteilung in Böse und Gut sehe ich auch nicht. Ich sagte selbst, dass ich bei Menschen mit anderen Behinderungen unsicher bin.

         

        3. Anspruch, etwas wieder gutzumachen? Worauf bezieht sich das? Auf meinen Vorschlag, mal zu lächeln?

  • 2G
    23879 (Profil gelöscht)

    Ich finde, die Autorin hat mit jeder einzelnen Aussage Recht.

     

    Auch Kinder müssen irgendwann lernen, daß es unhöflich ist, andere Menschen anzustarren. Wenn ihre Eltern es mal wieder nicht schaffen, ihnen das beizubringen, müssen es eben Andere tun. Betroffene haben jedes Recht, sich zu wehren.

     

    Besonders schön find ich freilich die Nummer mit dem auf-Kommando-zurückstarren.

    • @23879 (Profil gelöscht):

      Natürlich darf sich jeder jederzeit wehren. Die Frage ist nur, was dann geschieht. Ob der Betroffene dann künftig damit rechnen kann, mit seinem Verhalten respektiert zu werden? Kommt halt immer darauf an, worum es geht: Wenn ich respektiert werden möchte, sollte ich versuchen, mich entsprechend zu verhalten. Wenn mir egal ist, wie Andere auf mich reagieren, dann kann ich nach Belieben aggressiv sein.

       

      Die nächste Frage ist, ob die aufrichtige Neugier (man könnte auch sagen: das Interesse) eines Kindes nicht besser ist als das vermeintlich "höfliche" Ignorieren dessen, was dem Anderen auffällt, warum auch immer es auffällt.

      • 2G
        23879 (Profil gelöscht)
        @YvonneD:

        Offenbar haben Sie nicht verstanden, daß es belastend ist, permanent angestarrt zu werden. Dabei ist das die eigentliche Intention des Artikels, dies den Menschen begreiflich zu machen. Und dieses Anstarren hängt NICHT von der Autorin ab. Sie verdrehen hier Ursache und Wirkung. Offenbar scheinen Sie zur o.g. Kategorie Eltern zu gehören, sonst hätten sie meine Meinung kaum kommentiert.

        • @23879 (Profil gelöscht):

          "Kategorie" - das ist genau das Stichwort, um das es hier geht: Die Menschen werden in Schubladen getan, und die Schublade der Autorin ist: "Ich als Behinderter bin das gute Opfer der bösen Kinder-Täter". Sie selbst machen nun die Schublade auf: "Menschen, die Kinder verstehen, sind eine böse und unfähige Kategorie 'Eltern'".

           

          Klar, wenn es hilft, so zu denken, soll man das einfach weiterführen wie bisher. Schrieb ich ja schon.

           

          Es könnte allerdings auch hilfreich - und entlastend - sein, sich mal zu verdeutlichen, dass wir alle irgendwann mal die Starrenden sind und mal die Angestarrten. Wir sind nicht ausschließlich Mitglieder einer "benachteiligten" Gruppe oder einer "herrschenden" Gruppe.

           

          "Permanent angestarrt zu werden" halte ich in einer Stadt wie Berlin für eine Hyperbel, übrigens...

          • 2G
            23879 (Profil gelöscht)
            @YvonneD:

            Was für ein Driss. Ich z.B. habe seit jeher ein sehr gutes Verhältnis zu meinen inzwischen erwachsenen Kindern. Deswegen war ich trotzdem in der Lage, sie zu erziehen. Kinder zu erziehen und sie zu verstehen, schließt sich mitnichten aus.

             

            Sie dürfen auch gerne eine dritte Kategorie verzeichnen: Prenzelberger Macchiato-Mütter, die glauben, alle Menschen wollen ihren verzogenen Kindern Böses.

            • @23879 (Profil gelöscht):

              Leider erweisen Sie der Autorin und ihrem Anliegen mit Ihren unsachlichen Kommentaren einen Bärendienst. Welches Feindbild kommt als Nächstes - die Radfahrer, die EU oder die Müsliesser?

               

              Alle machen alles falsch, nur Sie sind perfekt - gratuliere zu diesem Weltbild. Nur diskutieren geht halt anders...

              • 2G
                23879 (Profil gelöscht)
                @YvonneD:

                Interessant. Sie vertauschen Ursache und Wirkung (respektiert werden), Sie verdrehen Aussagen der Autorin (böse Kinder), verdrehen die Aussagen der Kommentatoren (Menschen die Kinder verstehen = böse), und Sie wollen uns erzählen, wie man sachlich diskutiert?

                 

                Halten Sie faule Tricks wie Ihre Strohmannargumente für fair? Halten Sie Ihre Unterstellungen (Radfahrer, EU, Müsli...) für sachlich?

                 

                Ich kann ihnen sagen, was mich nervt. Das sind "lassen-Sie-mich-durch-ich-bin Mutter"-Mütter, die ihre Kinder für den Nabel der Welt halten und nicht in der Lage sind, ihnen Umgangsformen beizubringen. Und um genau solch eine Konstellation geht es in dem Artikel. Daran ändern auch Ihre Tatsachenverdrehungen nichts.

                Und erzählen Sie mir bitte nichts über Erziehung. Denn da kenne ich mich besser aus als Sie.

  • Aus was man alles einen Artikel machen kann...

     

    Es ist völlig irrelevant, was man einem auf einen starrenden Menschen antwortet, egal, ob Kind oder Erwachsener. Die vorgeschlagene Antwort von Frau Streisand ist eine Möglichkeit, bei der man nur bedenken könnte, ob das Kind schon Ironie versteht. Ich würde, je nach Laune, darauf eingehen oder kurz "Meine Sache" sagen. Um die Folgen für das Kind soll sich der Erziehungsberechtigte kümmern, das ist seine Aufgabe.

     

    Relevant ist dieser Satz:

    "Der springende Punkt ist, dass die Leute mich kennen."

    Eben!

    Man konnte sich in einem so multikulturellen Staat wie der BRD nie darauf verlassen, dass hier die puritanisch-britische Vorstellung herrscht, dass man erst einander vorgestellt werden muss, um private Konversation zu betreiben.

    Da muss man grundsätzlich überlegen, wie man sein Leben gestalten will, wenn man auf solche Umgangsformen Wert legt. Unabhängig von evtl. äußeren Merkmalen.

    (Meine Beine sind z.B. relativ normal, dennoch würde ich draußen nie kurze Hosen tragen.)

    • @Age Krüger:

      Aus welcher Abwesenheit von Verständnis und Empathie man alles einen Kommentar machen kann...

       

      "Relativ normal", das bringt den ganzen Kommentar und seinen Gehalt - unabsichtlich versteht sich - auf den Punkt.

  • hör auf zu glotzen, is unhöflich finde ich eine angemessene reaktion. das kind weiß woran es ist. auch erwachsene müssen mit solchen reaktionen umgehen. das gemeinsame zeichen zum zurück glotzen ist genial. ich sehe ein problem auch darin, dass eine behinderung als ungewöhnlich gilt. die norm der nicht-behinderten körper ist so dermaßen vorherrschend, dass behinderung für ein kind als abweichend, besonders, anders, annormal erscheinen muß, außer es hat in der eignen familie oder umfeld kontakt zu behinderten menschen. warum kommen aktiv handelnde menschen mit behinderung zum beispiel kaum in kinderbüchern vor, wie z.B. in den vorstadtkrokodilen?

  • Zum Glück haben dienerten behinderten mehr Humor und schaffen mit spielenden Umgang ihrer oft ungleich schwereren Situation etwas verbindendes .

    Mit solch engstirnigen Einstellungen wird leider nur erreicht, das im Fokus die Behinderung stehen bleibt.

    Vor einiger Zeit gab es in einer Radiosendung ein paar Witze über blinde ...die Folge waren empörte Reaktionen von allesamt Leuten mit tadellosem Augenlicht. Bis sich selber ein paar blinde meldeten, aus dem Lachen nicht mehr herauskamen und selber noch ein paar Witze beisteuerten. Genau das ist der richtige Umgang damit.

    Was Sicht nicht ändern lässt wird Weg gelacht.

  • @@ - ja

     

    mit poststroke immer noch

    raufwierunter Krüppelgang -

    Liebe Lea Streisand -

    Könnts sein - daß es am Ende a weng an

    Humor&innererDistanz fehlt?

    • @Lowandorder:

      anders gewendet -

       

      ein Kind starrt -

      es ist neugierig - fein&zum Glück.

      Alles andere ist - Ihr - wie verständlich auch immer - Kopfkino.

  • Ich hätte Frau Streisand gern gefragt, woher sie so genau weiß, was ihre Aufgabe ist. Vielleicht hätten wir uns dadurch sogar kennengelernt. Wie schade, dass sie keine Mailadresse angegeben hat.

     

    Wir Menschen sind verschieden. Es gibt zum Beispiel Rampensäue und Schüchterne. Der Rampensau scheint es egal zu sein, wie viele Leute sie für dämlich halten. Hauptsache, der Rest klatscht. Wer hingegen schüchtern ist, der tut sich schwer mit zu viel Aufmerksamkeit. Sogar mit wohlwollender. Ob er durch Contergan geschädigt wurde, hinkt oder eine besonders dicke Brille trägt, ist dem Gefühl dabei egal. Es soll sogar richtig gute Schriftsteller geben, mit denen man keine Interviews führen kann.

     

    Was ich damit sagen will? Mit so viel Unterschiedlichkeit müssen Menschen erst einmal umgehen lernen. Wann und wie sollen sie das schaffen, wenn wir alle uns das Recht herausnehmen, ganz alleine zu bestimmen, was unsere Aufgabe ist?

     

    "Der springende Punkt ist, dass die Leute mich kennen", schreibt Frau Streisand. Aha. Und nun stellen Sie sich bitte einmal vor: Sie sind zehn Jahre alt und keinen kümmert es, wo Sie den Vormittag verbringen. Sie lungern rum. In einem Tante-Emma-Laden. In der Hoffnung, ein paar Bonbons zugesteckt zu kriegen. Da kommt eine interessante Frau herein. So etwas haben Sie noch nie gesehen. Sie sind ganz fasziniert. Daheim fliegt, wenn es Krach gibt, manchmal das Schimpfwort "Krüppel" durch die Luft. Kann es sein, dass diese Frau so jemand ist? Die Frau merkt, dass Sie glotzen. Sie zischt Sie an: "Glotz nicht! Ist unhöflich!" Sie werden erst rot und dann wütend. Auf sich selbst. Wollen Sie diese Frau noch kennen lernen?

     

    Vermutlich nicht. Na, Hauptsache, Sie haben was gelernt fürs Leben. Auf die harte Tour, aber immerhin. Und dann sagt diese Frau doch tatsächlich, es wäre nicht ihre Aufgabe, als Anschauungsmaterial zu dienen. Sie sei ja schließlich Schriftstellerin. Ach, echt jetzt?

    • @mowgli:

      super erklärt und super geschrieben. Abgesehen davon gibt sehr sehr viele Behinderte, die genau das auf Befragen immer angeben: "guckt nicht, fragt lieber, nehmt Euch ein Beispiel an den Kindern". Die stört genau das Gegenteil, das heimliche Gucken und dann verstohlene Wegsehen.

       

      Woher soll man wissen, an wem man gerade ist. Gut, wenn man von Frau Streisand die Info erhalten hat, weiß man es. Beim nächsten Menschen kann es aber auch wieder anders sein.

  • Dass man einem Kind sagt es soll aufhören zu glotzen und dass dies unhöflich ist, ist meiner Meinung nach völlig in Ordnung.

     

    Allerdings liegt es nun mal in der Natur des Menschen, dass alles was irgendwie ungewöhnlich ist - ob positiv oder negativ, ins Auge fällt und man eben nicht von Geburt an weiß, dass man nicht glotzen sollte. Je älter die Menschen werden desto weniger wundern sie sich. Ein Baby glotzt noch dauernd und unverhohlen.

    Damit muss man einfach leben und klar kommen finde ich.

     

    Bei Erwachsenen ist das wieder eine andere Sache, die sollten es besser wissen. Ins Auge fällt eine offensichtliche Behinderung aber immer - ob das Gegenüber sich das durch Glotzen anmerken lässt oder nicht - das muss auch klar sein.

  • Kinder starren. Man könnte auch sagen: Sie gucken. Weil sie neugierig sind auf die Welt. Kinder sind in ihrer Neugier authentisch. Wenn sie gucken, gucken sie so, dass der Andere sieht, dass er angeguckt wird. Das kann man lästig finden. Oder es als Chance sehen. Niemand muss seine Lebensgeschichte vor einem Kind entblättern. Aber man könnte ein Gespräch führen, wenn man mag. Wenn nicht, dann halt nicht. Wo wäre das Problem, dem Kind zu sagen, dass man keine Lust hat auf Erklärungen? Wieso muss das Kind für seine Ehrlichkeit mit Aggressionen bestraft werden?

     

    "Ey" - das höre ich von meinem Kind nicht. Aber auch mein Kind fragt mich manchmal, warum andere Leute anders sind. Ich freue mich über die Ehrlichkeit des Kindes und über die Gelegenheit, ihm zu erklären, dass wir alle anders sind. Kinder werden nicht geboren mit Weitsicht, Güte und Klugheit. Die müssen das auch erst lernen. Mit Dreistigkeit, die als Witz getarnt ist, lehrt man Kinder gar nichts.

     

    Schon richtig: Es ist nicht jedermanns Aufgabe, den Weltfrieden herzustellen. Wer sich nicht dazu berufen fühlt, soll halt andere Dinge tun. Nur wird es eher nicht besser dadurch, seinen Frust an Kindern abzulassen. Egal, ob man eine Schriftstellerin ist, die Streisand heißt, oder ein Büroangestellter namens Müller.

    • @YvonneD:

      Meine Güte. Ein zehnjähriges Kind weiss sehr wohl, dass sich Leute anstarren nicht gehört, man zerstört auch keine zarte Kinderseele, wenn man das Kind darauf aufmerksam macht.

      • @Konrad Ohneland:

        Und schon wieder: die bösen, bösen Kinder. Hauptsache, man hat ein Feindbild.

         

        "Anstarren gehört sich nicht" - das hätte ein Spruch meiner Mutter sein können. Sie selbst hat dann hinter vorgehaltener Hand im Verborgenen gelästert über die "arme behinderte Frau". Hielt sie irgendwie für höflicher.

        • @YvonneD:

          Die bösen bösen Kindereinschränker. Ach herrjeh. Vielleicht sollten Sie mal Ihre Einstellung zu "Nicht-Kindern" überprüfen. Die wollen nämlich auch respektvoll behandelt werden. Und noch was: unterlassen Sie doch bitte die Unterstellungen, das wirft kein gutes Licht auf Sie.

          • @Konrad Ohneland:

            Oh, es geht keineswegs darum, Kinder nicht einzuschränken oder sie nicht zu erziehen. Nur: Es sind immer noch Kinder; wenn man von Kindern jederzeit erwarten könnte, dass sie sich perfekt zu benehmen wissen, wären es keine Kinder mehr.

             

            Meine Kritik bezieht sich auf die verbale Aggression gegen das Kind und auf die Erwartung, dafür noch Applaus zu bekommen.

      • 2G
        23879 (Profil gelöscht)
        @Konrad Ohneland:

        Es kommt darauf an. Es gibt ja leider viele Eltern, die mit der Erziehung ihrer Kinder völlig überfordert sind. Und wenn die ihrem 10jährigen Kind das nicht beigebracht haben, weiß es das eben nicht. Das ist ähnlich wie mit dem Sauberwerden. Es gibt ja auch immer mehr Kinder, die mit 3-4 Jahren noch Windeln tragen. Und das ist ganz sicher nicht die Schuld der Kinder.

        • @23879 (Profil gelöscht):

          Kinder können grausam sein. Noch mehr: sie können absichtlich grausam sein. Gerade mit 10, zu Beginn Pubertät.

      • @Konrad Ohneland:

        Meine Güte -

         

        daß sich die eigene Fasson als

        10-jährigen so komplett vergessen läßt -

         

        & Ihnen eine Kinderseele auch heute - ich hoffe für Sie aus guten Gründen -

        so wichtig ist.

         

        Schön - daß Sie mich so zart darauf aufmerksam gemacht haben - & nicht

        "Glotzen Sie nicht!" mir

        anempfohlen haben - &

        Schwarzer Pädagogik - so

        finster-entschlossen - öh

        entgegen getreten sind.

        Danke.