Kolumne Ich meld‘ mich: James und Erika
Mühsam hat sich die Insel Dominica für den Tourismus aufgebrezelt. Der Wirbelsturm Erika hat die Entwicklung zurückgedreht.
D ominica? Kennt jemand Dominica? Dominica ist eine Insel der Kleinen Antillen, zu fast zwei Dritteln von Tropenwäldern bedeckt. 60.000 Einwohner siedeln in kleinen Orten, pflanzen Bananen und stellen Palmölkosmetika her. Sie trinken „Kubuli“-Bier aus kleinen Flaschen, essen „Mountain Chicken“, große Frösche, wenn sie sie finden, und werden trotzdem teils uralt. „Ma Pampo“ etwa brachte es auf 128 Jahre, ihre Nachbarn wurden 112 und 118.
Die Strände sind klein und kiesig, große Hotels Fehlanzeige, eigentlich bleibt nur der Ökotourismus. Und mit acht Vulkanen, 17 Wasserfällen und angeblich exakt 365 Flüssen stehen die Voraussetzungen dafür nicht schlecht.
Im Morne-Trois- Pitons-Nationalpark etwa schillert gelbgrüne Brühe in Tümpeln, Rinnsale lagern Sediment in silbergrauen und türkisen Schlieren ab, es bläst und blubbert in Spalten und Felstöpfen, und in der stickigen Luft liegt ein unguter Geruch nach Verdorbenem: „Desolation Valley“, das Tal der Verwüstung, ist ein Ort von geradezu grandioser Trostlosigkeit. Gelbweiß verkrustete Wände umschließen den 60 Meter breiten Kessel des „Boiling Lake“. In der Tiefe siedet das graue Wasser des wahrscheinlich größten kochenden Sees der Welt und wirft Blasen. Das ist Dominica.
Dominica ist aber auch die Insel, über die vor zwei Wochen der Wirbelsturm „Erika“ fegte. Er hinterließ 35 Tote, zog die Infrastruktur schwer in Mitleidenschaft und warf das Land in seiner Entwicklung 20 Jahre zurück.
Dominica ist nicht zuletzt die Heimat von James Henderson. Der Mann mit dem Dauerlachen im nussbraunen Gesicht stakste uns über den Indian River. Palmen kreuzten sich über dem schwarzen Flussarm, Philodendron stieg an modrigen Baumskeletten empor, und die Wurzeln der Blutholzbäume ringelten sich ineinander wie das Schlangenknäuel der Laokoon-Gruppe. Hier hatte Johnny Depp Szenen zu „Fluch der Karibik 2“ gedreht. James durfte ihn zu seinem Einsatz rudern und zehrte immer noch von diesem Ruhm.
Hoffe, es geht dir gut, James.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation