Kolumne Hier spricht Brasilien: Urwald, Fußball, Frauenhintern

Außerhalb von Brasilien ist derzeit auch alles Brasilien. Doch wie sehen andere Menschen die Brasilianer? Eindrücke einer Europareise.

Brasil, Brasil, Brasil. Bild: ap

„Was macht ihr hier? In Brasilien ist WM, alle wären doch jetzt gerne dort!“ Das hören wir seit vier Wochen von jedem Menschen, den wir neu kennenlernen. Und tatsächlich, nachdem wir sechs Jahre lang die Vorbereitungen und Veränderungen vor der WM miterlebt haben, fühlen wir uns ein wenig fehl am Platz. Andererseits ermöglicht dies auch einen anderen Blick auf die Dinge.

Brasilien ist überall. Die letzten Tage waren wir in Ljubljana, Slowenien. Hier hängen überraschend viele Brasilienfahnen, auch wenn 80 Prozent der Fans in der Kneipe, in der wir das letzte Spiel guckten, gegen uns waren. Es gab grün-gelbe Creme, überall findet man das bei uns typische Getränk Guaraná Antártica und Gummilatschen von Havaiana und der Konkurrenzfirma Ipanema. Sogar Kosmetika, die eigentlich „Aux Provence“ sein müssten, werden jetzt auch aus Jenipapo hergestellt, einer rein brasilianischen Frucht. So war es auch in Spanien – einschließlich Tausender Fotos von Neymar Jr. im Barcelona-Dress – oder in Italien.

Seit Brasilien von der Fifa den Zuschlag bekommen hat, wurde uns gesagt, dass die WM die Geschäfte ankurbeln würde. Es ist bekannt, und die Proteste haben dies deutlich gemacht, dass es darüber Kontroversen gibt, insbesondere über die Frage, inwiefern dies unsere größten Schwierigkeiten betrifft: die enorme Ungleichheit und die sozialen Probleme.

Mir ist hier vor allem eines klargeworden: Brasilien ist in aller Munde. Genau so, wie es die Regierung propagiert hat. Aber dieser neue Ruhm ist vieldeutig. In aller Munde zu sein kann sich auch negativ äußern. Ohne Slowenisch oder Italienisch zu verstehen, glaube ich an die Macht der Bilder: Wir sehen wuchernde Natur, repräsentiert durch Papageien, die durch Städte fliegen; immer wieder weibliche Hinterteile; überall Samba und Frevo-Musik, und das sogar gleichzeitig. Obwohl wir zwölf Stadien gebaut haben, werden wir erneut uniformisiert. Und zwar in der traditionellen Reduzierung auf Fußball, Urwald und (verfügbare) Frauen – alles mit der notwendigen Exotik.

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