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Kolumne Gott und die WeltDer jüdische Krieg

Kolumne
von Micha Brumlik

Das jüdische Weltverständnis zwischen Selbstbehauptung und Universalmoral: Der Streit um Augsteins angeblichen Antisemitismus ist dafür symptomatisch.

Heilige Stätten: Nach den Wahlen könnte Israels Politik weiter nach rechts rücken. Bild: dapd

D ie Debatte über Augsteins angeblichen Antisemitismus erweist sich als Symptom eines Konflikts, der mehr mit der Befindlichkeit des amerikanischen Judentums als mit den Deutschen zu tun hat. Schon im Streit um Judith Butler kamen zwei Formen jüdischen Weltverständnisses zum Ausdruck: Nationale Selbstbehauptung um jeden Preis steht gegen das Eintreten für universelle Moral.

Obwohl beide Haltungen beanspruchen, die richtigen Konsequenzen aus der Schoah gezogen zu haben, sind sie mehr als nur Schlüsse aus den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. Sie reichen in die Antike zurück.

Die letzten Wochen zeigen es: Der „Associate Dean“ des Wiesenthal Centers, Rabbi Abraham Cooper – er verantwortet Augsteins Platz im Antisemitenranking – rühmt sich, um der Menschenrechte willen auch den Kontakt mit Kriegsverbrechern wie dem islamistischen Diktator Sudans, Umar al-Baschir, nicht zu scheuen. Zur Erinnerung: 2003 ermordeten die von Sudan unterstützten arabischen Dschandschawid-Milizen im Darfur-Konflikt Tausende schwarze Sudanesen.

2009 erließ der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Umar al-Baschir. Fünf Jahre zuvor – die sudanesischen Gräueltaten hatten einen ersten Höhepunkt erreicht – war Abraham Cooper als erster jüdischer Repräsentant nach Khartum gereist, um mit al-Baschir über Menschenrechte zu sprechen.

Der Autor

MICHA BRUMLIK ist Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Frankfurt am Main. Von 2000 bis 2005 leitete er das dortige Fritz-Bauer-Institut.

Verbindung von Land und Volk

In anderen Fragen reagierte Cooper weniger gelassen. Im November 2012 hatte Palästinenserpräsident Abbas vor der UN-Vollversammlung erklärt, einen Staat Palästina nur in den von Israel seit 1967 besetzten Gebieten zu errichten, sowie: „We extend our hands to the Israeli government for peace-making. Let us build the bridges of dialogue instead of walls of separation, and build cooperative relations based on parity and equity between two neighboring States.“

Cooper nannte Abbas’ Worte reine Brandstiftung, da er die dreieinhalbtausendjährige Verbindung von Land und Volk Israel nicht erwähnt habe. Das harsche Urteil wird vor dem Hintergrund der amerikanisch-jüdischen Debatte verständlich: So hatte das Rabbinat einer der größten Synagogen New Yorks, B’nai Jeshurun, Abbas’ Rede begrüßt: Als um die Sicherheit und Demokratie in Israel besorgte Juden gaben sie ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Aufnahme Palästinas in die UNO dem palästinensischen Volk den benötigten Sinn für Würde verleihen und eine Zweistaatenlösung befördern werde.

Der von den RabbinerInnen Felicia Sol und Marcelo Bronstein unterzeichnete, später reumütig zurückgenommene Brief entfachte unter amerikanischen Juden einen Sturm, gegen den sich Differenzen des Zentralrats der Juden in Deutschland in Sachen Augstein wie ein Säuseln ausnehmen.

Tatsächlich geht es bei alledem nicht um Antisemitismus, sondern darum, dass schon die gegenwärtige israelische Regierung jede Zweistaatenlösung aufgegeben hat, die Siedlungspolitik fortsetzt und die Allianz mit den USA aufs Spiel setzt. Die in zwei Wochen stattfindenden Wahlen zur Knesset werden Israel ein weiter nach rechts gerücktes Parlament bescheren.

Religiösen Siedlungszionismus

Dessen neuer Star wird der persönlich einnehmende Softwareunternehmer und ehemalige Elitesoldat Naftali Bennett sein. Bennett, dessen Eltern nach dem Sechstagekrieg aus den USA einwanderten, hält den religiösen Siedlungszionismus für die einzig überzeugende, die jüdische Bevölkerung bindende Ideologie und gestand ein, als Soldat einen Befehl zur Räumung der Siedlungen zu verweigern.

Der antike Historiker Flavius Josephus, der im ersten Jahrhundert zunächst den Aufstand der Judäer gegen die Römer mit organisierte, um nach der Zerstörung Jerusalems das Debakel zu analysieren, bemerkte in seinem Werk „Der Jüdische Krieg“ über den antirömischen Aufrührer Johann von Gischala: „Durch solche Reden ließen sich die jüngeren Leute größtenteils verführen und für den Krieg begeistern; alle besonnenen und älteren Männer dagegen sahen das kommende Unheil voraus und betrauerten die Stadt, als ob sie bereits dahin wäre.“

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Autor und Kolumnist
1947 in der Schweiz geboren, seit 1952 in Frankfurt/Main. Studium der Philosophie und Pädagogik in Jerusalem und Frankfurt/Main. Nach akademischen Lehr- und Wanderjahren von 2000 bis März 2013 Professor für Theorien der Bildung und Erziehung in Frankfurt/Main. Dort von 2000 bis 2005 Direktor des Fritz Bauer Instituts – Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte des Holocaust. Forschung und Publikationen zu moralischer Sozialisation, Bildungsphilosophie sowie jüdischer Kultur- und Religionsphilosophie. Zuletzt Kritik des Zionismus, Berlin 2006, Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts, Weinheim 2006 sowie Kurze Geschichte: Judentum, Berlin 2009, sowie Entstehung des Christentums, Berlin 2010.Darüber hinaus ist er Mitherausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik.“

19 Kommentare

 / 
  • S
    SomaRiot

    @ gonzi: Nur der Form halber, damit es nicht unwidersprochen bleibt. Einer von vielen Beiträgen, die sich genau mit den Äußerungen auseinandersetzen.

     

    Ich weiß, dass Sie es nicht lesen werden und wenn doch, werden Sie es nicht verstehen. Ist also eher was für die anderen.

     

    http://www.matthiaskuentzel.de/contents/ein-journalist-in-noeten

  • G
    Gonzi

    Wenn es nicht mal mehr möglich ist, konkrete Aussagen von Augstein zu zitieren,

    um einen angebelichen Antisemitismus zu unterstellen,

    spricht das nicht für die Verleumder.

  • E
    Esther

    Hier mal ein guter Artikel - im Gegensatz zu Brumlicks orakelnden Sudan-Ausflügen.

     

    Selten so einen Schwachsinn gelesen und von seinem Butler-Trip könnte er auch mal wieder runter kommen. Ich glaube Herr Brumlick Sie lesen zu viel angloamerikanisches postzionistisches Zeug. Denn in derartigen Veröffentlichungen wird genau diese Logik bedient, dass Israel ein Gegenspieler weltumspannender und universeller Moral und Ethik wäre.

     

    Also Herr Brumlick, bleiben Sie doch bei den dt. Verhältnissen und importieren Sie nicht auch noch angloamerikanischen Antizionismus in hiesige Gefilde. Wir haben doch wahrlich schon genug idiotische israelkritische Diskurse.

     

    http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/14908

  • M
    Marie

    Ein "Gesetz der Rache" zu unterstellen (antisemitischer Topos vom rachsüchtigen Juden auf Israel bezogen), zu behaupten, Israel setze die gesammte arabische Welt (Syrien, Ägypten usw.) in Brand (antisemitischer Topos vom Juden als Weltbrandstifter auf Israel bezogen) und zu behaupten Israel führe die Welt am Gängelband (Verschwörungsansätze und Übermachtsfantasien) IST israelbezogener Antisemitismus par excellence. Aus die Maus.

     

    Der Rest der verallgemeinernden Äußerungen Augsteins lässt sich ebenfalls in diesem antisemitischen Koordinatenfeld verorten. Also Herr Brumlick, was willst Du mit diesem Geschwafel???

  • A
    Ant-iPod

    @TobiNarzissus:

     

    Sie haben einen guten Punkt des Artikels aufgenommen und gesagt, die "universelle Moral" stünde dem Überlebenstrieb der Israelis nicht entgegen.

     

    Diese These mag stimmen, aber es gibt israelische Politik, welche der universellen Moral entgegensteht und dass kann und muss man auch offen sagen:

     

    Wer fremdes Territorium besetzt hält, bsw. Ost-Jerusalem, und dort Siedlungen baut und mit eigenen Staatsbürgern bewohnt... der bricht geltendes Völkerrecht - um nur ein Beispiel zu nennen.

     

    Dies steht der universellen Moral gleich in zwei Punkten entgegen:

    - erstens ist Recht und Gesetz einzuhalten. Israel versteht sich als Teil der Völkergemeinschaft und ist Mitglied der UNO.

    Wer Rechtsbruch begeht, verhält sich nicht moralisch.

     

    - zweitens ist Landraub/Diebstahl zwar der justiziable Rechtsbruch, aber das zusätzliche Vergehen besteht in der Absicht, neue Tatsachen zu schaffen, als Basis für künftige Friedensverhandlungen. Eigentlich ist es eine Politik, welche einen tragbaren Frieden mit den Palästinensern dauerhaft verzögert und dadurch zu mehr Gewalt, Tod und Enteignung führt... wenngleich ungleich schlimmer die Palästinenser betreffend, leben auch die israelischen Staatsbürger nicht angst- und gefahrfrei.

    Wer also eine Politik betreibt, welche Gewalt, Tod und Enteignung fördert, der verhält sich ebenfalls nicht moralisch.

     

    Und bitte: Dies gilt universell und nicht nur auf Israel bezogen - es geht hier also nicht um Israelbasching, sondern um konkreten Bezug zu Ihrer These, das universelle Moral nicht im Gegensatz zum Überlebenswillen der Israelis steht. Dies vielleicht nicht, aber die Politik der israelischen Regierung steht im Gegensatz zur universellen Moral!

    An anderer Stelle habe ich Baschar Al-Assad, den saudischen König und den Emir von Bahrain in ähnlicher Weise angegriffen, da ich zufällig etwas von universeller Moral halte.

  • N
    noevil

    Ich kann nach M. Brumlik @MartinM nur zustimmen.

     

    Und noch was: Wo kommen wir eigentlich hin, wenn alle, die sich für die gleichen Rechte (und Existenzrechte!) Aller aussprechen, die einen Anspruch auf das selbe Land erheben, gleich als Antisemiten verunglimpft und verhöhnt werden?

     

    ...wohl wissend, dass die Lösung nicht einfach ist.

     

    Man muss nicht auf alle spucken, die sich nicht gefälligst eine geflissentlich antipalästinensische Haltung zulegen, sondern als überwiegende Laien über die Sündenfälle beider Seiten hinaus sich die grundsätzlichen Rechte beider Seiten ansehen und nach gangbaren Wegen in diesem schwierigen Terrain suchen.

     

    Warum wird sofort mit Schaum vor dem Munde versucht, jeden mundtot zu machen, der sich eine eigene Meinung erlaubt, ohne seinerseits die eigenen Gedanken einmal kritisch zu beleuchten und zu hinterfragen (also bspw. einfach einmal einen Rollenwechsel der Volksgruppen vornehmen), anstatt gleich wild über Verrat zu spekulieren?

     

    Kommen wir hier nicht in die gefährlich undemokratische Nähe von Denkverboten, die wir

    a) schon einmal hatten und die

    b) nur deshalb so bequem sind, weil man sich damit weiteres Hinterfragen (und die Aussicht auf Sackgassen und explodierende Pulverfässer) ersparen kann?

     

    Nehmt mal den aggressiven Gehirn vernebelnden emotionalen Dampf heraus.

  • M
    Marco

    Ich wußte ja schon lange, dass taz.de an kaschiertem anti-semitismus im gegenwärtigen deutschland kaum zu überbieten ist

  • T
    TobiNarzissus

    Dieser Artikel ist ein weiterer Tiefpunkt einer unsäglichen Hysterie, welche von Rechts nach Links, von der CDU bis zur Linken und von Stammtischen bis zu den "intellektuellen" Schreibknechten der großen Verlagshäuser alle erfasst hat.

     

    Jeder, der sich Augstein Texte vornimmt und danach einmal die Arbeitsdefinition hernimmt von antizionistischem Antisemitismus (bspw. der Bundesregierung), erkennt in den Augstein Texten nichts als Ressentiment und so gut wie NIE Kritik.

     

    Aber viel, viel interessanter als die Auszeichnung der Augstein Texte als antiisraelische "Slurs" (Beleidigung/Verleumdung und das sind diese Texte - Verleumdungen Israels) sind die kollektiven Abwehrmechanismen durch alle Lager und über alle Grenzen hinweg. Dieses Zusammenrücken des Kollektivs, aber auch die typische kollektive fehlerhafte Rezeption des Wortes "Slur" gilt es einmal zu analysieren.

     

    Zum Brumlick Text - Universelle Moral ist NICHT dem Überlebenstrieb der Israelis entgegengesetzt. Der Rest des Textes ... geschenkt.

     

    http://lizaswelt.net/2013/01/05/freispruch-fuer-deutschland/

     

    Und ein guter Vortrag dazu, vor der Augsteinhysterie:

    http://www.youtube.com/watch?v=pVKfOwMAAwM&lc=FKCqLtes2v13QAo3Xd6Snd5hYKPq4nxPxFeCKiy8iqQ

  • G
    Gonzi

    Ein Rundfunkkorrespondent der ARD berichtete gerade, dass der Republikaner Chuck Hagel, den Obama zum Verteidigungsminister machen möchte, ins Visier der proisraelischen, bzw. jüdischen Lobby in den USA geraten sei.

    Im werde vorgeworfen, sich für Verhandlungen mit dem Iran eingesetzt zu haben und u. a. nicht seine Unterschrift unter einem Brief an die EU gesetzt zu haben, der eine Einstufung der Hisbollah als Terrororganisation forderte.

     

    Es hilft also nichts.

    Es geht wohl kaum um einen Streit innerhalb jüdischer Organisationen in den USA – und dies auch noch über ein Nationalgefühl, aber das hat hier wohl sowieso niemand so recht verstanden.

    Es geht darum, schon zaghafte Kritik an Israel – mehr bietet Augstein ja auch nicht – mundtot zu machen und zu ächten.

  • WE
    Walter Eversaeler

    Tut mir leid, den Zusammenhang zwischen Umar al-Baschir und Jakob Augstein kann ich nicht herstellen, obwohl ich die Kolumne bestimmt zehn mal gelesen habe. Für mich klingt es weiterhin so, als solle in einem Satz mit demjenigen, der Augstein auf diese Liste hievte, einfach mal ein somalischer Diktator genannt werden, so, als seien hier noch seltsame Freundschaften zu entdecken.

     

    Ebenso befremdlich mutet der Gegensatz nationale Selbstbehauptung/ universelle Moral an: natürlich kann man in letzter Konsequenz über diesen Gegensatz bei jeder existierenden Nation philosophieren. Das politische Tagesgeschäft hat als Leitstern nicht "universelle Moral" (unbenommen der Frage, wer diese dann für den weltweiten Geltungsbereich definieren darf: Judith Butler?).

     

    Wieso ist bei den Israelis aber hier ein anderer Massstab anzulegen, als bei anderen? Wegen ihres über die Shoah weit zurückreichenden geschichtlichen Hintergrundes?

     

    Abschliessend ist der zunehmende Einfluss rechter Hardliner in Israel am leichtesten dadurch zu erklären, wenn man einfach den nicht nachlassenden Terror der Gegner Israels als Begründung annimmt. Ich finde, die Wähler dort reagieren wie X-beliebige Wähler eines X-beliebigen, unter derartigen Voraussetzungen sich befindenden Landes.

     

    Hierzu braucht kein jüdisches Selbstverständnis zur Erklärung herangezogen werden. Und das, was man für eine Erklärung gar nicht braucht, lässt man besser weg. Das ist jedenfalls der intellektuell redlichste Weg. Genau, was Augstein auch hätte machen sollen.

  • H
    Harald

    "Nationale Selbstbehauptung um jeden Preis steht gegen das Eintreten für universelle Moral."

     

    Ein feines Doppelstandard-Schmankerl. Wird als Gegensatz an kein anderes Land dieser Welt angelegt, als eben an Israel, daß mit seiner bloßen Existenz gegen die Maßstäbe der "universellen Moral" steht.

     

    "Tatsächlich geht es bei alledem nicht um Antisemitismus, sondern darum, dass schon die gegenwärtige israelische Regierung jede Zweistaatenlösung aufgegeben hat ... "

     

    Sind damit die von AKs umrahmten Einstaatenlösungs-Landkarten gemeint, mit denen Hamas und neuerdings auch Fatah ihre Wappen schmücken?

     

    Aus Sicht Brumliks und der UN ist das sicherlich richtig. Ist die Verurteilung Israels doch die Hauptaufgabe der UN und ihres 'Menschenrechtsrats'. "So sprach auch der ehemalige UN-Sonderberichterstatter über Folter Manfred Nowak beispielsweise davon, dass im Menschenrechtsrat jene „Staaten, die die Menschenrechte am meisten verletzen, [...] die Mehrheit“ hätten." Wiki

     

    Übrigens, bei seinem Treffen 2004 "mit Kriegsverbrechern wie dem islamistischen Diktator Sudans, Umar al-Baschir", rühmte Cooper nicht sich, sondern den vermeintlichen Fortschritt bei den damaligen Verhandlungen, das islamistische Morden zu beenden.

     

    Ob sich Brumlik auch so listig über Ban Ki-Moon äußern würde, der ja auch schon mal die ein oder andere blutige Hand schüttelt? Wohl kaum, denn dieser ist ja bekanntlich kein "jüdischer Repräsentant".

     

    In der im Artikel zitierten Novemberrede, in der Abbas seine Politik auf das Vorzüglichste pries, schloss er mit, " ... an application for the admission of Palestine on the basis of the 4 June 1967 borders, with Al-Quds Al-Sharif as its capital, as a full member of the United Nations."

     

    So wird der abschließende Hinweis Brumliks, seine historische Betrachtung zur Einnahme Jerusalems durch das imperiale Rom und die Zerstörung des Zweiten Tempels durch Titus, verständlich:

     

    Liegt doch der Zweite Tempel/Klagemauer im Bereich des antiken jüdischen Jerusalem, heute Ostteil der Stadt. Diesen trachtet Abbas als Al-Quds Al-Sharif übereignet zu bekommen. Für Hamas hingegen kommt nur ganz Al-Quds in Frage. Sozusagen als Unterpfand für die "universelle Moral" der universellen Antisemiten.

  • WB
    Woplfgang Banse

    Antisemitismus sollte weltweit geächtet werden.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    Mag schon sein, dass Zwistigkeiten in und zwischen den Reihen jüdischer Organisationen in den USA den wichtigeren Hintergrund für die offenlegende Entscheidung des SWC ist, nach Herrmann Dierkes im vergangenen Jahr, ebenso haltlos Herrn Augstein auf diese Liste zu setzen.

     

    Doch ist es kritisch zu betrachten, wenn im Zusammenhang mit dem Staat „Israel“ und der Haltung jüdischer Amerikaner, als Erklärung eine „Nationale Selbstbehauptung“ eine Rolle spielen soll, wie Herr Brumlik behauptet

    .

    Um welche „Nation“ soll es dabei gehen wenn man dieser Einordnung folgen möchte?

    Um die der USA oder um die schon aus der Zusammensetzung heraus fragwürdige eines Staates „Israel“?

     

    Ist sich der Autor Brumlik bewußt, dass auch er damit den Mythos eines „Volkes“ fort erzählt, welches nach einer nie erfolgten „Exilierung“ aus dem heiligen Land und angeblich stets aufrechterhaltenen Sehnsucht nach Rückkehr nach 2000 Jahren zurückgekommen sein soll?

     

    Brumlik sollte sich in seinem Versuch, den Unsinn des SWC zu erklären an gewisse Standards historischer Wahrhaftigkeit halten, die offenbar auch in den USA auf der Strecke zu bleiben droht.

     

    Über die Entwicklung der indigenen Bevölkerung Palästinas und der deren „Arabisierung“ weiß Uri Avnery wie folgt zu berichten

     

    „..(D)ie arabischen Eindringlinge im 7. Jahrhundert .... siedelten sich unter den Einheimischen an. Diese konvertierten sehr langsam vom Judentum und Christentum zum Islam, nahmen die arabische Sprache an und wurden „Araber“, so wie die Kanaaniter vor ihnen „Israeliten“ wurden. ...“

     

    http://www.uri-avnery.de/news/216/15/Das-Meer-und-der-Fluss

     

    Was hatte dieser Herr Cooper nun dem Herrn Abbas vorgeworfen, den seine Organisation im vergangenen Jahr als den schlimmsten Antisemiten an die Spitze hatte rangieren lassen?

     

    Dass er nicht bereit ist, den Mythen der Zionisten zu huldigen, nicht mehr und nicht weniger.

     

    Herr Brumlik aber scheint sich mit seinem Volksbegriff nicht von diesen distanzieren zu wollen.

  • S
    SomaRiot

    Herr Brumlik, Sie machen ein Ablenkungsmanöver:

     

    "Tatsächlich geht es bei alledem nicht um Antisemitismus, sondern darum, dass schon die gegenwärtige israelische Regierung jede Zweistaatenlösung aufgegeben hat, die Siedlungspolitik fortsetzt und die Allianz mit den USA aufs Spiel setzt."

     

    Sie wollen nicht über Antisemitismus sprechen, dann schweigen Sie doch zu diesem Thema. Diese durch nichts begründeten Behauptung, es gehe den Augstein-Kritikern nicht um Warnung vor Antisemitismus, sondern um irgendetwas anderes (ähnlich dämlich Fleischhauer in SPON), ist auch nur eine Abwehrstrategie. Lieber nicht damit beschäftigen, es könnte ja eine unangenehme Erkenntnis dabei herausspringen.

     

    Mir fällt auf, dass Sie ähnlich unsachlich in der Beschneidungsdebatte vorgegangen sind, in dem Sie die Girodano-Bruno-Stiftung wegen ihrer Namensgebung aggressiv in den Dreck gezogen haben, ohne sich mit den durchaus bedenkenswerten Argumenten auseinanderzusetzen; bzw. um dies zu vermeiden.

     

    Sie werden allerdings positive Resonanz bekommen. Unter Verschwörungstheoretikern hat das einen gewissen Charme, Dinge hinter den Dingen zu erblicken. Dazu dient das bildungsbeflissene Dressing, welches Sie auf Ihren intellektuellen Salat gekipt haben.

  • M
    MartinM

    Danke für den interessanten Artikel. Mir kommt bei der ganzen Debatte der eigentliche Grund für die Ächtung des Antisemitismus zu kurz. Ich dachte bisher, es ginge darum, dass Juden, egal ob sekulär oder orthodox, ihre Traditionen frei und ohne Angst ausüben können, im Rahmen der deutschen Gesetzgebung.

     

    Wenn Rabbis in Berlin ihre Kippa unter Baseballkappen verstecken und trotzdem zusammengeschlagen werden, dann ist wohl tatsächlich einiges im Argen. Allerdings werden die Schläger wohl kaum vorher eine Überdosis Augstein gelesen haben.

     

    Darüber würde ich gern mehr lesen: Ist es tatsächlich so, dass gläubige Juden in Berlin ihre Kippa verstecken? Oder war der geschilderte Fall nur ein Einzelfall?

     

    Antisemitismusdefinitionen gibt es mittlerweile so viele, dass auch Leute, die Kinder bespuckende Orthodoxe oder die Shas-Partei und ihre geistigen Führer unsympathisch finden, als Antisemiten firmieren. Mir fiel es jedenfalls schwer, die Schriften von Ovidia Josef wohlwollend auszulegen.

     

    Ich weiss nicht, welcher Strömung der zusammengeschlagene Rabbi in Berlin angehörte. Es ist definitiv auch irrelevant, ob ich persönlich seinen Glauben mag oder nicht mag. Mir geht es um sowas altmodisches wie Anstand. Ich kann trotzdem empört darüber sein, dass er zusammengeschlagen wird oder dass ihm heilige Stätten geschändet werden.

     

    Ich will nicht, dass Juden in Deutschland oder sonst wo in Angst leben müssen. Ich will allerdings auch nicht, dass Antisemitismus einfach durch Antiamerikanismus oder Schwabenhass ersezt wird, weil Rassismus gerade nicht zur Verfügung steht.

     

    Leider leben Juden gerade in Israel oft in Angst, Hamas ist eben kein Kaninchenzüchterverein, Hisbollah auch nicht. Und es ist schon einfach, aus dem sicheren Nordeuropa Ratschläge zu erteilen. Aber wenn diese Ratschläge Schwachsinn sein sollten, dann würde ich gern hören, warum, und nicht jedesmal erst die Gesinnugsfrage klären müssen.

  • PM
    Petra Müller

    Vielleicht mal mit Ockhams Rasiermesser versuchen, Herr Brumlik - dann braucht es nicht den Ausflug zu einem sudanesischen Diktator. Und auch nicht die Einbeziehung des amerikanischen Judentums.

     

    Vielleicht liegt die zunehmende Tendenz der Israelis, sich konservative Regierungen zu wählen, ganz wie in anderen Ländern schlicht darin begründet, dass sie dauernd Terror über sich ergehen lassen müssen. Das soll im Allgemeinen (und vielleicht hat es bei Juden ja den gleichen Effekt?) Law-and-Order-Gesichtspunkte in Wahlen in den Vordergrund spülen.

     

    Vielleicht ist dies auch der einfache Grund dafür, dass die Israelis langsam alle keine Lust mehr auf eine Zweistaatenlösung haben. Sogar die Jahrtausende der Verfolgung und immer wieder versuchten Ausrottung scheinen nicht die nötige Duldsamkeit ins kollektive Unterbewusste des auserwählten Volkes implementiert zu haben. Wenn einer auf die Drohung, ihn im Meer ersaufen zu lassen, mit weit ausgestreckten Armen und einem einnehmenden Lächeln reagieren könnte, dann wäre dies ja wohl ein Jude. Warum klappt das nicht?

     

    Fast undankbar will das eingedenk der schönen Worte von Abbas vor der Uno wirken - klar, dieser Mann muss auch um sein Leben fürchten, deshalb kann er in einem Gebiet von knapp der Grösse Bremens auch nicht verhindern, dass Raketen auf israelische Städte abgefeuert werden. Wir würden sowas hier verstehen, aber die israelischen Juden sind halt ferngesteuerte Zombies. Die verlangen tatsächlich, dass der Mann das verbieten lässt, bevor sie seine Reden ernst nehmen.

     

    Sie haben recht: wären die Juden nicht die, die sie sind, wäre der ganze Nahe Osten ein blühender Garten. Man sieht es ja an den Anrainern.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Warum ist für die taz der Antisemitismus von Augstein so schmerzhaft?

  • KM
    Klaus Meier

    Hmm,

    man scheint also dieser neuen definition von Antisemitismus (nebenbei sind Araber auch semitophon, aber das hat man wohl längst vergessen) schon einer zu sein, wenn man das heilige Volk nicht als etwas höherwertiges einstuft.

     

    Vermutlich ist diese Formulierung auch antijüdisch/antisemitisch, weil sie jetzt das aktuelle mit dem germanismuswahn gleichsetzt oder so. Aber ohne Zweistaatenlösung gibt es nur ein Israel mit Juden in der Minderheit oder ein Apartheitsregime. Ich glaub kaum das die die jeden Antisemit nennen ersteres wollen. Mir ist das alles schnuppe. Nur will ich dafür keine U-Boote verschenken, und auch keine Diplomatischen Ressourchen verschwenden. Lasst doch die Durchgeknallten alleine. Wir schauen zu und werfen den die gewinnen Ihre Menschenrechtsverletzungen danach vor. Besser als auf irgenwelchen Listen zu landen.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Mitfühlende Worte über die Unbelehrbarkeit der Juden.

    "...kamen zwei Formen jüdischen Weltverständnisses zum Ausdruck: Nationale Selbstbehauptung um jeden Preis steht gegen das Eintreten für universelle Moral."

    Was für ein Unsinn. Frei interpretiert bedeutet dies, dass ein Eintrteten für die Existenz des jüdischen Staates dann wohl unmoralisch sei. Oder ist es die Existenz selber, die unmoralisch ist?