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Kolumne „German Angst“Schon wieder erwachsen

Sonja Vogel
Kolumne
von Sonja Vogel

Es ist Zeit für Zäune um Deutschland statt für das Multikulti-Paradies. Diese Grünen bringen einen halt doch immer wieder auf die Palmer.

Wenn die Grünen erwachsen sind, sind sie eine AfD mit Altmännerohren Foto: dpa

D ie Grünen werden schon wieder erwachsen. Dieser Prozess, wir kennen ihn, ist lang, schmerzhaft – und plötzlich versteht die Welt nicht mehr. „Es sind nicht die Zeiten für Pippi-Langstrumpf- oder Ponyhof-Politik“, sagte Tübingens OB Boris Palmer dem Spiegel. „Wir müssen die unkontrollierte Einwanderung beenden.“

Und wie bringt man denen, die nicht reinsollen, aber reinwollen, bei, dass sie draußen bleiben müssen? Mit bewaffneten Grenzern an der EU-Außengrenze. Da muss kein deutscher Polizist die Finger am Abzug krumm machen.

Medienprofi Palmer ist nicht auf seiner Maus ausgerutscht. Er weiß gar nicht, was dieser neumodische Kram ist – denn nach ihrem Sündenfall 1999 (Bomben auf Serbien wegen Auschwitz) sind er und seine Partei so erwachsen geworden, dass sie nun steinalt sein müssen.

Palmer merkt auf Facebook an, dass „manche Journalisten Teil des Problems“ seien, da der Spiegel ihn falsch präsentiert hätte. Och! Ganz klar, wenn die Grünen erwachsen sind, sind sie eine AfD mit Altmännerohren, aus denen drahtige Haare hervorstechen. Nun ist also die Zeit für Zäune um Deutschland, statt Multikulti-Paradies.

Schilder im Kriegsgebiet

Dazu gehört auch die Rede von einer Welt der sicheren Herkunftsstaaten: Afghanistan, Algerien, Tunesien, Marokko. Mit dieser hatte sich Parteikollege Winfried Kretschmann schon früh hervorgetan.

Palmer setzt noch eine drauf: Es gebe sogar im Irak Gebiete, die nicht unter IS-Kontrolle seien. Und laut Genfer Flüchtlingskonvention müssten Menschen erst einmal dorthin fliehen. Vielleicht sollte man im Kriegsgebiet Schilder aufstellen, damit auch die Flüchtenden Bescheid wissen.

Gegeneinander stehen also „Flüchtlinge“, die mutwillig gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen, weil sie, statt in Afghanistan oder Irak ums Leben zu bangen, nach Deutschland kommen, um ihr Recht auf Asyl in Anspruch zu nehmen. Und die in Palmers Paralleluniversum existierenden „realen“ Flüchtlinge, die eine bestimmte Anzahl und Herkunft haben müssen.

Daneben stellt er noch eine Rechnung des Wahnsinns auf. „Spätestens“ seit den Übergriffen von Silvester kämen „selbst grüne Professoren“ zu ihm und sagten: „Ich habe zwei blonde Töchter, ich sorge mich, wenn jetzt 60 arabische Männer in 200 Meter Entfernung wohnen.“ Also: 1 grüner Professor + 2 blonde Töchter + 60 arabische Männer in 200 Meter Entfernung = !#&%^.

Triggerfiguren

Deutsche Sorge? Das kollektive Unterbewusste? Es spricht aus Palmer. Wie viele Triggerfiguren hat er aufmarschieren lassen? Zweimal blonde Unschuld. Der grüne Professor als Symbol des besseren Lebens. Einer, der sagt wie es ist (wenn es nicht schon der Seehofer getan hat) – einer, der politische Floskeln von seiner Lebensrealität trennen kann und auch mal die Gemeinschaftsschule verhindert, weil er seine blonden Töchter nicht mit undeutschen Jungs in einem Klassenraum sehen mochte, man bedenke, das sind unter 200 Meter!

Quod erat demonstrandum. Deutschland ist kein Multikulti-Paradies. Und wer es noch nicht glaubt, kann den Rest bei Artur Dinter nachlesen.

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Sonja Vogel
tazzwei-Redakteurin
Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.
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13 Kommentare

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  • Temperament&Körpersprache

     

    "Der Bauer sprach zu seinem Jungen:

    Heut in der Stadt da wirst du gaffen.

    Wir fahren hin und sehn die Affen.

    O Vater, rief der Knabe,

    Sind Affen denn auch Leute?

    Der Vater sprach: Nun ja,

    Nicht ganz, doch so beinah."

    (W.B. Die Affen)

     

    kurz - "Drei Affen seht hier auf diesem Bild - Die kleinen zahm -

    Der Große wild!;()"

    Erwachsen? - die drei?!

    Kurzbehost! - sanns geblieben -

    Nur die Farbe - ist verschieden!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      (...

      Und für Gesichter

      Wie rechte Bösewichter.

      ...)

      (Wilhelm Busch, Die Affen)

      • @571 (Profil gelöscht):

        ;()

         

        sonn böser Wicht

        Sein - wollt ich nicht;)

        Vertraute - eben

        Sie wern's lesen;!()

        & sunny day

        by the way;)

  • Boris Palmen weiss also nicht, was dieser "neumodische Kram" (offenbar, weil in der Nähe zum Ausrutschen auf seiner Maus, ist da die moderne Kommunikation gemeint) ist, weshalb einige Zeilen weiter berichtet wird, dass er in Facebook geschrieben habe.

     

    Das passt nicht so recht zusammen.

     

    Viel wichtiger als dies ist jedoch, dass es auch nicht zusammengeht, einerseits regieren zu wollen und als Gewählte auch regieren zu "müssen", und sich andererseits an seinen Visionen messen lassen zu müssen. Regieren und Führen bzw. Leiten ist verbunden mit Abstrichen vom ursprünglich Gewollten machen zu müssen, man muss - wenn man sich wenigstens die Möglichkeit seiner Wiederwahl erhalten möchte - die Vision sozusagen alltagstauglich machen, in dem man das eigentliche Ziel herunterbricht und daraus kleine Schritte macht, ja, auch Umwege und Umleitungen in Kauf nimmt.

     

    Hintergrund dessen ist, dass - beispielsweise ! - die Mehrheit der baden-württembergischen Wählerinnen und Wähler so abgestimmt hat, dass nach der Wahl eine grün-rote Regierungskoalition möglich wurde; damit ist - was nach meiner Wahrnehmung sehr oft nicht bedacht und noch weniger berücksichtigt wird - das Land Baden-Württemberg noch lange nicht "grün-rot" geworden; es ist keine "sichere Bank", ein Machtwechsel zurück zu "schwarz" ist nicht nur eine Drohkulisse, sondern - leider - reale Gefahr.

     

    Das heisst nun nicht, dass, beim Beispiel der Flüchtlingspolitik, alle Argumentationen und Forderungen der CDU, oder, noch schlimmer, der AfD, übernommen werden müssen - insofern sollte Boris Palmen tatsächlich seine Worte besser wägen und bedenken -, das heisst nur, dass man sich als Regierende nicht vom Volk zu weit entfernen sollte (nicht nachplappern, aber ernste und ernst zu nehmende Fragen, Ängste und Sorgen annehmen, aufnehmen und angemessen beantworten).

    • @Der Allgäuer:

      Fortsetzung:

       

      Eine "lupenreine" Politik nach eigener Vision kann in der Opposition enden, und von dort Einfluss zu nehmen - das zeigen die schlechten Ergebnisse der "schwarz" dominierten Landespolitik "im Ländle" mehr als deutlich -, ist eher von zufälligen Ereignissen denn von einer "richtigen" politischen Taktik und Strategie abhängig.

       

      Nur als sehr kleines Beispiel: die CDU wurde hier nicht (!!) wegen bspw. "Stuttgart 21", sondern wegen der Atomkatastrophe in Fukushima abgewählt (siehe Ergebnis der Volksbefragung zu "S21").

      • @Der Allgäuer:

        So weit ich höre, besteht das größte Problem für etwa 50% aller Wähler gegenwärtig nicht darin, dass es deutschen Politikern ihrer Ansicht nach an der "'richtigen' politischen Taktik und Strategie" fehlt. Das größte Problem für etwa 50% aller Wähler scheint am Wahltag vielmehr darin zu bestehen, dass sie keinen Spitzenpolitiker erkennen können, dessen "richtige" politische Taktik und Strategie nicht nur ihm selbst nützt, sondern auch seinen Wählern.

         

        Führung bedeutet nicht, seinen Wählern offiziell nach dem Mund zu reden und inoffiziell zu tun, was immer man im Eigeninteresse tun will. Eine Grüne Partei, die keine Alternative ist zum traditionellen Ego-Shooting, braucht kein Mensch. Gebraucht werden Grüne, die ihren Wählern erklären können, was genau sie selbst von einer progressiven Politik haben. Und zwar so genau, dass sie es nicht wieder vergessen, wenn Josef mit seiner schwangeren Maria an die Haustür klopft. Dazu allerdings müssten die Politiker das selbst erst mal verstanden haben, schätze ich.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Der Allgäuer:

        "Nur als sehr kleines Beispiel: die CDU wurde hier nicht (!!) wegen bspw. "Stuttgart 21", sondern wegen der Atomkatastrophe in Fukushima abgewählt (siehe Ergebnis der Volksbefragung zu "S21")."

        Naja, sowohl - als auch. Die Befragung zu S 21 ging ja nicht allzu klar aus. Die "Frage" zur JA/NEIN-Antwort wurde auch nicht jede/m/r klar und - nicht vergessen - den Mappus wollte man auch loskriegen.

  • "Vielleicht sollte man im Kriegsgebiet Schilder aufstellen, damit auch die Flüchtenden Bescheid wissen."

     

    Wie kann man auch erwarten, dass Menschen sich in ihrer Heimat zurechtfinden? Da ist es doch deutlich einfacher den Weg durch die Türkei und halb Europa zu finden.

     

    "Der grüne Professor als Symbol des besseren Lebens. Einer, der sagt wie es ist (wenn es nicht schon der Seehofer getan hat) – einer, der politische Floskeln von seiner Lebensrealität trennen kann und auch mal die Gemeinschaftsschule verhindert, weil er seine blonden Töchter nicht mit undeutschen Jungs in einem Klassenraum sehen mochte, man bedenke, das sind unter 200 Meter!"

     

    Sie ziehen sich hier aber auch einiges an Unterstellungen, Absurditäten und Vorurteilen aus dem Arsch, wenn ich das mal in der Manier der guten "alten" Grünen ausdrücken darf.

     

    "Quod erat demonstrandum. Deutschland ist kein Multikulti-Paradies."

     

    Bingo! Und sie haben nur 32 Jahre gebraucht um darauf zu kommen.

    • @commodore:

      "Multikulti" wird von manchen Politikern schon seit Jahrzehnten wahlweise totgeredet oder "als gescheitert" erklärt. Gerne bei jedem Mikrofon an dem man vorbeikommt. Ich frage mich, wie manche sich das eigentlich vorstellen? Dass Deutschland ein homogener Block ist? Das war schon in den Adenauer Jahren nicht so. Was hatte ein katholischer Landwirt aus Süddeutschland mit einem aus Ostdeutschland stammenden protestantischen Professor zu tun? Was ist mit Zeugen Jehovas, Juden, Atheisten? Zählen die alle nicht? Sind alle Italiener, Türken, Griechen, Polen, Kosovaren die nach Deutschland gekommen sind kein Teil dieses Landes? Die zu Hause gerne ihre alte Landessprache pflegen und dennoch fließend Deutsch sprechen und so perfekt integriert sind dass sie niemandem mehr auffallen? Da muss man nur einmal einen Soziologen fragen. Und allein die Menschen innerhalb eines Bundeslandes können kulturell sehr verschieden sein und sind es seit Jahrzehnten. Man vergleiche nur einmal Franken und Altbayern.

       

      Dieses seltsame Verneinen von Multikulti scheint nur von einer Selbstvergewisserung der eigenen, als bedroht angesehenen Identität auszugehen.

    • @commodore:

      Nein, "Deutschland ist kein Multi-Kulti-Paradies", noch nicht mal ein Multi-Kulti-Land.

       

      Aber Deutschland ist eben auch kein unifarbenes, von Allem abgeschottenes und dumpf-eigenbrötlerisch vor sich hin lebendes Land, sondern es sollte ein weltoffenes und farbiges Land sein, das seiner aus der Geschichte erwachsenen Verantwortung gerecht werden sollte (so, wie jedes Land seine Geschichte und damit auch seine Verantwortung hat).

  • Wie wäre das: De Maizière, Kretschman, Steinmeier, Palmer & Co. mal ohne schusssichere Weste, Stahlhelm und Bodyguards mitten rein ins "sichere Herkunftsland" Afghanistan. Zusammen mit den abgeschobenen jungen Männern, die vor den Taliban flüchten mussten, um nicht früher oder später für die zu krepieren oder bei Weigerung von denen umgebracht zu werden. Halbwertzeit - ein Tag, eine Stunde, fünf Minuten, drei Sekunden ...? Aber nein, das darf man doch so nicht sagen. Das hat doch dann nix mehr mit der Realität ernsthafter Politik zu tun ...oder?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @fuzzytaz:

      Noch steht Afghaistan nicht auf der Liste.

      Aber sie könnte länger werden, bei Palmer steht ja schon so manches "friedliche" Fleckchen Irak drauf.

    • @fuzzytaz:

      Das wäre wohl das Dschungel-Camp, Version 4.0 ("Reality"): "Ich bin Politiker, holt mich hier raus!". Oder so ähnlich.

       

      Die Frage ist nur, wer den Genannten hier in Deutschland folgt, also wer würde Innen- und wer würde Aussenminister, wer würde ba-wü MP und wer würde OB von TÜ?

       

      Vielleicht - wer weiss das schon ? - wäre es besser, das Abendland von "Pegida" & Co. im Irak, in Syrien und in Afghanistan verteidigen zu lassen?