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Kolumne Fremd und befremdlichDer Schwanz der Nation

Kolumne
von Katrin Seddig

Autoposer sind Leute mit aufgemotzten Autos und dem Horizont eines Fünfjährigen. Es würde keine Autoposer geben, wenn die Leute nicht so neidisch auf sie wären.

Eingefangen: Ein Autoposer-Auto mit zu viel Dezibel im Autoknast der Polizei Foto: dpa

W as kann man über Autoposer sagen? Was tun diese Menschen? Und wenn ich Menschen sage, dann weiß jeder, dass ich Männer meine. Autoposer sind Männer, die sich von irgendwoher ein sehr großes und schnelles Auto besorgen, sie leihen es, sie leasen es, oder vielleicht kaufen sie es sich auch. Sie verändern gerne irgendwas an dem Auto, damit es auffälliger aussieht und auffälligere Geräusche macht und dann fahren sie mit diesem auffälligen, lauten Auto herum und fühlen sich. Sie äußern sich mit diesem Herumfahren: Guckt mal, was ich habe! Oder: Meins ist viel teurer, lauter, schicker, als deins!

Es ist die Geste eines Fünfjährigen, der dieses Auto in der Hand auf dem Teppich herumschiebt. Er dünkt sich besser, weil er etwas Besseres in seinem Besitz hat.

Ätsch! Diese Autoposer werden nun in Hamburg von der Soko „Autoposer“ gezielt „gejagt“, wie es heißt. Sie sind ja fast allen Leuten ein Dorn im Auge: Sie sind so frech, so laut, und die Leute ärgert es ja tatsächlich, dass so ein Bursche, „der in seinem Leben sicherlich noch nicht gearbeitet hat“, mit so einem teuren Auto herumkurvt.

Mit so einem Auto, das sich der selbst anständig arbeitende Kommentar-Klaus nicht leisten kann. Der selbst anständig arbeitende Kommentar-Klaus kann sich nur einen Jahreswagen von VW leisten. Einen Golf fährt er, einen vernünftigen Wagen. Und dafür hat er gespart. Oder „spart“ im Nachhinein.

Und dann sieht dieser Kommentar-Klaus diese Jungen, noch grün hinter den Ohren, mit solchen Wagen herumkurven, ganz frech, ganz laut. Und sie sagen diesem Kommentar-Klaus, dass ihr Auto viel größer ist, viel lauter als seines, obwohl sie es sich nicht verdient haben können, wie er es sich verdient hat, mit seiner anständigen Arbeit.

Lou Probsthayn
Katrin Seddig

Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr neuer Roman „Das Dorf“ ist kürzlich bei Rowohlt Berlin erschienen.

Kommentar-Klaus will Rache

Und das kann der Kommentar-Klaus nicht leiden. Er wünscht sich Rache. Er wünscht sich eine Soko, die diese Burschen bestraft. Die die Regeln nicht einhalten. Die Regeln sind, du sollst anständig arbeiten, damit du dir irgendwann ein mittelgroßes Auto leisten kannst, das dich immerhin nach außen mittelerfolgreich wirken lässt.

Am Sonntag fand in Hamburg der Haspa-Marathon statt. Und es ärgerten sich manche Autofahrer, dass sie an diesem Sonntag nicht Autofahren konnten. Man möge den Marathon doch mehr abseits legen, nicht mitten in die Stadt, damit man ungestört in der Stadt Autofahren könne, hieß es in den Kommentaren.

Dass sie nun an diesem Sonntag den Läufern die Straßen überlassen mussten, die sonst ihnen gehörten, das ärgerte die Autofahrer ganz ungemein. Das machte sie richtig wütend. Sie finden nämlich, dass es ihr Recht ist, an jedem Tag im Jahr, ungestört Auto zu fahren. Obwohl sie mit diesem Auto auch laut sind. Obwohl sie mit diesem Auto Abgase abgeben. Obwohl sie mit diesem Auto eine Gefahr darstellen.

Natürlich sind sie in geringerem Maße laut und weniger gefährlich, als die Autoposer. Und sie fahren ja sinnvoll irgendwohin, sie müssen ja Autofahren. Sie fahren zum Kaffeetrinken, zum Friseur, zum Einkaufen, zur Arbeit. Die Autoposer fahren nur so herum, um sich selbst in diesen Autos sehen zu lassen, zu einem regelwidrigem Zweck.

Autoposer sind Aufschneider

Früher hatten diese Leute Kutschen oder Pferde oder Schlösser. Es sind Aufschneider. Aufschneider haben Erfolg, weil wir neidisch sind. Sie haben Erfolg, weil Autos so einen hohen Wert in unserer Welt haben.

Wenn ein Auto nicht für einen Kommentar-Klaus so einen Wert hätte, wenn er nicht so neidisch wäre, dann würde es keine Autoposer geben. Es gibt ja auch keine Rollstuhlposer. Es gibt Rollstuhlfahrer – es fällt mir ein , weil ich letztens in Wandsbek einen sah – die ungeheuer elegant und kraftvoll mit ihrem Rollstuhl durch die Stadt sausen.

Ich bewundere das. Aber man kann damit nicht angeben. Man kann auch nicht mit seinen trainierten Füßen angeben, obwohl das viel mehr von einem selbst fordert. Angeben kann man nur mit einem Statussymbol. Die Soko „Autoposer“ kann also einigen Fünfjährigen für eine gewisse Zeit das Auto aus dem Verkehr ziehen, aber sie werden sich neue Autos besorgen. Sie werden nicht verschwinden. Solange nicht, wie das Auto der Schwanz der Nation bleibt.

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10 Kommentare

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  • Ich verstehe den Sinn dieses Artikels nicht. Also Poser gibt es nur weil die Welt neidisch auf sie ist? Sorry, ich hab auch ein Problem mit Posern, aber fahre ein Auto was sehr günstig ist. Es hat aber einen großen Stauraum. Für mich ist es zum Transport und nicht um mein kaputtes Ego aufzupolieren und mich zu profilieren. Bin ich nun Kommentar-Klaus? Solche Artikel wie diesen hier halte ich für verfehlt, an der Sache vorbei und kontraproduktiv.

  • Jetzt hat es die Journalisten-Katrin dem Kommentar-Klaus richtig gezeigt.

  • lasst sie doch ...

     

    wenn ich keine attraktive frau in den arm nimmt, du kein interessantes gespräch führen kannst, dich kultur nicht interessiert, du keine bücher liest, kein guter koch für deine freunde und bekannte sein kannst, dein zuhause langweilig ist, usw. ...

     

    dann doch wenigstens auf der strasse um aufmerksamkeit buhlen dürfen. bitte ?

  • Die Autoposer sind ehrlich gesagt ein verschwindend kleines Problemchen verglichen mit Kommentar-Klaus und seinen Freunden, weil die nämlich in ihrer Masse so viele Abgase produzieren, daß haufenweise andere Menschen daran sterben. Weil Kommentar-Klaus und seine Freunde fest überzeugt sind, daß Autofahren notwendig ist (auch zum Friseur).

     

    Übrigens fährt auch Kommentar-Karla gerne mit so einem Jahreswagen durch die Gegend, weil das Emanzipation symbolisiert, ohne anzuecken. Daher ist auch Kommentar-Karla nicht im mindesten bereit, ihren gern hergezeigten Autoschlüssel in der Schublade verschwinden zu lassen.

     

    Leider macht der öffentliche Nahverkehr es ihnen nicht leicht, ihr rauchendes, gollerndes Stinkteil mal stehen zu lassen. Denn dort werden sie zusammengepfercht wie Tiere auf dem Weg zum Schlachthof und wippen im Takt der wilden Bremsmanöver bis zum Schleudertrauma. Glücklicherweise dienen sie sich dabei gegenseitig als Airbags, weil das Ding rammelvoll ist.

     

    Vielleicht liegt das Problem darin, daß so viele Leute dauernd irgendwohin fahren wollen/müssen. Also quasi der Hund begraben im Hinterhof der modernen Konsumgesellschaft und nicht nur in den Kommentarköpfen (oder anderen Körperteilen).

    • @kditd:

      "Vielleicht liegt das Problem darin, daß so viele Leute dauernd irgendwohin fahren wollen/müssen."

      Und das liegt vielleicht daran,dass viele sich eine Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle nicht mehr leisten können.

      • @pippilotta_viktualia:

        Oder sie wollen lieber schoen mit Landlust im Gruenen leben und sich auf meine Kosten (der ohnehin schon teuer in der Stadt wohnt und mit dem Bus zur Arbeit kommt) das auch noch ueber eine Pendlerpauschale bezahlen lassen

  • Winner of the - Golden Midas-Mütze!;)

    Der Frank-Schirrmacher-Gesellschaft!

    Yeah & Trommelwirbel!

     

    Für diese Binse des Monats -;)( ~>

     

    Däh! "Kolumne Fremd und befremdlich

    Der Schwanz der Nation

    Autoposer sind Leute mit aufgemotzten Autos und dem Horizont eines Fünfjährigen. Es würde keine Autoposer geben, wenn die Leute nicht so neidisch auf sie wären."

     

    Genau Genau! Aber Hallo!

     

    Geht nach einstimmigen Votum der

    FAZ/TAZ-Redaktionen - an?!! ~>

    Däh! Na - Si'cher dat! Da mähtste nix.

    Normal ~>

     

    Applaus Applaus Applaus -

     

    Yeah - Katrin Seddig - !¡!-;)))))

     

    Applaus Applaus Applaus!

     

    Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen.

    Ihr neuer Roman „Das Dorf“ ist kürzlich bei Rowohlt Berlin erschienen.

    Katrin Seddig (* 1969 in Strausberg, Brandenburg) ist eine deutsche Schriftstellerin. Seddig studierte Landwirtschaft, Wirtschaftswissenschaft, Jura und Philosophie in Hamburg,

    Wo sie auch lebt und arbeitet.

     

    Helzrichen Gwücklunsch

  • Frederik Vester schlug vor, den Fahrzeugen die Bremsen auszubauen und dafür eine scharfe Messerspitze aus dem Lenkrad herausragen zu lassen. So regelt sich das Problem von alleine.

    • @xonra:

      Falsch verstanden - hier geht es darum, die Sicherheit zu erhoehen, da im Gegensatz zum Airbagunfall (dieser soll ausgebaut werden nicht die Bremsen) kein Fehler verziehen wird.

  • Ich werde nie verstehen, was an der Poserei und Parkplatzsuche so toll sein soll.