Kolumne Flimmern und Rauschen: Die Qual der Wahl
Der SWR, das gerne mal unterschätzte ARD-Schwergewicht im Südwesten, wählt eineN neueN IntendantIn. Kai Gniffke und Stefanie Schneider treten an.
E twas müssen die Mitteldeutschen Medientage richtig gemacht haben, denn anders als in so manchen Vorjahren wimmelt es nachgerade vor IntendantInnen und Leuten, die wirklich was zu sagen haben. Die Diskussionen sind inhaltlicher und erstarren nicht nur im ritualisierten Schlagabtausch (wobei die Betonung schon noch auf dem „nur“ liegt), das Publikum ist jünger, die Location, die alte Baumwollspinnerei in Leipzig, cooler und das Catering geil. Sogar das WLAN ist kostenlos und funktioniert. Kannste nicht meckern.
Womit wir beim Südwestrundfunk (SWR) wären: Das gerne mal unterschätzte ARD-Schwergewicht im Südwesten sendet für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg und braucht eineN neueN IntendantIn. Heute wird gewählt, und schon im Vorfeld gab’s was zu meckern:
Weil die Findungskommission nur zwei KandidatInnen auf den Zettel des Rundfunkrats schrieb, es aber eigentlich noch mehr plausible Interessierte gab. Der Rundfunkrat, dem die Pflicht und Schuldigkeit der Wahl obliegt, blieb indes bei seinem Verfahren. Was natürlich wieder ein bisschen nach ausgemachtem Spiel und ein paar Resten politischer Farbenlehre klingt. Für eine Institution wie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die sich gerade zu häuten und den Menschen, für die sie da ist, neu zu erklären versucht („Wir sind deins“), ist das eher mal kontraproduktiv.
Macht in diesem Fall aber nix, denn wenn man sich im SWR umhört, ist das Spiel wohl alles andere als ausgemacht: Mit Kai Gniffke und Stefanie Schneider gehen zwei SWR-Gewächse an den Start, die nach Meinung von Kennern der Gemengelage Kopf an Kopf liegen.
Absolute Mehrheit
Auch wenn man sich bei Gniffke dran erinnern muss, das er eine SWR-Senderkennung hat, weil er ja schon so lange bei ARD aktuell in Hamburg ist. Stefanie Schneider ist als Landesdirektorin Baden-Württemberg da dichter am SWR-Alltag. Gniffke ist SPD-Mitglied, Schneider parteilos und gilt, wenn überhaupt, eher als Kretzschmann-grün. Zum angenehmen Verhängnis wird beiden, dass man ihnen zutraut, den Job gut zu machen.
Medienprofi, bringt regelmäßig Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt.
Und dann ist da auch noch die Wahlordnung des SWR: Während bei anderen Anstalten zwar auch in den ersten Wahlgängen hohe Quoren vorgeschrieben sind, die dann in den folgenden Wahlgängen aber sinken dürfen, sieht’s beim SWR ein bisschen anders aus:
Wer hier gewinnen will, braucht ne absolute Mehrheit. Und am morgigen Wahltag sind auch nur zwei Wahlgänge drin. Gibt es nach diesen zwei Wahlgängen keineN neueN IntendantIn, darf erst nach sechs Wochen ein neuer Wahltermin stattfinden. Um den RundfunkrätInnen nicht den Sommerurlaub zu verdrießen, könnte man es natürlich auch mit ner Doppelspitze versuchen.
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