Kolumne Die Kriegsreporterin: Frauentag mit Tamtam
Wenn Frauen zusammenkommen, ist das so ähnlich wie ein Treffen von Orchideenzüchtern oder Gedöns-Experten. Ja, so sind wir Frauen eben! Immer für Klimbim zu haben!
H allo taz-Medienredaktion!
Am Donnerstag ist Internationaler Frauentag und alle reden von … der Quote! Der Frauenquote für Führungspositionen. Auch in den Medien. Was die Damen der Pro-quote.de-Seite da losgetreten haben – das ist eine Freude, das ist ein Fest! Die Führungsherren der Medienhäuser halten zwar noch die rechte Hand hoch und zählen mit Hilfe der linken an den Fingern ab, wie viele Frauen auf Führungspositionen ihnen in ihren Häusern einfallen – wir Proquote-Elsen aber haben eine echte Gaudi.
Der Spiegel bringt passend zur Diskussion ein schönes Interview mit der wohl mächtigsten Journalistin der USA, Tina Brown, die versucht, Newsweek wieder auf die Beine zu stellen. Und die diese Woche die weibliche Elite der Welt zur Diskussionsrunde „Women in the World“ einlädt.
Und weil es Frauen sind, die hier zusammenkommen, was so ähnlich ist wie ein Treffen von Orchideenzüchtern oder Gedöns-Experten, bescheinigt Spiegel-Mann Thomas Schulz Tina Brown, die Einladung mit großem „Tamtam“ zu begleiten. Nicht etwa durch eine groß angelegte PR-Aktion, aufwendiger Werbung oder lautem Medienrauschen, nein, mit „Tamtam“.
Ja, so sind wir Frauen eben! Immer für Klimbim zu haben! Wahrscheinlich weiß der arme Thomas Schulz, der laut Ursula von der Leyens Definition männlicher Übermacht in die Kategorie „Klumpenrisiko“ fällt, noch gar nicht, dass wir Frauen auch ein Faible für „schnipp-schnapp“ haben. Immer mal wieder.
Auch der NDR wird zum Internationalen Frauentag lebendig und zeigt ausgesprochen gute Filme, bei denen Frauen im Fokus stehen. Dass diese Reihe nun ausgerechnet „starke Frauen“ heißt, muss entweder dem Umstand geschuldet sein, dass ähnlich wie bei der Brigitte auch beim NDR noch viele Frauen mit Doppelnamen arbeiten oder dass Männer sich das ausgedacht haben und meinten, sie täten Frauen damit einen Gefallen.
Frauen wollen weder Gefallen noch Geschenke
Dabei wollen wir weder Gefallen noch Geschenke. Und so ist es im Sinne der Unvoreingenommenheit auch in Ordnung, wenn die Bahn jetzt ihren Journalistenrabatt auf die BahnCard einkassiert, was vor allem die freien Journalisten betrifft. Konsequenterweise werden die großen Verlage jetzt sicherlich auf die Vorzüge, die sie als Großkunde mitnehmen, verzichten.
Dass die Bahn ihren Rabatt für „nicht mehr zeitgemäß“ hält, haben wir Christian Wulff zu verdanken, dessen größtes Verdienst als Bundespräsident es gewesen sein mag, die Rabatt- und Abgreifmentalität in den Fokus gerückt zu haben. Dessen Verabschiedungs-Tamtam mit allerlei Tröt-Tröt und Rumtata wird von der ARD übertragen. Wahrscheinlich liegt es schlichtweg daran, dass alle froh sind, dass er geht, dass ARD und ZDF nicht wieder beide live senden.
Immerhin hat sich Deutschlands größte Blamage seit dem 24. Platz beim Grand Prix 2005 angeblich „Evory and Ibony“ von Paul McCartney gewünscht, was die Muslime, die Wulff laut Spiegel jetzt schon vermissen, nicht verstehen können. Schließlich sind sie ja nicht schwarz. Immerhin soll ein Cousin dritten Grades eines der als Kofferbomber bekannt gewordenen Deutschlandkritikers die Fanfare blasen. Der ist 13 Jahre alt und hat nur einen Arm. Lepra.
Es soll Christian Wulff sehr wichtig gewesen sein, auch hier ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. Fast hätte er Bushido, geehrt mit dem Bambi für Integration, eingeladen. Auch dem ist in letzter Zeit sehr übel mitgespielt worden. Zuletzt durch den Schwarzbraun-ist-die-Haselnuss-Sänger Heino, der seinen Bambi auf Bushidos Auszeichnung hin zurückgegeben hat. Die Integrationsfahne hissend, zurück nach Berlin!
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