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Kolumne Die KriegsreporterinMarmelade und Heizdecken

Kolumne
von Silke Burmester

Willkommen im Kummerland Gruner + Jahr: Der „Stern“ versinkt in der Bedeutungslosigkeit. Da will die „Brigitte“ natürlich nicht hintenanstehen.

Frontfrau bei Gruner + Jahr: Julia Jäkel. Bild: dpa

H allo taz-Medienredaktion!

Haben wir zufällig bald eine Bundestagswahl? Steht der größte Terrorismusprozess seit Baader-Meinhof vor der Tür? Hat eine Studie von Unicef gerade offenbart, dass die deutschen Jugendlichen – unsere Zukunft! – kreuzunglücklich sind? Und zwar so sehr, dass sie in der Untersuchung von 29 Industriestaaten auf Platz 22 landen, kurz vor den rumänischen Kids?

Und was macht der Stern, dieses vom Nordwind durchgerüttelte Magazin nach seiner Frischzellenkur? Es berichtet vom „Lauf ins Glück!“ Selbst als die Republik letzte Woche noch auf den Anstieg des Thermometers auf über 10 Grad hoffte, schrieb man in Hamburg „Der Frühling ist da“ auf den Titel. Für ein Magazin, das berichten soll, was ist, eine tolle Behauptung. Aber wer braucht schon Tatsachen, wenn der Leser beim Orakelorgan Stern 100 Personal Trainer gewinnen kann?

Personal Berater hatte die neue Führung kontaktiert, die Besten der besten Blattmacher weltweit befragt, nach New York war man gejettet, um den Wind of Change durch das Blatt zu pusten.

Bild: Eva Häberle
Silke Burmester

ist Kolumnistin und Autorin der taz.

Und was ist das Ergebnis? Artikel auf Fitzelgröße und die Doppelseite „Kurze Antworten auf drängende Fragen“ in der Rubrik „Die Welt verstehen“. Etwa die auf die Frage: „Kann Mokka wirklich das Leben verlängern?“ Was insofern drängend ist, als dass, wenn dem so sei, man es schnell wissen muss, um stante pede anfangen zu können mit dem Mokkatrinken. Zumindest, wenn man lange leben möchte.

Da ich jetzt weiß, dass dem nicht so ist, verstehe ich auch die Welt besser. Also, warum so viele Menschen, die noch keine 100 Jahre alt sind, sterben. Allerdings würde ich auch gern das Heft verstehen. Etwa, wenn auf dem Titel zu Margaret Thatchers Tod zu lesen ist: „Ein persönlicher Nachruf in Bildern“, und dann irgendwelche Fotos gezeigt werden, aber offen bleibt, wer die denn nun ausgesucht hat. Wessen persönliche Betroffenheit die Auswahl begründet.

Aber nicht nur der Stern dürfte Gruner & Jahr derzeit Sorge bereiten, eigentlich ist der ganze Verlag ein großes Kummerland. Die Brigitte zum Beispiel. Die wird nun nach dem Aufstieg des Chefredakteurs Stefan Schäfer zum Vorstand „Produkte“ – Marmelade, Heizdecken, Zeitschriften – von Brigitte Huber verantwortet, die zusammen mit Andreas Lebert zehn Jahre Gelegenheit hatte, das Blatt nach vorn zu bringen. Und so ziemlich das Gegenteil bewirkt hat.

Oder Hitler. 30 Jahre ist es Ende April her, dass der dem Stern seine Tagebücher untergeschoben hat. Richtig heiß wurde die Sache im Mai, sodass der Mai für die erinnernde Presse als der Jubiläumsmonat gelten wird. Das ist traditionell der Monat für die Verleihung des Henri-Nannen-Preises. Na, was ein Glück, dass das Schauspielhaus renoviert wird, da kann man mit der Änderung des Veranstaltungsortes auch gleich von dem blöden Desaster-Monat abrücken und die Verleihung im April stattfinden lassen. Nicht, dass die 30-Jahre-Hitler-Presse noch die schöne Verleihung ruiniert! Irgendwo muss das Positive, das Glamouröse doch herkommen, das man mit dem einstigen Prestigeverlag in Verbindung bringen soll.

Ruhig ist es aktuell in der Hafencity, beim Spiegel. Nix Neues von der Chefsuche. Nachdem aber mit Mathias Müller von Blumencron das Klischee vom segelnden Hamburger Chefredakteur das Haus verlassen hat, überlege ich, ob es sein kann, dass das Rennen um den obersten Posten auf der Alster ausgetragen wird? Sitzen Wolfgang Büchner, Jakob Augstein und weitere Kandidaten womöglich grad in einer Jolle und warten auf Wind?

Das Fernrohr im Anschlag zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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6 Kommentare

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  • CT
    Christophe T.

    uff Burmester is back!!

  • T
    tazitus

    @Silke Burmester:

     

    "..Und die Brigitte hat die Frauen jahrelang mit ihren falschen Diättips genervt und schreibt neuerdings einfach bei Dr. Pape ab.."

    Dr. Detlef P A pe. "Schlank im Schlaf" usw. der aktuelle Diät-Pap(e)st.

    Liebe Silke Burmester, das habe ja sogar ich verstanden, obwohl ich noch nie eine Brigitte gelesen habe.

  • SB
    Silke Burmester

    Hallo Lesbomat!

     

    Was meinst Du mit: "Schreibt neuerdings bei Dr. Pepe ab."?

     

    Bitte um Nachricht an: kriegsreporterin@taz.de

     

    Es dankt

    Silke Burmester

  • R
    ridicule

    "…Haben wir zufällig

    kurz vor den rumänischen Kids?"

     

    Doch, doch;

    und was macht Silke Burmester?

     

    Da sie ne Plattdeutsche offen und sichtlich

    nich sein will:

    nich Würfelhusten, eher Mundstuhl.

  • L
    Lesbomat

    Mein Lieblingssatz aus dem Stern der letzten Woche: "Laufen eignet sich bestens für beide Geschlechter: Männer können an ihre Grenzen gehen, Frauen finden den ersehnten Genuss." Anscheinend kennt der Stern keine Frauen, die beim Laufen auch mal schwitzen. Nach der Laura Himmelreich Sache schon der Hammer, wie Sport treibende Frauen in diesem Artikel veräppelt werden. Da ist mir wirklich mein Geld zu schade, um auch nur zur Unterhaltung ein solches Magazin zu erwerben. Und die Brigitte hat die Frauen jahrelang mit ihren falschen Diättips genervt und schreibt neuerdings einfach bei Dr. Pape ab, ohne die Fehlinformationen, an denen sie jahrzehntelang gut verdient haben, jemals zu thematisieren. Leider haben sich die Printtitel in weiten Teilen derart von ihrer Zielgruppe verabschiedet, dass sie obsolet geworden sind.

  • E
    ennui

    Ob ’s vielleicht ’n Magazin für (Hobby-)PersonalchefInnen gibt?