Kolumne Die Kriegsreporterin: Hausfrauenorgasmus mit Rieu
„Bunte“, „Stern“, Patricia Riekel, Maria Furtwängler und Pudelfrisuren. Dazu die Lehre: Wer anderen einen Ohrwurm schenkt, wird ihn selbst nicht mehr los.
H allo, taz-Medienredaktion!
Mein Management ist aktuell verreist, darum verkünde ich es selbst: Ich heiße ab sofort Sandy. Ja, ihr habt richtig gehört, ich möchte „Sandy“ genannt werden. Sandy Burmester. Das klingt nach einem wohl riechenden Produkt aus der Seifen-Ecke bei Rossmann und nicht länger nach etwas, das die Luft neutralisiert.
Denn Erfolg kommt ja nicht von nichts. Das weiß auch die Bunte, die wieder Maria Furtwängler als „Superfrau“ auf den Titel hob und ein Interview über „Erfolg“ mit ihr führte. Patricia Riekel (PR): „Frau Furtwängler, Sie sind erneut bei uns auf dem Titel. Wie schaffen Sie das?“
MF: „Ich habe beizeiten den Mann geheiratet, dem das Blatt gehört. Also Ihren Chef. So gesehen, ist es ganz einfach.“
PR: „Wir nennen Sie ’eine der populärsten Schauspielerinnen‘, bedeutet das denn gar nichts?“
FM: „Doch. Das war sehr wichtig, als ich noch sehr schlecht spielte, wissen Sie. Mittlerweile bin ich ja etwas besser geworden. Man sieht es in einzelnen Szenen, dass ich die zuvor mit einem Coach durchgehe. Trotzdem gibt es auch immer wieder Szenen, die mir nicht gelingen wollen. Da sind solche Sätze wichtig.“
PR: „Ich habe jetzt viele Jahre lang rumgeschleimt und Sie in den Prominentenhimmel gelobt. Dennoch muss ich hier wohl ewig sitzen. Haben Sie einen Tipp für mich?“
berichtet von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de
MF: „Nö, eigentlich nicht.“
PR: „Danke für das Gespräch.“
Erschreckendes meldete letzte Woche die Wissenschaft: Zwei Drittel aller deutschen Journalisten kritisieren nie ihre KollegInnen. Scheiße, da will ich nicht zugehören! Also, taz, was ich euch sagen will: Eure neue Wochenendausgabe ist ja ganz hübsch. Aber warum so langweilig??? Ist Anpassung das neue Neu? Wo sind die Kracher? Die Formate, die überraschen?
Voll mit Anpassung!
Wieso macht ihr etwas neu und dann so alt? Zumal ihr in derselben Ausgabe Consantin Seibt als Medienschlaumeier sagen lasst: „Die cleverste Strategie, den Journalismus zu erneuern, ist der Tabubruch.“ Und dann macht ihr so ein braves Heftle? Da ist ja nicht mal die Lücke drin, die die Chefredakteurin verspricht! Selbst die ist voll mit Anpassung! Nee, nee, nee, taz.
So wird das nix. Arbeiten denn bei euch keine jungen Leute? Welche mit Ideen? Die „Unverschämtes wagen“, wie Seibt fordert? Auf der anderen Seite weiß ich natürlich nur zu gut, dass man den Kürzeren ziehen kann, wenn man andere auf etwas aufmerksam machen möchte.
Ich wollte die Leute, die sich so bemühen, den Stern wieder zum Leuchten zu bringen, mit einem Lied erfreuen und habe dazu DJ-Ötzis „Ein Stern, der Deinen Namen trägt“ bei Youtube gesucht.
Gefunden habe ich eine ganz grandiose Aufnahme mit André Rieu, der ein Orchester dirigiert, dessen Musikerinnen hinter Goldschnörkeln sitzend in Kaugummiblasen gekleidet musizieren, während im Publikum die Hausfrauen ihren Hausfrauenorgasmus erleben und André Rieu bei Minute 1:15 seinen wohl durch Extasy ausgelösten Gefühlen freien Lauf lässt. So weit meine Geste für die Stern-Kollegen.
Pudelfrisurenpornoorchester
Doch wer anderen einen Ohrwurm schenken will, wird ihn selbst nicht mehr los. Seit letzter Woche nun singe ich quasi ununterbrochen: „Ein Stern, der Deinen Namen trägt“ und werde langsam so gaga wie André Rieu mit seinem Pudelfrisurenpornoorchester, das die Hausfrauen und ihre Beglücker im Saal sichtlich wuschig macht.
In diesem Sinne war der Wunsch, von nun an „Sandy“ genannt zu werden, wohl doch überzogen. Ich bleibe bei meinem Neutralseifennamen. Danke. Damit zurück zu denen, die noch alle Tassen im Schrank haben, zurück nach Berlin!
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