Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Suche nach der doppelten Loki
Thomas Schreiber, Adolf Hitler, Silicon Valley und Ursula Karven. Außerdem: Wer spielt Loki im Dokudrama über Helmut Schmidt?
H allo, taz-Medienredaktion!
Ich stelle mir vor, wie Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung, vor die Mikrofone tritt und Entgleisungen wie die des ungarischen Ministerpräsidenten Orbán, der Merkels Politik mit der Hitlers verglich, damit begründet, dass die Regierung es aktuell auch nicht leicht habe.
Der Beitrag der Gruppe Cascada beim Eurovision Song Contest hätte mit seiner Vorjahressieger-Abklatsch-Melodie, dem schlimmen Fummel der Sängerin und der Dumpfheit des Autoscooterschremmelgedudels Merkel um die Grundlage gebracht, noch ernst genommen zu werden. Europa lacht über diesen Beitrag – wie soll die Kanzlerin mit ihrer Politik da noch mit Respekt rechnen können?
Das wird Steffen Seibert nicht tun, dafür ist er zu schlau, selbst wenn es so wäre. Anders Thomas Schreiber, Koordinator des Unterhaltungsprogramms der ARD. Er kommt auf die immerhin originelle Idee, das schlechte Abschneiden der peinlichen Cascada-Truppe mit Merkels Politik zu begründen: „Da stand nicht nur Cascada auf der Bühne, da stand auch Deutschland auf der Bühne.“ Was allerdings weder die Punkte aus Spanien noch die aus Österreich erklärt, zwei der insgesamt fünf Länder, die sich erweichen ließen, Deutschland Punkte zu geben.
ist Kolumnistin und Autorin der taz.
Auf der anderen Seite … – seitdem wir den Ösis Hitler abgenommen haben, sind die doch recht entgegenkommend. Lustigerweise hat die „Tagesschau“ diese Erklärung Schreibers gesendet, und zwar mit den Worten, die Verantwortlichen suchten „etwas ratlos nach Gründen“. Was bedeuten könnte, man will den Mann loswerden. Oder dem Spott durch offensives Benennen entgegentreten?
Schon wieder kurz vor uncool
Sag mal, Medienredaktion, wann fliegst du eigentlich ins Silicon Valley? Das ist ja jetzt SO en vogue! Silicon Valley ist das neue New York für Medienleute. Ging man früher nach NY, um sich inspirieren zu lassen, geht man heute in die Wüste. Das ist so chic! Da es jetzt sogar schon Stern-Leute machen, ist es allerdings auch schon wieder kurz vor uncool. Also bleib lieber hier! Oder fahr nach NY! Und wenn du wirklich zweifelst, ob es nicht doch ganz irrsinnig helfen würde, dann warte doch einfach ab, ob der Stern demnächst online unglaubliches Zeug bringt. Ich glaube, so einfach ist es.
Wie einfach es ist, potenzielle oder aktuelle Anzeigenkunden glücklich zu machen, macht kaum jemand so gut vor wie die Bunte. Die hat einen Text zur Scheidung von Ursula Karven und stellt diese als „Testimonial für Deutschlands älteste Naturkosmetik Logona“ vor. Nach ein paar Zeilen über das Ende der Ehe und ihre beruflichen Pläne heißt es: „Von Naturkosmetik ist Ursula Karven übrigens restlos überzeugt.“
Dann bekommt sie Gelegenheit, sich über die Vorteile von Naturkosmetik in wunderbaren PR-Formulierungen auszulassen. Wie gut Logona ist, kann man sehen, wenn man Frau Karven anschaut. Die ist zwar bald 49, aber an der ist alles so schön straff! Voll natürlich! Hätte der Geschäftsführer mal auch das Zeug benutzt! Der ist nur um die vier Jahre älter und überhaupt nicht so faltenfrei wie Frau Karven.
Apropos Aussehen: Helmut Schmidts Leben wird als Dokudrama verfilmt, und ich frage mich, woher man die Schauspielerin nimmt, die wie Loki aussieht, zumal sie ja auch noch eine Zwillingsschwester haben muss für die Darstellung von Herrn Schmidts Freundin. Aber das soll nicht meine Sorge sein. Meine Sorge ist vielmehr die Frage, ob Thomas Schreiber bei seinem Statement Schuhe anhatte oder nicht. Ich werde Jan-Eric Peters, Chefredakteur von Die Welt, anrufen. Der weiß so etwas. Und damit zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag