piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinSchnuppern an Tom Boring

Kolumne
von Silke Burmester

Vom Neuen beim WDR, den Tittenheftchen im britischen Supermarkt und diesen gestandenen Publizisten, die jetzt wegen einem Nudelhaus rumheulen.

Über Pinkstinks Petition berichtet kaum eine Zeitung. Man könnte es sich ja mit der Werbeindustrie verderben. Screenshot: pinkstinks.de/aktionen

D er, die, das, wer, wie, was wird Intendant beim WDR? Der Tom Buhrow wird es! Der Professor Hastig der Tagesthemen. Vom Charisma und dem Esprit des Tom Boring (danke Twitter!) schlicht aus den Puschen gehauen, freut sich der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor laut Pressemitteilung auf die Zusammenarbeit „mit dem Tom Buhrow“.

Erstaunlicherweise weiß Welt Kompakt, dass der Tom Stallgeruch hat. Bäääh! Die armen Kollegen vom WDR! Der arme Tom Buhrow! Sitzt in der Kantine immer allein … Und was für eine unappetitliche Vorstellung, dass die so nah rangehen von Welt Kompakt. Schnüffeln die an ihren Interviewpartnern? Am Kopf?

Keine Ahnung, ob das Männer wie den Tom anspricht, aber in Großbritannien könnten die Tittenblätter aus den Supermärkten verschwinden. Viele Angestellte wollen den Sexismus am Arbeitsplatz nicht länger hinnehmen, und die, die dort einkaufen, haben keine Lust mehr, von Frauen, die scheinbar Lust auf Geschlechtsverkehr haben, noch wuschiger gemacht zu werden, wenn sie sich eh schon nicht zwischen Radieschen und Shortbread entscheiden können.

Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Da kann die Bild nur froh sein, dass sie die Nackte auf der Seite 1 schon vor Längerem in den Mantelteil befördert hat. Just in case, dass jemand bei uns auf die Idee kommt, den Sexismus anzuprangern. Also nicht Brüderle, schon klar. Aber der Stern, das Frauenkämpferblatt, vielleicht.

Zumindest in einem Punkt sind Hamburgs Medienmänner aktuell sehr engagiert. Es sind Männer wie der Tom, gestandene Publizisten und Medien-Shaker, die gegen die Schließung ihres Lieblingsitalieners protestierten. Lars Hinrichs, der Gründer von Xing, hat Grund und Boden erworben und würde gern das „Osteria Due“ plattmachen. Mitten in Pöseldorf.

Nudeln in Tinte für 27 Euro

Männer wie der Roger Willemsen, der Uli Wickert und der Hellmuth Karasek riefen den Bürgermeister an, um dem Übel Einhalt zu gebieten. Und ich sage: Soll ihnen der Bagger den Stuhl unter dem Arsch wegreißen! Leute, die nie den Mund aufgemacht haben zu dem Umstand, dass Stadtteile ihr Gesicht verlieren, dass die angestammte Bevölkerung wegziehen muss, damit das Kapital seine Fratze in „den neuen In-Vierteln“ in die Sonne halten kann. Journalisten, die mit ihren Old-Boys-Netzwerken eine Brut wie Lars Xing gesäugt haben, jammern jetzt, weil sie ihre Nudel in Tinte für 27 Euro drei Häuser weiter einnehmen müssen?

Ja, mit dem Journalismus geht es bergab. Nicht einmal seine Hautevolee genießt Artenschutz. Dass Hamburger Medien berichten, ist das eine. Dass jemand wie die Süddeutsche Zeitung der „Pesto-Petition“ ein Drittel Seite freiräumt, das andere. Aktuell gibt es auch eine Petition an den Werberat. Der wird aufgefordert, seine Richtlinien bezüglich des Sexismus in der Werbung so zu ändern, dass auch die Auffassungsfähigkeit von Kindern berücksichtigt wird.

Die werden nämlich allerorten mit den sexistischen Geschlechterbildern konfrontiert und begreifen gar nicht, dass dies stets von einem „Augenzwinkern“ begleitet ist, also gar nicht sexistisch, wie der Werberat sagt, wenn es Beschwerden gibt. Die wachsen in dem Glauben auf, ein Mann müsse neun heiße Bikinifrauen auf einmal befriedigen können, die sich vor lauter Lust an ihm reiben.

Über diese Petition berichtet kaum eine Zeitung. Warum, ist klar. Man könnte es sich ja mit der Werbeindustrie verderben. Das Nudelhaus vermeldet aktuell, dass es gerettet sei, der Mietvertrag verlängert. Ob die Politik bei der Entscheidung mitgemischt hat, kann ja das Hamburger Abendblatt mal recherchieren. Oder die Süddeutsche. Und damit zurück nach Berlin!

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • T
    tazitus

    Ist ein Text so gut gelungen,

    erfährt er auch Belobigungen.

     

    Hier wird ja wieder heftig gebaggert.

     

    Ein Baggerfahrer sitzt in der Kabine,

    auf dass er seine Brötchen dort verdiene.

    Wenn er auf die Hebel drückt,

    sorgt er für Bewegung.

    Wenn ihm was besonders glückt,

    führt das zu Erregung.

     

    Er hebt den Arm und grüßt so nett.

    (Es gibt auch Bagger als Ballett)

     

    http://www.clipfish.de/video/1593063/bagger-ballett/

  • V
    vic

    Liebe Silke,

    das war wie immer ein Genuss, aber heute besonders gelungen.

  • CT
    Christophe T.

    @von Waldfee: OMG - lassen sie die Burmester um Gottes Wilden so weiterschreiben - unbedarftes Journalisten-Gewusche gibt's ja nu wirklich zu Hauffington. Wenn Ihnen das zu stark ist - FAZ lesen (=super harmlos)!!

     

    Allein schon der Baggersatz ist mehr wert als ein 5 Jahres FAZ Abo!

  • CT
    Christophe T.

    Soll ihnen der Bagger den Stuhl unter dem Arsch wegreißen! Leute, die nie den Mund aufgemacht haben zu dem Umstand, dass Stadtteile ihr Gesicht verlieren, dass die angestammte Bevölkerung wegziehen muss, damit das Kapital seine Fratze in „den neuen In-Vierteln“ in die Sonne halten kann.

     

     

    WOW Frau Burmester !! Bekommt man eigentlich Ärger wenn man so unverblümte und direkte Aussagen macht?

  • W
    Waldfee

    Ooch, Frau Burmester, da haben Ihnen aber die bösen Redakteure (m) mal wieder richtig übel mitgespielt! Allesamt freilich - wie Ihren Kolumnen stets zu entnehmen - wahlweise inkompetent, dämlich, chauvinistisch, hinterm Mond und v.a. unwillig, die Chefplätze zu räumen. Da hat Burow, den ich im Übrigen auch nicht mag, noch mal Glück gehabt. Der ist halt nur langweilig. Bin an der Stelle ganz bei Ihnen.

    Ich empfehle Ihnen jedoch mal einen Gang in die Redaktionsstuben bei 3Sat mit gefühlt 90% weiblichen Führungskräften. Oder zum rbb! Ja genau, das ist der phänomenale Hauptstadtsender mit der noch phänomenaleren Längstzeit-IntendantIn! Oder zum mdr! Natürlich völlig zu unrecht bis heute als "Zonenbutze" verschrien, wo doch 'ne echte Powerfrau am Steuer steht. Oder Sie recherchieren mal im Old-Girls-Netzwerk zwischen dpa, ehrgeizigen Twitter-JüngerInnen und den z.T. Chef-RedakteurInnen von SPON, ZO, SZO bis hin zum Staats-TV, wie man gemeinschaftlich 'ne Medienkampagne inszeniert, in deren Resultat man, sorry, frau die komplette Hälfte dieser Bevölkerung als widerliche sexistische Kackbratzen erscheinen läßt. Man wird Sie dort sicher mit offenen Armen empfangen... Vielleicht ist da auch ein ChefIn-Sessel für Sie drin. ;-)

    P.S. Misandrie ist übrigens heilbar! Und guter Journalismus leider inzwischen Mangelware...

  • C
    cmueller

    Suuuper !

    Vor allen Dingen die Wendung um die Xing-Mäzenen,

    die sich nie um die Abrisshäuser scherten, jetzt aber

    wie Bolle um den Einnahmeplatz Ihrer Tintennudeln bangen ;-) Das ist ebenso witzig wie dekadent.

  • R
    ridicule

    Noch ganz wuschig vom Lesen,

    sei der aus Kalau erlaubt:

    Schnöseldorf.

     

    Damit zurück auf den Balkon

    - wg der Außenwerbung.