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Kolumne Die KriegsreporterinDer Klugscheißer trägt Prada

Kolumne
von Silke Burmester

Das Outfit von Juli Zeh, die Ariel-Propaganda der Nazi-Nannen-Negierer und der „Tatort“ aus Münster auf der großen Leinwand.

Demnächst auch im Kino? Die ARD-Fernsehkommissare Axel Prahl und Jan Josef Liefers. Bild: dpa

H allo taz-Medienredaktion! Ich bin so froh, festzustellen, dass es nicht nur sie noch gibt, die guten alten Dinge, sondern dass auch in meinem Gewerbe noch so mancher Stein auf dem anderen ist. Sprich, dass es sie noch gibt, die Journalistinnen und Journalisten, die überbezahlt im feinen Zwirn in ihrem Elfenbeinturm sitzen und überheblich auf die Welt hinabblicken.

So Julia Werner, die sich für die Süddeutsche Zeitung über das Outfit von Juli Zeh mokierte, die in eine Talkshow gegangen war, ohne sich dafür der Kleidung zu entledigen, in der andere Menschen ihre Feldarbeit verrichten. „Blitzgescheit sein bringt einen hierzulande auch nicht weiter“, fazitiert Frau Werner, „jedenfalls nicht zu Prada-Klamotten und so.“

Ja, es ist doch immer wieder ein Ärgernis für die Eliten, wenn ihresgleichen so aus der Art fällt und sich einfach nicht einfügen will in den Aufschneider-konformitätslook von Prada und so. Natürlich könnte man annehmen, manch einer suche Ausgleich für seinen angepassten Kleingeist mittels Prada und so, in diesem Falle aber freue ich mich einfach mal darüber, dass es sie noch gibt, die guten alten arroganten Klugschreiber in Prada und so, denen nicht einmal die Krise, die diese Branche inklusive der Süddeutschen durchschüttelt, das Hirn zurechtruckeln konnte und alles noch an seinem Platz ist. Und so.

Mehr so in Palomino und so gewandet, dafür aber von Geist und Größe, ist der Kollege Willi Winkler, der, ebenfalls in der Süddeutschen Zeitung, verschiedentlich Artikel zu Henri Nannen als Nationalsozialist veröffentlichte. Seinen Recherchen nach bin ich im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Jacob Appelbaums Absicht, seinen Nannen-Preis einzuschmelzen, der Ariel-Propaganda der Nazi-Nannen-Negierer auf den Leim gegangen.

„Glaubhaft bereut“

Ich hatte geschrieben, Nannen habe seine Nazi-Aktivitäten „glaubhaft bereut“. Liest man Winkler, ist das Blödsinn. Beziehungsweise ist von Reue keine Rede. Und von Glaubhaftigkeit auch nicht. Man hat jetzt eher einen weiteren Mann auf der Liste, der trotz erschreckender Denke, mangelnder Distanzierung und Patronage von Nazis nach 1945 zum Vorbild wurde.

Die ARD oder das Erste oder die Erste ARD oder weiß der Deibel, wie die angeschrien werden wollen, planen einen „Tatort“-Kinofilm. Das Münsteraner Dick-und-Doof-Duo Boerne und Thiel sollen gegen Eintrittspreis ermitteln. Und das finde ich, ehrlich gesagt, etwas bescheuert. Es ist ja nix Neues, dass vom Fernsehen kofinanzierte und koproduzierte Filme im Kino laufen, dass aber ein Fernsehformat, das der Gebührenzahler durch seinen Obolus finanziert, ins Kino kommt und der Gebührenmensch dann noch mal Geld ausgeben soll für etwas, dessen Herstellung er bereits bezahlt hat, finde ich recht doof.

Vielleicht aber tu ich den ARDdasErste-Leuten auch Unrecht und alle, die die Haushaltsabgabe leisten, dürfen umsonst rein. Was das Mindeste sein sollte. Schließlich sind es die Fernsehzuschauer, die mit ihrem Einschalten die beiden Herren Boerne und Thiel in die Sphäre des Erfolgs gedrückt haben.

Aus den Sphären, in denen die geistige Umnachtung zu Hause ist, hat die Bild-Zeitung dieser Tage gesendet. In bester Gaga-Manier titelte die Zeitung zum Tod von Karlheinz Böhm „Jetzt ist er bei Sissi!“ Und wenn man sich eh fragt, wer neben diesen unglaublich reflektierten, coolen, hippen Leuten, die die Bild ja alle nur aus Spaßgründen lesen, das Blatt liest, so wissen wir jetzt: es ist eine Klientel, von der die Redaktion annimmt, sie sei hirnamputiert. Schließlich, und das weiß jedes Kind, ist Karlheinz Böhm zunächst mal im Kühlregal.

Entnervt zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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4 Kommentare

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  • Hier der besagte Artikel von Julia Werner:

    http://www.sueddeutsche.de/stil/stilkolumne-ladies-gentlemen-tiefpunkte-der-oberbekleidung-1.1981231

    Wenn man sich das Foto von Juli Zeh ansieht, hat sich Frau Werner mit ihrer Einschätzung ganz offensichtlich verrannt und die falsche Person für ihr Stil-Kritik ausgesucht.

  • Man kann nicht anders, man muss einfach auf die Kriegsreporterin hereinfallen. Warum? Weil sie die Kommentare zu ihrem Kommentar immer zwischen den Zeilen gleich mitschreibt. Man braucht sie nur dankbar aufnehmen.

    Also:

    Juli Zeh ist eine kluge Frau, aber "Kleider machen Leute" und "Leute machen Kleider" ist ja irgendwie auch richtig. Hhm!

     

    Willi Winkler hält Henri Nannen für einen Nationalsozialisten. Warum eigentlich? Weil er 1936 Stadionsprecher bei den Olympischen Spielen in Berlin war? Weil er an Leni Riefenstahls Olympiafilm mitgearbeitet hat? Wurde er nicht im gleichen Jahr wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt der Universität verwiesen? War er nicht danach in der SS-Standarte Kurt Eggers mit Propaganda gegen die Westalliierten in Italien betraut worden, obwohl es heute keinen Nachweis seiner SS-Mitgliedschaft mehr gibt? Waren es nicht die Erlebnisse in der Abteilung "Südstern" dieser Propagandakompanie, die sein Wirken und das Emblem des Magazin "Stern" später entscheidend geprägt haben? Ist es etwa seine Schuld, dass er in Hannover geboren wurde?

    Umsonst ins Kino klingt richtig gut. Argumente gibt's auch genug. Ham wa alles schon bezahlt mit der Haushaltsabgabe. Aber ist es denn dann noch umsonst und warum bezahlen wir die Haushaltsabgabe überhaupt, wenn im Fernsehn ständig Kinofilme wiederholt werden, die wir schon im Kino oder sonstwo bezahlt haben?

    Gut auch, dass bei der taz alle Bild lesen.(Kommt wahrscheinlich umsonst ins Haus!?) Da kann ich mir das Geld und das Lesen sparen und weiß trotzdem, was drin stand. Karlheinz Böhm ist gestorben und allein die Bild stellt hier die naheliegende und entscheidende Frage, wo er denn jetzt ist. Der investigative Auftrag der Bild-Redakteure geht nunmal über den Tod hinaus. Ja fein! Ja wo isser denn? Bei der Sissi, oder bei der Romy? Schnüff, Schnüff, Schnüff!

  • Mit Küppersbusch das Beste in der TAZ.

    Danke.

    PS: "Biografie" rechts unterm Bild aktualisieren.

  • Ob Sissi oder Kühlregal,

    das ist dem Karlheinz ganz egal.