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Kolumne Die FrauenfußballversteherLauter gute Onkel

Kolumne
von Judith Pape

Basler, Netzer, Magath - plötzlich haben alle zum Frauenfußball einen Rat oder einen Kommentar abzugeben. Aber wer will das hören?

G eht es wirklich nicht ohne sie? Jeden Tag melden sich derzeit altgediente Spieler- und Trainergrößen mit Tipps zur Frauen-WM zu Wort. Fußballer wie Mario Basler oder Günter Netzer, deren aktive Zeiten noch im anderen Jahrhundert liegen, beglücken das Publikum mit täglichen Kolumnen.

Und schier unerschöpflich scheint der Quell an wertvollen Ratschlägen oder Kritik, den diese Herren oder ihresgleichen zu verlautbaren haben. Erstaunlich, mit welcher Gier diese Äußerungen aufgesogen und in den Vordergrund gerückt werden: Jeder dahingesagte Satz ist eine Nachricht wert.

Da fühlt sich ein Felix Magath angesichts der momentanen Situation von Birgit Prinz an die WM 1986 erinnert. In einem Interview mit der Bild am Sonntag rät er der deutschen Spielführerin: "Damals hat es mir gutgetan, mal rausgelassen zu werden." Dies wird Birgit Prinz bestimmt trösten.

Weniger einfühlsam geht Netzer vor. Nach seinem Abschied als ARD-Kommentator im vergangenen Jahr betätigt er sich bei der Bild am Sonntag zur Frauen-WM als Kolumnist. Gewohnt kritisch nimmt sich der Weltmeister von 1974 das Verhalten von Prinz nach ihrer Auswechslung im zweiten WM-Spiel gegen Nigeria vor und gibt seine Philosophie einer Fußballergröße zum Besten.

Die Autorin

JUDITH PAPE ist Redakteurin im WM-Team der taz.

"Zu einer Weltklassespielerin gehört auch, Größe in Niederlagen - auch in persönlichen - zu zeigen. Und mit ihrer Leistung hat sie keinen Anspruch gehabt, länger in der Mannschaft zu bleiben", schreibt Netzer, der in seiner Zeit bei Borussia Mönchengladbach auch mal gerne Trainerentscheidungen ignorierte und sich kurzerhand selbst einwechselte. Vielleicht wird dieser eigenverantwortliche Aktionismus ja sein nächster Erfolgstipp an Lira Bajmaraj.

Den besten Rat aber hat Mario Basler in der Bild parat: "Mädels, lasst den Rasen heil", lautet der fulminante Einstieg in seine Kolumne, die treffend mit "Baslers Macho-Ecke" betitelt ist. Wirklich ehrlich wird er erst später: "Fußball ist nichts für Frauen." 1998 hat Basler das letzte Mal das Nationaltrikot ausgezogen. Dabei hätte er es belassen sollen.

Die Fußballerinnen zeigen sich von der ganzen Fachsimpelei und den Gute-Onkel-Ratschlägen bislang unbeeindruckt. Bajmaraj brachte die wohl treffendste und einzig richtige Reaktion. Auf die Kritik ihres ehemaligen Trainers Bernd Schröder von der Turbine Potsdam, sie habe zu viele Termine im Vorfeld der WM absolviert, konterte sie: "Der hat wahrscheinlich die Tage nichts zu tun."

Bei Schröder mag es um anderes gehen, aber für den Rest von euch, werte Herren, gilt: Fällt es euch so schwer, beim Fußball mal nicht im Zentrum zu stehen? Die Spielerinnen sind bis jetzt sehr gut ohne euch ausgekommen. Dabei dürft ihr es belassen.

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2 Kommentare

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  • M
    M.Meinlschmidt

    Ein wunderbar erfrischender Artikel.

    Alte Säcke sitzen in Talkrunden und wissen immer alles besser.Unerträglich!!!!!!

     

    Weiter so!

  • P
    paulo

    diese angesprochenen heinis sind wirklich klugscheißer. wer aber je männerfußball gesehen hat, weiß, dass da genauso klugscheißerische ratschläe gegeben werden. dass man von der seite jetzt mit den frauen genauso grob umgeht, wie man es seit jahrzehnten mit männern macht, zeigt eher dass die diskriminierung mehr und mehr wegfällt.