piwik no script img

Kolumne Der entscheidende UnterschiedWas bleibt: Das Pathos

Wie die Fifa verzweifelt versucht, sich als Global Player im Kosmos des Gutmenschentums zu profilieren.

N un, da sich das Teilnehmerfeld gelichtet hatte, gab es Platz für die Fifa und ihre hehren Botschaften für eine schönere und bessere Welt. Die Spielführerinnen der Halbfinalisten hatte der Fußball-Weltverband zu kurzen Ansprachen vor dem Anpfiff angehalten, in denen sich diese gegen jegliche Form von Diskriminierung aussprachen.

Was das für gesellschaftspolitische Anliegen bringt? Es lässt sich nicht so recht einschätzen, um es freundlich zu formulieren. Sicher ist nur: Die Fifa kann sich so als Global Player in der Sphäre des Gutmenschentums profilieren. Das ist in diesen Zeiten, da der Verband aufgrund seiner Korruptionsskandale jegliches Ansehen verspielt hat, umso wichtiger.

Und man muss einräumen, Misereor oder Brot für die Welt könnten sich kaum altruistischer inszenieren. Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz stellte die Fifa klar, dass sie mehr zu bieten hat als nur Antidiskriminierungsappelle. Kampagnen, Symposien und eine Fülle von sozialen Programmen nämlich. Der Fußball, so wurde in einer Mixtur aus Demut und Schmalz eingestanden, werde die Welt nicht verbessern können, sie aber für Einzelne lebenswerter machen.

Bild: privat

JOHANNES KOPP ist Reporter im WM-Team der taz.

Der soziale Ertrag der vorgestellten Projekten wie „Kick Fair“ und der „Football for Hope Movement“ mag groß sein, unerträglich ist aber die pathetische Selbstbeweihräucherung der Fifa bei der Darstellung ihrer eigenen guten Taten. Steffi Biester, die Direktorin von „Kick Fair“, etwa erklärte in aller Ausführlichkeit, wie viele Mädchen beim Fußball Fähigkeiten erlernen würden, die für das weitere Leben von großer Bedeutung seien. Der Teamgedanke etwa, die Leistungen anderer anzuerkennen, Frustrationen auszuhalten.

Das ist ja alles schön und gut. Sind das aber nicht Kompetenzen, die sich auch beim Eierlauf erwerben lassen? Die große Bedeutung des Fußballs wird allzu gerne nachträglich noch mit sozialer Sinnhaftigkeit aufgeladen. Zuweilen wird dabei sehr viel Schaumschlägerei betrieben. Das hat auch diese WM gezeigt.

Diskriminierungen mag die Fifa grundsätzlich fürchterlich finden. Warum aber einzelne Mitarbeiter trotz vieler Schulungen dies immer noch nicht begriffen haben, das konnte Fifa-Sprecherin Ségolène Valentin nicht so recht erklären. Aber man habe sich ja bereits entschuldigt, dass das Plakat „Fußball ist alles – auch lesbisch“ vor einem WM-Spiel einkassiert wurde. Mit gesellschaftlich etwas komplexer zu vermittelnden Botschaften hat auch die Fifa ihre Schwierigkeiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!