Kolumne B-Note: Zu kleinlich? Zu peinlich!
Der Ton fällt aus, die Moderatorin auch. Die Kommentatoren reden Unsinn. Das ZDF versenkt vor der Insel Usedom die letzten Reste seiner Fußballkompetenz.
E s gibt viele Außenkulissen, die sich für eine EM-Berichterstattung anbieten würden. Ein gut besuchtes Public Viewing, ein volles Vereinsheim oder ein anderer Ort, der ansatzweise etwas mit Fußball zu tun hat. Der Kreativsender ZDF entschied sich jedoch für eine künstliche Meeresplattform, wenige Meter vor dem Strand der Insel Usedom.
Eines der Highlights an der Ostsee: wenn die Kamera das jubelnde Publikum zeigt – also fünf frierenden Senioren mit Fähnchen auf dem Liegestuhl. Aufgepäppelt hat dieses Konzept am Sonntag ein ZDF-Techniker in Mainz: Der Ton passte auf einmal nicht mehr zum Bild. Und das über zwei Stunden lang nicht. So brabbelten die Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein und der Ex-Fußballprofi Olli Kahn zeitversetzt am Ostseestrand. „Wenn jemand unseren Tontechniker sieht, er soll sich in Usedom melden“, twitterte der Social-Media-Witzbold des ZDF.
Als ob das nicht verstörend genug war für die öffentlich-rechtlichen Zuschauer, versuchte ein anderer Witzbold des ZDF, Spielkommentator Wolf-Dieter Poschmann, am Montag weitere Verwirrung zu stiften: „Blochin schaut jetzt, ob seine Mannschaft das Unentschieden halten kann.“ Aktueller Spielstand zu diesem Zeitpunkt: 2:1. Ups. Ein einmaliger Versprecher?
ist Hospitantin des EM-taz-Teams.
So ging das den ganzen Abend: „Der 34-jährige Schewtschenko …“ Dabei wird der Ukrainer bald 36. Auch im Spiel England gegen Frankreich brachte Thomas Wark ähnliche Verwechslungen. So stellte er den Franzosen Hugo Lloris ins englische Tor und verabschiedete das Publikum zur Halbzeit mit einem 0:0. Aber hier stand es eigentlich 1:1. Zu kleinlich? Zu peinlich!
Zurück in den Dünen im Außenstudio, analysiert der omnipräsente Oliver Kahn die Spiele des Tages. Moderatorin Müller-Hohenstein ist leider nicht mehr als Beiwerk in dieser Sonnenuntergangsszenerie und liest ihre Fragen an Kahn gekonnt vom Monitor ab. Aber Schwamm drüber! Immerhin muss die einstige Hörfunkjournalistin auch einiges einstecken während der Berichterstattung.
Sie harrt tapfer bis in die späten Abendstunden in ihrem neonpinken Sommerjäckchen in der Kälte aus. Das leere Strandstudio mit miesem Deutschlandwetter – eine Zumutung, nicht nur für die Moderatorin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!