Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Fahr mit ans Meer!
Usedom, bürgerlich, gediegen, ganz die Tradition des ehemaligen Kaiserbades. Inzwischen gibt es auch Industriedesign mit maritimem Einschlag.
A m schönsten ist die Ostsee im Herbst und Winter. Wenn Himmel und Meer in einheitlichem grau ineinander übergehen, die Möwen trotz alledem erstaunlich munter weiter fischen, unschöne Plattenbauten im Nebel geheimnisvolle Silhouetten werfen und viele Ramsch- und Nippesläden zumindest vor und nach Weihnachten geschlossen bleiben. Beispielsweise auf Usedom mit seinen Kaiserbädern. Hier haben die Grundstückspreise fast schon Sylter Niveau, die AfD beispiellose Wahlerfolge und der Sommer trotzdem Touristenrekorde.
Doch jetzt im Winter sind die Strände fast leer, auch wenn urplötzlich ein Nackter trotz steifer Brise und Minustemperaturen über den Strand läuft und sich mutig in die zahme Gischt wirft. Winterbaden hat hier Tradition. Hartgesottene schwören darauf und gehen jeden Morgen in die Ostsee. Andere nach dem Saunagang in irgendeinem der angesagten Wellness-Hotels direkt am Strand. Wellness ist das Zauberwort, der Sehnsuchtsort um Gäste für die Wintersaison am Meer zu erwärmen.
Beispielsweise im Strandhotel Ostseeblick in Heringsdorf. Eine Wellnessoase. Bürgerlich, gediegen, anspruchsvoll, ganz in der Tradition des ehemaligen Kaiserbades. Nach der Wende aufwändig restauriert mit Gourmetrestaurant, Wein- und Wodkaverkostung. Wie damals, als Kaiser Wilhelm II. zum Tee bei Frau Konsulin Staudt weilte, sich in Heringsdorf die Großbourgeoisie mit prächtigen Bauten gegenseitig übertraf und sich der Geldadel zum Nachmittagstee am Kamin traf.
Sybille Wehrmann, die Geschäftsführerin, managt nun neben dem gediegen-bürgerlichen Ostseeblick auch das gegenüberliegende Hotel Heimathafen. Ein innovatives Boutiquehotel in zweiter Strandreihe. Modernes Industriedesign mit maritimen Einschlag. 30 Zimmer wie Kojen und Kabinen eines Schiffes gestaltet mit Möbeln aus Stahl und Holz, knalligen Sesseln im Retrolook und Bullaugen in den Badtüren. Die Zimmer klein, aber fein. Das Hotel ein Novum im traditonsreichen, klassischen Heringsdorf.
Und natürlich gehören Heimat und Regionalität , Individualität und Nachhaltigkeit zum Konzept. „Der Anker für alle Morgen-hungrigen heißt Boje06 und bietet mit Sandornnektar, Räucherfisch und Heringssalat Unverwechselbares von der Insel, zudem Alternativen für Veganer und Vegetarier und selbstverständlich Fair-Trade Kaffe“. Eben alles was das Großstadt-Herz so begehrt.
Hier erwartet man eine junge, sportliche, dynamische, unkomplizierte, städtische Klientel. Der Heimathafen ist trendig wie die neuste Frühstücksbar in Friedrichshain, geschmackvoll, stylisch. Ein ungewöhnliches Budgethotel: Ostsee-Feeling im neuem Design und mit attraktiven Übernachtungspreisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei