Kolumbiens Friedensabkommen in Gefahr: Rückschlag für Kolumbien
Iván Márquez verhandelte für die Guerilla das Friedensabkommen mit Kolumbiens Regierung. Jetzt ruft er wieder zum bewaffneten Kampf auf.
Márquez beruft sich darin auf das universelle Recht aller Völker, sich mit Waffen gegen Unterdrückung aufzulehnen. Die Regierung verhindere das Morden an Bürgerrechtlern und ehemaligen Farc-Kämpfern nicht und erfülle auch nicht ihren Teil des Friedensabkommens, sagt er zur Begründung.
Márquez war die Nummer zwei der Guerilla und ihr Anführer bei den Friedensverhandlungen mit der Regierung in Havanna. Vor mehr als einem Jahr hatte er seinen Senatssitz aufgegeben und war untergetaucht.
„Solange der Wille zum Kampf da ist, gibt es Hoffnung zu siegen“, sagt Márquez. „Wir verkünden der Welt, dass das zweite Marquetalia begonnen hat.“ Marquetalia heißt der Ort, an dem vor über 50 Jahren die Farc-Guerilla ihren Ursprung hatte.
Annäherung an die ELN, die andere Guerilla
Die Guerilla werde künftig auf Entführungen verzichten – das war eine der Haupteinnahmequellen der Farc. Sie würden jedoch gegen Korruption vorgehen, gegen die Straffreiheit und die multinationalen Firmen, die den Staat ausbluten lassen. Márquez kündigte an, die Allianz mit der ELN-Guerilla zu suchen. Wenige Stunden später reagierte „Uriel“ von der West-Kriegsfront der ELN mit einem Video positiv auf das Angebot.
In dem Video ist Márquez zusammen mit den ebenfalls untergetauchten Seuxis Paucias Hernández alias Jesús Santrich, Hernán Darío Velásquez alias El Paisa und Henry Castellanos Garzón alias Romaña zu sehen. Alle ehemaligen Anführer hatten sich damit ihrer Verpflichtung entzogen, vor dem Sondergericht für den Frieden zur Wahrheitsfindung und Wiedergutmachung auszusagen. Auf alle waren Kopfgeld und Haftbefehle ausgesetzt worden.
Um sie herum stehen etwa 16 bewaffnete Frauen und Männer in Uniformen in Oliv oder Flecktarn. Alle zeigen ihr Gesicht. Nach Angaben von Márquez wurde das Video in der Nähe des Flusses Inírida in der Amazonasregion im Süden des Landes aufgenommen, in der Nähe der Grenze zu Venezuela und Brasilien. Die kolumbianische Regierung hatte Márquez und Santrich in Venezuela vermutet.
Die beiden hatten schon durch ihr Untertauchen die Parteiführung der Farc gegen sich aufgebracht. Die Farc-Partei hat sich immer wieder zum Friedensprozess bekannt und von den beiden Abtrünnigen distanziert. Am Donnerstagmorgen meldete sich Parteichef Rodrigo Londoño mit einer Flut an Kurznachrichten auf Twitter – alles Bekenntnisse zum Frieden. „Trotz der Hindernisse und Schwierigkeiten sind wir überzeugt, dass der Weg des Friedens der richtige ist“, schrieb er. Präsident Iván Duque hat sich bisher noch nicht geäußert.
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