Kohlestrom: Vattenfall schiebt CO2-Speicherung an
Der Energierkonzern Vattenfall bereitet sich auf das Genehmigungsverfahren für das CCS-Kohlekraftwerk in Jänschwalde vor. Umweltverbände kritisieren Details des Projekts.
Der Bau eines Pilotkraftwerks in der Lausitz mit der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid ist einen Schritt näher gerückt. Unter der Leitung des Brandenburgischen Landesumweltamtes (LUA) traf sich der Energiekonzern Vattenfall mit Umweltverbänden und betroffenen Gemeinden.
"Ein Vorbereitungstermin", erklärt der Leiter der Sitzung, Norbert Krüger. Er ist bei der Genehmigungsverfahrensstelle Süd des LUA zuständig für die verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung. Mit der Prüfung wird die Behörde zu einem späteren Zeitpunkt ermitteln, welche Auswirkungen das Kraftwerk voraussichtlich auf die Umwelt hat.
Eigentlich sollte schon im vergangenen Sommer eine gesetzliche Grundlage für die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid gelegt werden. Dank der damals bevorstehenden Bundestagswahl und Bürgerprotesten wurde das Gesetz zunächst vertagt.
Vattenfall hat jedoch Interesse an einem schnellen Verfahren: ohne Gesetz kein Demonstrationskraftwerk und ohne Kraftwerk keine EU-Fördergelder.
Umweltschützer fordern dagegen ein gut durchdachtes Gesetz, denn die Auswirkungen der neuen Technologie sind unbekannt. Die Bundesregierung solle dem Druck des Konzerns nicht nachgeben, fordert der Vorsitzende der Brandenburger Grünen-Fraktion, Axel Vogel. "Brandenburg darf nicht zum CO2-Klo der Nation werden."
Vattenfall plant in Jänschwalde ein Pilotprojekt, bei dem das klimaschädliche CO2 eines Kohlekraftwerks nicht einfach in die Luft abgegeben, sondern abgeschieden und unterirdisch gelagert werden soll. Carbon Capture and Storage heißt die Technologie, kurz CCS. Energiekonzerne sehen dabei eine bessere Klimaverträglichkeit als bei derzeitigen Kohlekraftwerken. Klimaschützer befürchten, dass die Energiekonzerne die Kohleenergie damit noch deutlich länger nutzen wollen und ihr mit CCS nur einen ökologischen Anstrich verleihen. Außerdem zweifeln sie daran, dass einmal eingelagertes Gas vollständig und dauerhaft unter der Erdoberfläche bleibt.
2015 soll das CCS-Kraftwerk in Jänschwalde nach Angaben von Vattenfall in Betrieb gehen. Wie realistisch das ist, dazu will sich LUA-Mitarbeiter Krüger nicht äußern. Neben Antragstellung und Umweltverträglichkeitsprüfung sieht er noch eine weitere Hürde: die fehlende gesetzliche Grundlage (siehe Kasten). "Solange das Gesetz nicht kommt, kann Vattenfall nicht nachweisen, dass die Speicherung sicher ist, weil es dafür noch keine Regeln gibt", erklärt Krüger.
Mit dem Vorbereitungstermin zur Genehmigung hat Vattenfall gegenüber den Beteiligten auch erstmals genauere Planungen über das Projekt offengelegt. "Das ist die erste detaillierte Anlagenbeschreibung von Vattenfall, vorher gab es nur Gerüchte", sagt René Schuster von der Grünen Liga Brandenburg. Seiner Ansicht nach verraten die Unterlagen unter anderem, dass Vattenfall der neuen Technologie doch nicht so ganz vertraut. Denn die Planungen sehen unter anderem vor, dass der jetzt genutzte Dampfkessel, mit dem das CO2 in die Luft gestoßen wird, nicht abgerissen, sondern "konserviert" werden soll.
"Man hätte so die Möglichkeit, den Block auch ohne CCS zu fahren", erklärt Vattenfall-Sprecherin Katharina Bloemer die geplante Konservierung. Das sei wichtig, um gegebenenfalls die "Versorgungssicherheit" gewährleisten zu können, aber es sei "nicht einmal ein Plan B". Der alte Kessel solle nur genutzt werden, wenn an den neuen CCS-Kesseln beispielsweise Wartungsarbeiten nötig seien. Schließlich handele es sich noch um ein Demonstrationskraftwerk. Schuster vermutet etwas anderes: "Das kann nur bedeuten, dass Vattenfall sich die Möglichkeit offenhalten will, sämtliche klimapolitischen Versprechen zu brechen", indem das Kraftwerk auch weiterhin zumindest zeitweise ohne CCS betrieben werde.
Ein weiterer Kritikpunkt der Umweltschützer: der steigende Wasserverbrauch. Laut den Papieren von Vattenfall soll der Rohwasserverbauch um 2,3 Millionen Kubikmeter jährlich steigen, damit würden dann pro Jahr 65 Millionen Kubikmeter Wasser entnommen. Es handele sich dabei um Grundwasser aus den Tagebauen Jänschwalde Nord und Cottbus. "CCS erfordert ein paar zusätzliche Anlagenteile", erklärt Bloemer.
Damit steige insgesamt der Kühlwasserbedarf. Umweltschützer Schuster rechnet vor, dass dadurch für jede abgeschiedene Tonne CO2 knapp 1 Kubikmeter Wasser zusätzlich verbraucht werde. "Das ist fatal für den Wasserhaushalt der Region." Zumal der überwiegende Teil des genutzten Wassers nicht wieder eingeleitet werde, sondern bei der Energieproduktion verloren gehe.
Vattenfall sprach nach dem Treffen mit den Beteiligten von einem "sachlichen und konstruktiven Dialog". Das Unternehmen kündigte an, den Genehmigungsantrag für das CCS-Kraftwerk im ersten Halbjahr 2011 vorlegen zu wollen.
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