Kohlekraftwerke zum Verkauf?: Alter Stinker günstig abzugeben
Der Energieversorger SWB denkt offenbar darüber nach, Bremens alte Kohlekraftwerke zu verkaufen. Ein Ausstieg aus der Kohlekraft könnte damit in weite Ferne rücken.
![Schlote und Kräne am Rand eines Flusses Schlote und Kräne am Rand eines Flusses](https://taz.de/picture/2750153/14/KraftwerkBremenHafen.jpeg)
Dennoch hatte der SWB-Vorstandsvorsitzende Torsten Köhne den Verkauf der Meiler an der Weser angedeutet: Angesichts der Strompreise werde man die Anlagen nicht dauerhaft betreiben können. Insbesondere im Block 6, dem Kraftwerk Bremen-Hafen in Gröpelingen, sei die Situation „wegen der Abhängigkeit vom Strommarkt schwierig“, weil in Deutschland alte abgeschriebene Anlagen angesichts ihrer Produktionsmengen bessere Marktchancen hätten, etwa ältere Braunkohlekraftwerke.
Für einen Drittel der CO2-Emissionen in Bremen sind drei Kohlekraftwerke verantwortlich: Die drei alten Meiler, zwei davon betreibt die SWB und ein weiteres in Bremen-Farge des internationale Energieversorgers Engie, laufen auf Volllast und sind ein Hauptgrund für das Verfehlen der bremischen Klima-Ziele, wie Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) im taz-Interview einräumte. Durch einen etwaigen Verkauf wären längere Laufzeiten noch wahrscheinlicher.
Die Linke kritisierte das Vorhaben von SWB. Nelson Janßen, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft, sagt: „Der Senat muss gegen diese Verkaufsabsichten einschreiten.“ Es dürfe keinen unbefristeten Weiterbetrieb der Kohlemeiler geben. Vorbild könnte aus Sicht der Linken dabei die Volksinitiative „Tschüss Kohle“ in Hamburg sein, die per Volksentscheid bewirken will, dass nur noch saubere Energie ins Fernwärmenetz eingespeist werden darf.
In Bremen müsse man ähnliche Regelungen diskutieren, findet Janßen. Eine gesetzliche Regelung, die das Einspeisen von Kohlestrom verbietet, wäre eine mögliche Abkürzung zum Kohleausstieg. „Wenn ein solches Gesetz öffentlich diskutiert würde, will ich den Investor sehen, der hier ein Kohlekraftwerk kauft“, sagt Janßen.
Joachim Lohse, Umweltsenator
Ob dieses Konzept tatsächlich auf Bremen übertragbar wäre, ist allerdings unklar, denn in Hamburg soll das Fernwärmenetz nach einem weiteren Volksentscheid 2013 rekommunalisiert werden, könnte also bald der Stadt gehören, was andere Wirkmöglichkeiten nach sich zieht. Darüber hinaus geht es in Hamburg auch um eine neue Fernwärmeleitung, die der Energiekonzen Vattenfall bauen will.
Umweltsenator Lohse hat sich jedenfalls schon deutlich gegen den Weiterbetrieb der alten Meiler positioniert: „Die Kohlekraftwerke müssen so schnell wie möglich abgeschaltet werden“, sagt er. Jedes Jahr, in dem der Betrieb dieser Kraftwerke andauere, sei ein schlechtes Jahr für das Klima. „Ein Verkauf der Kraftwerke wäre die schlechteste Option“, findet Lohse.
Allein – eine richtige Handhabe gegen den Verkauf durch den Privatkonzern hat der Senat nicht. Die Netze seien „für alle Zeit“ privatisiert, aber selbstverständlich müsse das Kartellamt einen Verkauf prüfen und natürlich sei der Umweltsenator im Gespräch mit SWB, wie der Pressesprecher der Behörde für Umwelt, Bau und Verkehr, Jens Tittmann, sagt: „Die SWB zu verteufeln, wäre falsch.“ Man arbeite gut mit der SWB zusammen und setze weiter auf Gespräche. Eine Verteuerung von CO2-Zertifikaten, für die man sich beim Bund einsetze, seien da schon eher ein geeigneter Hebel, um den Kohleausstieg zeitnah zu erreichen.
Die SWB jedenfalls hält angesichts der Marktbedingungen 2030 für ein realistisches Ziel für den Kohleausstieg. Fragt sich nur, was das für ein Ausstieg sein soll, wenn die SWB ihre Kohlekraftwerke an Meistbietende verkauft und die Meiler für andere Eigentümer die Stadt vollstinken dürfen.
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