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Kohleausstieg und Hambacher ForstDem Wald droht ein Inseldasein

Der Plan zum Kohleausstieg sieht den Erhalt des Hambacher Forsts vor. Nun rudert der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet aber zurück.

Der Hambacher Forst grenzt schon jetzt an den Tagebau. Bald könnte er umzingelt sein Foto: dpa

Köln taz | Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wird den NRW-Landtag am Donnerstag über die Einigung von Bund und Ländern über den Kohleausstieg informieren. Das teilte die Staatskanzlei am Sonntag mit. Nach den Plänen soll zum Beispiel der Hambacher Forst dauerhaft erhalten bleiben, aber das neu gebaute Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ans Netz gehen. Dafür werden ältere Kraftwerke mit höherem CO2-Ausstoß abgeschaltet.

Allerdings: Sicher ist der Erhalt des Hambacher Forsts nicht. Am Donnerstag bekannt gewordene Pläne von RWE sehen vor, zwei weitere Dörfer, die hinter dem Wald liegen, abzureißen und wegzubaggern. So würde RWE den Hambacher Forst im Lauf der kommenden Jahre nahezu komplett mit Tagebau umgeben, der Wald würde eine Insel. RWE teilt mit, man brauche nicht die Kohle unter den Dörfern, sondern die Erde.

In der Vergangenheit hatte RWE betont, man wahre einen „angemessenen Abstand“ von dem Wald. Nun teilt Vorstandsvorsitzender Rolf Martin Schmitz mit: RWE müsse die Dörfer Morschenich und Manheim abbaggern, um mit der Erde, auf der sie stehen, das Hambacher Tagebauloch zu stabilisieren. Der Konzern brauche diese Erde, weil er so dicht und steil an den Wald herangebaggert habe, dass dieser ohne Stabilisierung in das Loch rutschen könnte.

Von Tagebau umgeben zu sein ist ungesund für einen Wald: In einer Studie aus dem Sommer 2019 warnen For­sche­r*in­nen der Hochschule Eberswalde und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), der Wald werde durch den Tagebau ausgetrocknet. Der Zustand des Hambacher Forstes habe sich „ekla­tant“ verschlechtert: Wolle man ihn erhalten, sei „dringend ein Maßnahmenbündel umzusetzen, welches die Kühlung der Landschaft um ihn herum erreicht“.

Schlechtere Wasserversorgung?

Auf die Frage, ob NRW-Ministerpräsident Laschet seine Aussage über den „Erhalt“ des Waldes angesichts der nun bekannt gewordenen Pläne von RWE korrigieren wolle, sagt ein Sprecher: Der Wald werde „nicht für den Tagebau in Anspruch genommen“. Der Rest sei Sache von RWE. Aus dem Konzern hieß es: Der Plan, den Wald mit Tagebau zu umgeben, sei noch nicht von den Behörden genehmigt. Nach erfolgter Genehmigung werde der Tagebau von allen Seiten „nach wie vor angemessenen Abstand zum Wald halten“ und ihn nicht gefährden.

Die Besetzer des Hambacher Forsts ließen noch offen, ob sie vor Ort bleiben, der Wald sei noch nicht gerettet. Sollte RWE tatsächlich eine Halbinsel aus ihm machen, werde sich die Wasserversorgung verschlechtern. Außerdem gehe es bei ihrem Protest nicht nur um den Wald. „Der Kampf im Hambacher Forst ist ein Symbol im Kampf gegen den Klimawandel, deswegen fordern wir den sofortigen Kohleausstieg“, hieß es in einer Mitteilung von Freitagabend.

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13 Kommentare

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  • Das klingt mir sehr nach einem "Die blöden Umweltschützer können uns mal, dann graben wir eben drumrum und lassen den Wald langsam sterben. Dagegen können sie nichts machen, denn wir haben ja ihren Wald erhalten."

    Machtspielchen der grossen Player, gestützt von Laschet.

    • @Mitch Miller:

      Na dann legen sie uns doch mal dar, wie es anders und besser gehen würde.



      Da bin ich mal gespannt ...

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @Mitch Miller:

      Genau und weiter unten argumentieren deren fleißige Unterstützer...

      • @75064 (Profil gelöscht):

        "Hoppla!" sprach das Känguru "Eine Variante die Böschungen zu stabilisieren gibt es doch:



        Errichtet an den Böschungen des Tagebau Hambach doch einfach eine zentrale Müll-Deponie für NRW und stabilisiert sie damit."

        Samkasmus aus !!!

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    Ich suche verzweifelt seit 4 Tagen den ölogischen Mehrwert und den ökonomischen Nutzen der Erhaltung des Hambacher Forstes!

    Wäre es nicht ökonomisch sinnvoller und ökologisch wertvoller gewesen, den Tagebau Hambach planmäßig weiter zu betreiben, dafür den Tagebau Garzweiler zu verkleinern und bei einem Weiterbetrieb des Tagebau Habach anfallende Erde teilwese zur Verfüllung und Rekutivierung des Tagebau Inden zu verwenden?

  • Was ich nicht verstehe:



    wo ist denn die ganze Erde hingekommen, die das RWE damals um den Hambacher Forst weggebaggert hat?

    Warum kann man die nicht einfach wieder zurückschütten?

    • @Sonntagssegler:

      die erde, bzw. das gestein ist ja noch da und wird auch wieder verbaut. was fehlt ist die kohle. deshalb bleibt auch immer ein restloch übrig bei tagebauen. eigentlich logisch

    • @Sonntagssegler:

      Das ist die Sophienhöhe, die muß man dann abholzen.

  • Das ist eben die Folge dessen, wenn jahrtehnte lange Planungen zur Erhaltung eines Symbols von huete auf morgen geändert werden wüssen.



    RWE hat von vornherein gesagt, daß bei einer vorzeitigen Stillegung zu Böschungs-Stabilisierung am Tagebau Hambach rund 1 Million Kubikmeter Erde benötigt werden. Wer sich nicht vorstellen kann, wie 1 Mollion Kubikmeter Erde aussieht, möge mal an den Rochlitzer Berg bei Chmnitz fahren - das ist ungefähr eine Million Kubikmeter Volumen.



    WO soll diese Erde denn herkommen?



    Man kann eben nicht alles haben ...

  • Die Tiere des Waldes sind längst alle weg. Entweder geflohen vor dem Bagger, oder vor den Aktivisten. Ist so. Fakt.

  • "Der Konzern brauche diese Erde, weil er so dicht und steil an den Wald herangebaggert habe, dass dieser ohne Stabilisierung in das Loch rutschen könnte."

    Komisch... haben nicht genau davor die Umweltschützer gewarnt und hat die Kohlelobby nicht genau das in Abrede gestellt?

    • @danny schneider:

      So reden nur Leute, die keine Ahnung von Bergbautechnik und Bergbau-Geschichte haben:

      Der Tagebau Hambach wird seit 1978 betrieben.



      de.wikipedia.org/wiki/Tagebau_Hambach



      Die bergbautechnischen Planungen waren allesamt darauf ausgelegt, daß der hambacher Forst gerodet und überbaggert wird. Das diese jetzt kurzfristig geändert werden mußten, um die Probstei (alter Name des verbliebene Reststücks) erhalten bleibt, kann man RWE nicht zu Vorwurf machen.



      Und die Erde zur Böschungsstabilisierung muß schließlich irgendwo her kommen.



      Die Tagebaulöcher im Rheinland sind auch ein bißchen tiefer als in Mitteldeutschland oder der Lausitz - aber nur so um das 10-fache.

      Insofern hätte es den Verfassern des Beitrages gut gestanden, ein klares, realistisches Bild der Lage zu zeichnen, statt dies mit zweideuting verklausulierte Halbwahrheiten zu verzerren oder zu entstellen.



       

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