Körperwelten-Ausstellung in Berlin: Bezirk will über Leichen gehen
Mitte kämpft weiter juristisch gegen die umstrittene Ausstellung mit plastinierten Toten. Die Schau am Fernsehturm soll Mitte Februar eröffnen.
Knapp zwei Wochen vor der geplanten Eröffnung des „Menschen Museum“ im Fernsehturm am Alexanderplatz hofft der Bezirk Mitte, die Dauerausstellung des Leichenplastinator Gunther von Hagens doch noch verhindern zu können. Man habe am 23. Januar Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt und hoffe nun auf eine zügige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, erklärte Bezirksbürgermeister Christian Hanke am Donnerstag.
Um zu verhindern, dass das Museum vor einer Entscheidung der Richter eröffnet, habe man eine Unterlassungsverfügung beantragt inklusive Zwangsgeld von 10.000 Euro für jeden Tag, den die Leichen gezeigt werden, sagte der SPD-Politiker. Dagegen haben die Initiatoren des Museums Widerspruch eingelegt. „Wenn wir auch in dieser Sache unterliegen, steht einer – zumindest vorläufigen – Eröffnung der Ausstellung nichts entgegen“, gab Hanke zu.
Im Dezember hatte das Verwaltungsgericht geurteilt, dass der Bezirk die Ausstellung nicht mit Verweis auf das Bestattungsgesetz verbieten könne. Der Bezirk hält die Begründung des Gerichts „nicht für überzeugend“, so Hanke. Das Gericht hatte erklärt, das Bestattungsgesetz aus den 70er Jahren habe das Verfahren der Plastination noch nicht gekannt, daher würden plastinierte Leichen damit gar nicht erfasst. Außerdem seien solche Körper nicht bestattungsfähig, da sie nicht verwesen.
Die selben Argumente
„Wir bleiben bei unserer Argumentation, dass es sich bei plastinierten Leichen um Leichen handelt“, sagte Hanke. Und das Bestattungsgesetz beschreibe sehr genau, unter welchen Voraussetzungen Leichen ausgestellt werden dürfen. Die „Körperwelten“ fielen nicht darunter, da sie weder wissenschaftlich noch der gesundheitspolitischen Aufklärung dienlich seien.
Die Initiatoren des Museums gehen unterdessen davon aus, dass schon in den kommenden Tagen über ihren Widerspruch entschieden wird und sie wie geplant am 18. Februar eröffnen können. „Es befremdet mich, dass der Bezirksbürgermeister das Urteil des Verwaltungsgerichts ignoriert und seine Untersagungsverfügung damit begründet, er halte an seiner gegenteiligen Rechtsauffassung fest“, sagte Gunther von Hagens. Die Ausstellungsmacher argumentieren, es hätten bereits mehrere Gerichte festgestellt, dass die Präsentation plastinierter Körper nicht genehmigungspflichtig sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten