Körperstrafe gegen iranischen Sänger: 74 Peitschenhiebe für einen Protestsong
Mehdi Yarrahi unterstützte mit einem Lied die Proteste im Iran gegen das Zwangskopftuch. Das Regime bestrafte ihn – wie so viele Künstlerinnen und Künstler.
Yarrahi, im iranischen Ahvaz geborener Sänger, veröffentlichte im August 2023 das Lied „Roosarito“ („Nimm dein Kopftuch ab“) – als Unterstützung für die vielen mutigen Frauen im Iran, die im Zuge der „Frau, Freiheit, Leben“-Proteste ihr Kopftuch abnahmen. Kurz darauf wurde er festgenommen und zu über zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Nach einem Jahr in Haft wurde er im Dezember vergangenen Jahres wieder entlassen, nachdem er eine hohe Kaution hinterlegte. Den Rest der Haftstrafe saß er mit einer Fußfessel im Hausarrest ab.
Doch ein Teil seiner Strafe für den Protestsong stand noch aus: 74 Peitschenhiebe. Die wurden am 5. März vollstreckt, nach Angaben von Iran International in einem Gebäude der Staatsanwaltschaft für moralische Sicherheit in der Hauptstadt Teheran. Mit der Auspeitschung sei der Fall nun abgeschlossen, teilte seine Anwältin Zahra Minooei laut Iran International mit. Die in den USA lebende Oppositionelle Masih Alinejad kommentierte die Gewalt gegen Yarrahi auf X: „Für jeden Peitschenschlag werden mehr Frauen ihr Kopftuch ablegen“.
Es war nicht Yarrahis erster Zusammenstoß mit der Islamischen Republik: So sang er gegen den Irak-Iran-Krieg, solidarisierte sich mit Arbeitern, und erinnerte an Sahar Khodayari – eine Fußballnärrin, die ein Spiel im Stadion besuchte, dafür verhaftet werden sollte und sich aus Protest selbst verbrannte. Das US-Magazin The Economist porträtierte ihn als „ein Pop-Star, der das Regime herausfordert“.
Yarrahi ist kein Einzelfall: Die Islamische Republik Iran geht anhaltend gegen kritische Künstlerinnen und Künstler vor. So wurde etwa Ende Februar der Musiker Khosrow Azarbeyg festgenommen. Er hatte mit einer großen Daf-Trommel in der Teheraner Metro den patriotischen Song „Ey Iran“ gespielt – aus Protest gegen die Unterstützung Irans für das gestürzte Regime von Baschar al-Assad in Syrien, und der Schiiten-Miliz Hisbollah im Libanon. Nach einigen Stunden, so berichtet Iran International, sei er zwar wieder freigelassen worden – doch die Behörden haben ein Verfahren gegen ihn eingeleitet.
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