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Koalition in SachsenAuftakt zum Tauziehen

In Sachsen haben CDU und SPD ein Minderheiten-Koalitionspapier erarbeitet, das den anderen Parteien ein paar Köder hinwirft. Reicht das?

Die Koalitionäre von SPD und CDU bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags Foto: Robert Michael/dpa

Anders als gewohnt lag über der Vorstellung des Ergebnisses zweiwöchiger Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD keine Spannung. Am Mittwochnachmittag konnte man im Foyer des Sächsischen Landtages vor allem auf das Mienenspiel gespannt sein. Das hellte sich nach 20 Minuten erst nach einem bemühten Scherz etwas auf.

Wenn man nach dem Ausstieg des BSW aus den Dreierverhandlungen keine andere Wahl hat als die Bildung einer Minderheitsregierung, muss man diese Konstellation als Chance loben. Schließlich kennt man sich seit 2004 aus sächsischen Regierungsbündnissen, unterbrochen nur durch Schwarz-Gelb 2009-2014. Von einer „ausgestreckten Hand an die anderen vier Landtagsfraktionen und die Bürger“ sprach Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „In schwierigen Zeiten trotzdem Verantwortung übernehmen“, gab SPD-Landeschef Henning Homann als Parole aus.

Es gab zuvor Stimmen in beiden Parteien, die den Sinn eines Koalitionsvertrages überhaupt infrage stellten. Was soll's, wenn die Durchsetzung gemeinsam erklärter Absichten von Fall zu Fall an Stimmen aus der Opposition hängt? Zehn Stimmen fehlen Schwarz-Rot zu einer Mehrheit im Landtag.

Die einzelnen Vorhaben werden von nun an weniger auf ihre inhaltliche Substanz als auf die Zustimmungsfähigkeit durch die anderen Parteien abgeklopft werden. Das beitragsfreie Vorschuljahr in der Kita war schon einmal da, wurde von der FDP abgeschafft und soll jetzt wiederkommen. 140 Millionen Euro soll es kosten in einem Krisenhaushalt von 23 Milliarden Euro, der nach derzeitigem Stand mit 4 Milliarden unterfinanziert ist. Diese dunklen Wolken stehen über allen Vorhaben.

Erpressungen wie in Thüringen?

Gegen ein Vorschuljahr dürften Linke und Grüne kaum etwas haben, noch weniger gegen den von ihnen stets geforderten fünftägigen Bildungsurlaub. Davon sollen noch drei Tage „Qualifizierungszeit für Ehrenamt und Beruf“ bleiben. Auf starken Protest der gar nicht im Landtag vertretenen FDP stößt der Plan, die Zuführungen an den Generationenfonds für die Altersvorsorge von Beamten um 250 Millionen jährlich zu senken. Eine eigene sächsische Grenzpolizei soll gebildet werden. Die SPD will die Auswirkungen von Zuschusskürzungen auf die soziale Infrastruktur und die Kultur mildern.

Das will das BSW auch, und macht dies und konsequentere Abschiebungen ganz im Sinne Sahra Wagenknechts zur Bedingung für bevorstehende Abstimmungsgespräche. Ein Vorgeschmack auf die nach Thüringer Beispiel seit 2020 bekannten gegenseitigen Erpressungsversuche von Rot-Rot-Grün und CDU. Die voraussichtliche Ministerpräsidentenwahl am 18. Dezember dürfte zur Nagelprobe werden.

Bislang ist der amtierende Ministerpräsident Kretschmer noch nicht auf Missionsreise durch die anderen vier Fraktionen gegangen, um Stimmen für seine Wahl und die Vorhaben der Minderheitskoalition zu werben. Wann will er damit beginnen? „Eines nach dem anderen“, antwortet er. Mitte der Woche sollen sich die Parteigremien nochmals mit dem ausgehandelten Vertrag befassen, dann habe er den Rücken frei. Dann bleibt aber nur noch eine Woche bis zur Ministerpräsidentenwahl.

Kretschmer wies auf tägliche informelle Gespräche im Landtag hin, was in SPD-Kreisen bestätigt wird. Er will Vertrauen in Bürger und Abgeordnete setzen, im Interesse des Landes zu handeln.

Der „prälegislative Konsultationsmechanismus“ analog dem in Thüringen greift zur Ministerpräsidentenwahl noch nicht. Eine Erfindung, die präventiv künftige Gesetzesvorhaben in allen Fraktionen sondiert, um sie nach deren Änderungswünschen zustimmungsfähiger zu machen. Ein Einfallstor für AfD und BSW. Jedenfalls sind Begriffe wie Brandmauer und Unvereinbarkeitsbeschluss nur noch Schlagworte aus der Vergangenheit.

BSW will mehr

Den Statements der Koalitionäre lauschte am Rande auch die BSW-Landes- und Fraktionsvorsitzende Sabine Zimmermann. Sie zeigte sich generell unzufrieden mit dem 110-Seiten-Papier. „Da muss er uns mehr anbieten“, griff sie kommenden Unterredungen vor. An erster Stelle steht für Zimmermann die Eindämmung irregulärer Migration. Auch an Sozial- und Kulturausgaben dürfe nicht gespart werden.

Wie Parteigründerin Sahra Wagenknecht plädiert sie statt einer Minderheits- für eine Expertenregierung. Eine Beamtenregierung gab es nicht nur in Sachsen gegen Ende der Weimarer Republik schon einmal. In dem fraktionslosen Landtagssolisten Matthias Berger von den Freien Wählern, bislang Oberbürgermeister von Grimma, hat sie darin einen Verbündeten.

Um die mehrheitssichernden 15 Stimmen des BSW wird Michael Kretschmer zuerst werben. Über den bisherigen grünen Koalitionspartner, ja sogar zur Linken fielen erstaunlich moderate Sätze. Die AfD erwähnte er nicht. Die Nationalblauen hatten bereits angekündigt, Kretschmer auf keinen Fall wählen zu wollen.

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