Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
@LORENTZ SCHRÖTER:
"die Opfer ärgern sich". Recht so! Wenn ich schon mein Fahrrad nicht zurückbekomme, dann soll wenigstens ein Leben zerstört werden!
Nein, Herr Schröter.
Gerechtigkeit ist eben nicht Rache. Oder sollte es nicht sein.
Sonst könnten wir auch wieder Hände abhacken für Diebstahl. Wär' Ihnen so etwas eher genehm?
Fahrraddiebstahl, Körperverletzung, Ladendiebstahl, da werden die Verfahren in der Regel eingestellt und die Opfer ärgern sich. Bis jemand mal wirklich verurteilt wird muss schon einiges passieren. Für viele Täter wäre eine frühe Verurteilung ein Weckruf, dass nun ernst ist. Und nicht erst nach dem 900sten Fahrraddiebstahl, aber nur zweimal erwischt.
@lorenz schröter "Bis jemand mal wirklich verurteilt wird muss schon einiges passieren."
Zum Beispiel eine Geldstrafe nicht bezahlen können. "Derzeit (Stand 2018) kann also von einer Anzahl von ca. 50.000 vollstreckten EFS pro Jahr ausgegangen werden. Im Jahr 2015 gab es 94.000 Erstaufnahmen in deutschen Haftanstalten – inbegriffen sind hier die EFS.[11] Dies würde bedeuten, dass es sich bei der Hälfte der angetretenen Freiheitsstrafen in Deutschland um nicht bezahlte Geldstrafen handelt." [1]
[1] de.wikipedia.org/w...tsstrafe#Statistik
[2] www.dbh-online.de/...ahl-von-gefangenen
[3] www.forensik.de/fi...e_JuMiKo_final.pdf
@lorenz schröter Was muss denn da noch passieren ?
Siehe Cum-Ex,
Siehe Dieselskandal,
Siehe MwST-Karusselle
Siehe Dioxinverseuchung
Aber für "Schwarzfahren" fährt man ein ...
Da hat der Volksmund schon Recht: "Die Kleinen henkt man ..."
Bei der Friedensdemo im Berliner Tiergarten ist BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht die Umjubelte – ganz im Gegensatz zu SPD-Mann Ralf Stegner.
Knast bei Bagatellstraftaten unsinnig: Stoß in die Armut
Gefängnisse widersprechen ihren eigenen Zielen, die Häftlinge auf ein verantwortungsvolles soziales Leben vorzubereiten.
Was draußen passiert, kann man im Knast nur erahnen: Untersuchungshäftlinge in Hamburg Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Die Entscheidung des für Niedersachsen zuständigen Sozialgerichts dürfte eigentlich nicht überraschen. Die Richter*innen haben entschieden, dass die Miete eines Gefangenen während seiner siebenmonatigen Haft vom Sozialamt übernommen werden muss.
Das Gesetz, das den Strafvollzug regelt, ist deutlich: „Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken“, steht in Paragraph drei, und weiter: „Der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.“ Die Wohnung zu verlieren, weil das Amt nach sechs Monaten aufhört zu zahlen, läuft dem zuwider.
Trotzdem war es offenbar nötig, dass ein Gefangener vor Gericht zieht, weil die ganze Institution Gefängnis eben nicht daran ausgerichtet ist, was laut dem Gesetzestext ihr Ziel ist: Die Gefangenen zu befähigen, „künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“. Der Zwang zum Arbeiten unter dem Mindestlohn, das Wissen, dass die Post mitgelesen wird oder dass die Verwaltung darüber entscheidet, welche Bücher jemand lesen darf, sind nicht nur entwürdigend, sondern tragen bestimmt auch nicht zur Übernahme von Verantwortung bei.
Es gibt bessere Konzepte als Freiheitsentzug
Der Fall macht aber auch deutlich, wie unsinnig kurze Haftstrafen sind. Wer wegen wiederholten Schwarzfahrens oder dem Handel mit kleinen Mengen Betäubungsmitteln in den Knast muss, hat hinterher sicher mehr Probleme als früher, etwa den Verlust enger Beziehungen, des Jobs oder der Wohnung. Das ist weder gerecht noch produktiv für die Gesellschaft. Die Insass*innen der Vollzugsanstalten sind zu Freiheitsentzug verurteilt, nicht zu mehr. Sekundäre Bestrafungen, wie ein Stoß in die Wohnungslosigkeit oder in ein Leben in Armut darf es nicht geben.
Kurze Haftstrafen, die auf leichte Delikte zurückgehen, gehören sofort abgeschafft. Im zweiten Schritt wäre die ganze Institution Gefängnis durch ein gerechteres Konzept zu ersetzen. Ansätze der „Transformative“ oder „Restorative Justice“, bei der die direkt Beteiligten einer Tat zu einer Suche nach Lösungen und Wiedergutmachung zusammen kommen, gibt es. Bis die Gesellschaft bereit dazu ist, sollten wir zumindest die Menschenwürde wahren.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Katharina Schipkowski
Redakteurin | taz Nord
Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.
Themen
mehr von
Katharina Schipkowski