Klüngel beim 1. FC Köln: Zwangstaufe im Entmüdungsbecken

Kölns Sportchef Volker Finke verabschiedet sich aus dem Kreis der seriösen Fußballmacher. Denn er hat dazu beigetragen, dass Retter Frank Schäfer wie ein Depp dasteht.

Von Volker Finke offensichtlich weggemobbt: Ex-Trainer Frank Schäfer. Bild: dpa

BERLIN taz | Der hat sich aber schnell eingelebt in Köln. Der Redakteur reibt sich verwundert die Augen, als er nach seinem Urlaub erfährt, was in den letzten drei Wochen beim 1. FC Köln so alles passiert ist. Das hätte er dem Volker Finke nicht zugetraut.

Er muss einen Schnellkurs absolviert haben: vom anerkannten und seriösen Taktikprediger zum Hauptdarsteller in einer Kölner Klüngelkomödie, zu der neben den absurdesten Absurditäten immer auch ein veritables Opfer gehört. Das wäre in diesem Fall Frank Schäfer, der nicht mehr Trainer sein wollte, weshalb nun Sportdirektor Volker Finke die Kölner als Coach vor dem Abstieg bewahren soll.

Bis vor nicht allzu langer Zeit war Schäfer noch ein Held. Zu sieben Heimsiegen hintereinander hat er das Team trainiert und so erst ermöglicht, dass der FC am vorletzten Spieltag überhaupt noch die Möglichkeit hat, um den Klassenerhalt zu spielen. Jetzt steht Schäfer da wie der letzte Depp.

Und wie man hört, hat Volker Finke selbst nicht wenig dazu beigetragen, dass ein Teil der deutschen Fußballgemeinde zumindest zeitweise über einen vermeintlichen christlichen Sektierer den Kopf geschüttelt hat, von dem es hieß, er habe seinen Glauben und den Profifußball nicht unter einen Hut bringen können. In einer Art Beichtstuhlverfahren hat Volker Finke versucht, Journalisten davon zu überzeugen, dass ein Baptist am Spielfeldrand der Bundesliga eine Fehlbesetzung ist.

Finke rief bei Journalisten an, als wollte er sie bearbeiten

Persönlich hat Finke bei Reportern und Redakteuren angerufen, so als wollte er sie bearbeiten. Davon sollte eigentlich keiner erfahren. Karl-Heinz Wagner, ein erfahrener FC-Berichterstatter vom Kölner Stadtanzeiger hat das öffentlich gemacht und eine Strategie der Trainerdemontage hinter Finkes Call-in-Aktion ausgemacht.

Es mag ja sein, dass Finke den zurückgetretenen Schäfer fachlich nicht für geeignet hält. Aber kann er ihn nicht auf anständige Weise entsorgen? Der hat mit seinen Anspielungen auf die Erwachsenentaufe bei den Baptisten beinahe den Eindruck erweckt, Frank Schäfer habe seine Spieler im Entmüdungsbecken zwangstaufen lassen wollen.

Muss jetzt auch der Katholik Podolski Angst haben?

Nein, es ist wirklich ein merkwürdiges Bild, das Volker Finke in diesen Tagen abgibt. Muss jetzt der Katholik Lukas Podolski Angst haben, als Weihrauchkiffer ins Abseits gestellt zu werden, wenn er mal nicht gut spielt?

Volker Finke hat es geschafft, nahtlos an den Wahnsinn anzuknüpfen, den die in Köln beinahe immer größenwahnsinnigen Vereins- und Mannschaftslenker (Meier, Daum u. v. a. m.) etabliert haben. Am Samstag, wenn nach dem Spiel in Frankfurt feststeht, ob Köln auch noch am letzten Spieltag um den Klassenerhalt wird spielen müssen, wird er sich im "Aktuellen Sportstudio" zu Frank Schäfer äußern. Es ist für Finke eine Chance, zurückzukehren in den Kreis der seriösen Fußballmacher. Ob er sie nutzen wird?

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